Die Hure Babylon
ausstellten.
Ritter und Barone warteten in einer langen Schlange darauf, zum Prinzen vorgelassen zu werden. Andere standen in Grüppchen herum und redeten in gedämpftem Ton über den kommenden Einsatz. Arnaut verstand, dass die Sarazenen eine Burg namens Inab südlich von Antiochia und am Ostufer des Orontes belagerten. Deshalb versuchte man, kurzfristig ein Entsatzheer zusammenzustellen, um die Einnahme dieser wichtigen Festung und weiteres Vordringen der Sarazenen zu verhindern.
Arnaut beobachtete den Prinzen. Der saß aufrecht auf seinem thronartigen Stuhl und machte trotz der Bedrohung durch den Feind einen ruhigen und entspannten Eindruck. Ein schlanker, aber kräftiger Mann von hohem Wuchs. Er sah ausnehmend gut aus, jedoch auf eine sehr männliche, vertrauenerweckende Weise, die jedem, der mit ihm in Berührung kam, nicht nur Respekt, sondern auch Zuneigung einflößte. Er hatte für alle ein freundliches Wort, scherzte mit denen, die ihm vertraut waren, sprach sich hier und da mit seinen Anführern ab, verteilte Verantwortlichkeiten und Aufgaben, diktierte kurze Anweisungen und wandte sich mit einem Lächeln dem Nächsten zu.
Als Arnaut endlich vor ihm stand und seinen Namen nannte, stutzte der Prinz einen Augenblick lang und legte den Kopf zur Seite. Dann schien er sich zu erinnern.
»Montalban? Aus Narbona, wenn ich mich nicht irre? Wart Ihr nicht bei den Tolosanern? Meine gute Nichte Alienor hat mir von Euch erzählt, ihrem Retter bei der Schlacht am Mäander. Sie war voll des Lobes.«
Arnaut war erfreut, dass ein Mann wie dieser Fürst sich an so etwas erinnern konnte. »Ich habe Bertran de Sant Gille gedient, dem Sohn des Grafen von Tolosa.«
»Ah«, sagte Raimon de Poitier, und das Lächeln erstarb auf seinem Gesicht. »Eine schlimme Geschichte.« Arnaut war nicht sicher, ob er den Mord an Alfons meinte oder die Eroberung von Arima. »Dann seid Ihr es wohl auch gewesen«, fuhr der Prinz mit einem Augenzwinkern fort, »der zusammen mit dem jungen Bertran die Grafschaft Tripolis unsicher gemacht hat. Das hat hier für einige Belustigung gesorgt.«
»Leider haben die Türken die Burg, in der wir lagen, eingenommen und Bertran und seine Schwester entführt. Ich war durch Zufall nicht zugegen.«
»Mir ist gestern etwas in der Art berichtet worden. Es tut mir außerordentlich leid.«
»Ich hatte auf Eure Unterstützung gehofft,
Mossenher,
um ein Lösegeld für die beiden zu erwirken. Das heißt, wenn sie noch leben.«
Prinz Raimon nickte. »Ich will mich gerne dafür einsetzen. Zunächst aber müssen wir Nur ad-Din vertreiben. Um alle Kräfte des Fürstentums zu sammeln, würden noch ein paar Wochen vergehen. Aber so lange können wir nicht warten. Eile ist geboten. Wir brauchen deshalb jeden verfügbaren Mann. Ich darf doch hoffentlich auf Euch zählen, Montalban?«
»Natürlich«, erwiderte Arnaut. Er war wenig begeistert, erneut in den Krieg zu ziehen, aber das Wohlwollen des Prinzen war unerlässlich, wenn er Bertran helfen wollte.
»Ausgezeichnet. Ich gebe Euch eine Staffel von zwei Dutzend Reitern. Mehr habe ich im Augenblick nicht zur Verfügung. Ihr dient unter Robert de Francavila hier.« Er stellte kurz den stämmigen Normannen an seiner Rechten vor. »Er ist ein guter Hauptmann, Ihr werdet sehen.« Er wandte sich an seinen
secretarius
und wiederholte die Anweisung. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf Arnaut. »Holt Euch am Nachmittag den Einsatzbefehl bei meinem Schreiber hier ab. Und morgen früh bei erstem Licht brechen wir auf.«
»Da ist noch etwas,
Dominus.
Ich hatte zuvor das Vergnügen, mit einer jungen Türkin zu reden, Ayla mit Namen. Ist sie noch hier?«
»Sie ist ausgelöst worden. Schon seit einer Weile.« Der Prinz schenkte ihm noch ein freundliches Kopfnicken, dann war Arnaut entlassen.
Als später Arnauts Befehl ausgefertigt war, der ihn jenem Robert de Francavila aus Tarent unterstellte, überprüfte der
secretarius
das Schriftstück noch einmal, bevor er es wie üblich mit dem Siegel des Prinzen versehen würde. Doch dabei erinnerte er sich, den Namen dieses Ritters schon einmal gesehen zu haben, aber wo nur?
Der
secretarius
war ein gewissenhafter Mensch. Daher dachte er nach, bis es ihm schließlich einfiel. Er öffnete ein Fach in seinem Schreibpult und entnahm einen Brief, der dort unter einigen anderen aufbewahrt lag, deren Empfänger tot oder noch nicht ermittelt worden waren. Richtig. Dieser war vor Monaten eingetroffen, wie er selbst darauf
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