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Die Hure Babylon

Die Hure Babylon

Titel: Die Hure Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Vizegräfin die Gefolgschaft der Kastellane und Landadeligen sichern, wenn sie dessen bedurfte.
    Raimon de Narbona entstammte einer reichen Familie, die ausgedehnte Ländereien besaß und weitverzweigte Handelsbeziehungen pflegte. Diesen scharfsinnigen, wenn auch etwas schüchternen jungen Mann hatte Ermengarda mit der Verwaltung ihres Fürstentums betraut. Seiner Weitsicht und seinem Geschäftssinn war es zu verdanken, dass Narbona als Handelsstadt immer mehr an Bedeutung gewann und Ermengardas Reichtum sich vermehrte. Eine kleine Kriegsflotte schützte jetzt Narbonas Handelsschiffe, eine neue Straße ins Landesinnere erweiterte beträchtlich die Zolleinnahmen, und überschüssige Gelder legte er gewinnbringend in den neuen Vierteln außerhalb der Mauern an, denn die Stadt erfreute sich eines vermehrten Zulaufs aus ländlichen Gebieten.
    In einem Punkt jedoch widersprach ihm Ermengarda und ließ sich nicht umstimmen. Niemals mehr sollte sich Narbona als schwach erweisen. Kein machthungriger Nachbar, wie damals Alfons de Tolosa, sollte seine begehrlichen Blicke auf Narbona richten und glauben, er könne die vermeintliche Schwäche eines Weibes ungestraft für seine Zwecke nutzen. Da sie sich nicht allein auf die militärischen Pflichten ihrer Vasallen verlassen wollte, war eine kleine und doch schlagkräftige Söldnertruppe entstanden. Anführer dieser Hausmacht war Arnaut. Wenn er Gelder für Rüstungen und Mannschaften benötigte, musste Raimon klein beigeben und so manche einträgliche Unternehmung verschieben. In seiner Rolle als Kriegsherr kümmerte Arnaut sich auch um den Zustand der Stadtbefestigungen und war oft unterwegs, um die Burgen der Vizegrafschaft in Augenschein zu nehmen und die Kampfbereitschaft der Besatzungen zu überprüfen.
    Neben Severin, der sich um Ermengardas Sicherheit sorgte, war
Fraire
Aimar der fünfte im Bunde ihrer engsten Getreuen, ein überaus gelehrter Mönch, Mitte dreißig und somit älter und erfahrener als die anderen. Von
Senher
Jaufré gefördert, war er in Paris Schüler des berühmten Philosophen und Kirchengelehrten Abaelardus gewesen, hatte in Montpelher studiert und in Toledo Übersetzungen von Aristoteles’ Schriften aus dem Arabischen gelesen. Auf ihn vertraute Ermengarda im Umgang mit den Mächtigen. Er kannte viele Fürstenhöfe und war für sie bis Barcelona und Saragossa gereist, der neuen Hauptstadt des Königreichs Aragon, wo nun auch ihre Schwester Nina wohnte.
    »Sag mal, Aimar. Was höre ich von einem geheimen Schatz der Familie?«, fragte Arnaut ihn bei erster Gelegenheit. Sie waren unterwegs zum Kloster Fontfreda, wo Bruder Aimar die Bauarbeiten zu besichtigen gedachte.
    »Was für ein Familienschatz?«
    »Stell dich nicht dumm. Du weißt angeblich alles darüber.«
    »Ich weiß gar nichts.« Aimars sonst so freundliche Miene war plötzlich verschlossen.
    »Raol hat mir Satteltaschen voller Gold gegeben. Ich soll aber den Mund halten.«
    »Dann tu es auch und lass mich mit Fragen in Ruhe.«
    Sie ritten stumm nebeneinander her. Kurz bevor sie das Kloster erreichten, fing Arnaut noch einmal davon an und ließ nicht locker.
    »Es ist eine uralte Geschichte«, brummte Aimar schließlich mit einem gereizten Seufzer. »Jaufré hat ein großes Geheimnis darum gemacht, und ich habe ihm vor Jahren geschworen, nichts verlauten zu lassen. Ich frage mich, warum Raol es überhaupt erwähnen musste, denn es ist nichts von Bedeutung.«
    »Scheint sich um eine Menge Gold zu handeln.«
    »Raol übertreibt. Du weißt, Jaufrés Vater, der alte Montalban, hat in Spanien gegen die Mauren gekämpft. Da muss wohl einiges an Beute abgefallen sein. Und dein Großvater war auch nicht untätig. Nimm das Geld und sei zufrieden.«
    »Warum die Geheimnistuerei?«
    »Jede Familie hat Geheimnisse. Wer weiß, wie die Montalbans an ihr Gold gekommen sind? Es gab Dinge, die deinem Großvater unangenehm waren.«
    Arnaut lachte. »Hat er etwa Bastarde in die Welt gesetzt, von denen wir nichts wissen? Oder Kirchen geplündert?«
    »Nichts davon.« Aimar machte eine wegwerfende Geste. »Alte Geschichten, die keine Bedeutung haben.«
    »Und warum sagst du dann nichts?«
    »Weil ich einen Eid geschworen habe. Auf die Bibel. Und das ist mir wichtiger als Jaufrés lächerliches Geheimnis.«
    Arnaut merkte wohl, dass er nicht mehr aus Aimar herausbekommen würde, und schwieg. Irgendwann würden sie es ihm schon erzählen. Und Aimar hatte recht. Er sollte sich damit zufriedengeben, ein wohlhabender

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