Die Hure Babylon
damit umher, die linke Hand auf dem Knauf gestützt. Als er sich umdrehte, strahlte er übers ganze Gesicht und sah aus, als hätte das Schwert zu seiner Größe noch eine Handbreit hinzugefügt.
»Wie kann ich dir nur danken, Oheim?«
»Indem du gut darauf achtgibst.«
»Das will ich. Bei Gott, das will ich.«
Hamid räusperte sich. »Ich habe da auch etwas für dich.«
Er erhob sich und holte eine lange Lederhülle herbei, die er vor Arnaut auf den Tisch legte, dazu einen Köcher Pfeile.
»Doch nicht deinen Bogen, Hamid.«
»Was soll er mir jetzt noch nützen, Junge?«
Arnaut hatte mit diesem Prachtstück das Schießen gelernt, ein türkischer Reiterbogen von gewaltiger Durchschlagskraft aus verleimtem Holz, Horn und Sehnen, mit dem man unglaubliche achthundert Schritt weit schießen konnte. Dies war immer Hamids Lieblingswaffe gewesen.
»Ich habe ihn zerlegt, Teile ersetzt und neu verleimt. Ist jetzt stärker denn je.«
»Ich bin sprachlos«, sagte Arnaut und umarmte Hamid.
»Da ist noch etwas für dich.« Raol langte hinter seinen Stuhl, um zwei schwere Satteltaschen auf den Tisch zu heben.
Arnaut warf ihm einen misstrauischen Blick zu. »Ist heute ein besonderer Tag, oder womit habe ich das alles verdient?«
Raol grinste verhalten. »Heute ist ein sehr guter Tag dafür, denn du bist jetzt dreiundzwanzig Jahre alt, und es war Jaufrés letzter Wunsch, dir eine Vorauszahlung auf dein Erbe zu gewähren. Schließlich wirst du uns bald wieder verlassen, und da soll es dir an nichts fehlen in der Welt.« Er hantierte umständlich an den Laschen der Packtaschen, um sie zu öffnen.
Als Arnaut hineinschaute, fand er sie mit Lederbeuteln gefüllt, wie man sie für Münzen verwendet. Seine Augen weiteten sich, als er einen davon öffnete. Randvoll mit byzantinischen
solidi
und maurischen
maravedi.
»Gold?«
»Alles Gold«, grinste Raol.
»Aber das ist ein Vermögen. Wo hast du das her? So viel wirft unser Tal doch nicht ab.«
»Und doch nur ein Teil unseres Familienschatzes.«
Arnaut musste sich setzen. Ihm schwindelte. »Nur ein Teil? Aber …«
»Mein Vater ist damals mit einigen Reichtümern aus Outremer heimgekehrt.«
»Aber das hat er doch in Land und Anteilen an Mühlen, Rinderherden und Handwerksbetrieben angelegt.«
»Da hast du recht. Wie soll ich es erklären?« Raol machte ein verlegenes Gesicht. »Da ist diese alte Geschichte … nichts Unehrenhaftes, das kann ich dir versichern. Eine alte Erbschaft, wenn du willst, von deinem Urgroßvater.«
»Dem alten Montalban?«
»So ähnlich. Nur, wir haben Jaufré geschworen, nichts zu verraten. Erst, wenn du eines Tages
castelan
wirst.«
»Wer ist wir?«
»Nun, ich und Hamid natürlich. Und dann
Fraire
Aimar. Ihm hat mein Vater alles erzählt, falls uns etwas zustoßen sollte.«
»Warum diese Geheimniskrämerei?«
Raols Gesichtsausdruck war plötzlich hart geworden. »Nimm das Geld und stell keine Fragen.«
Arnaut kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass weiteres Nachbohren sinnlos war. »Ich danke dir, aber ich brauche kein Gold.«
»Jaufré wollte es so. Ein Mann soll sich nicht von einer Frau aushalten lassen, hat er gesagt.«
Arnaut fühlte, wie ihm die Zornesröte ins Gesicht stieg. »So denkt ihr also!«, rief er. »Was Ermengarda mir zukommen lässt, habe ich mir redlich verdient.«
Raol trat näher und legte ihm versöhnlich den Arm um die Schulter. »Meine Worte waren nicht bös gemeint. Aber das Gold ist unser, und mein Vater und ich dachten, es sei an der Zeit, dass du daraus Nutzen ziehst, was auch immer du damit anfangen willst. Wir von Rocafort sind nicht irgendwer. Das sollst du wissen und niemals vergessen.«
Arnaut bezwang seinen Unmut. Schließlich war es ein fürstliches Geschenk und mit Freuden gegeben. »Nun gut. Du siehst mich wirklich überwältigt. Ich danke dir von Herzen.«
»Noch eine Bitte«, fügte Raol hinzu. »Wir sind seit jeher Lehnsleute von Tolosa gewesen, obwohl alle unsere Nachbarn mit Narbona verbündet sind und so den Katalanen nahestehen. Sprich mit Ermengarda, ob sie gewillt ist, unsere Huldigung anzunehmen.«
Das war ein alter Streit zwischen Raol und seinem Vater gewesen, der fest an seinem Bündnis mit den Grafen von Tolosa festgehalten hatte.
»Willst du Graf Alfons die Treue aufkündigen?«
»Nicht unbedingt. Aber es ist besser, sich in beide Richtungen zu versichern. Ich habe das schon lange im Sinn, wie du weißt.«
Arnaut nickte. »Ich rede mit ihr.« Dann erinnerte er sich an den
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