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Die Hure Babylon

Die Hure Babylon

Titel: Die Hure Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Arnaut, nicht zum ersten Mal. Zumindest für ein
tornei.
    Plötzlich war da wieder die Stimme seines Vaters, als der ihn als Fünfjährigen trotz Todesangst gezwungen hatte, einem bissigen Hofhund das Halsband anzulegen.
Ein Ritter darf keine Angst haben,
hatte er gesagt und verächtlich über Arnauts Tränen gelacht. Nach Stunden ängstlichen Zögerns hatte Arnaut die Furcht überwunden, den Köter mit einem Fleischbrocken aus der Küche geködert und das Halsband übergestreift.
Ein Ritter darf keine Angst haben.
Sosehr er diese Worte damals gehasst hatte, aber in Augenblicken wie diesen erinnerten sie ihn an den Sieg über sich selbst und gaben ihm Mut.
    Mehr und mehr Schaulustige drängten sich um den Kampfplatz. Soldaten der Stadtmiliz und der Palastwache sorgten für Ordnung. Als Josselin de Puylaurens eintraf und man ihn und seinen Knappen durch die Einfriedung lassen musste, machten die Leute nur widerwillig Platz. Es gab Zischen und Buhrufe, viele ballten die Fäuste und bewarfen ihn mit unflätigen Ausdrücken.
    Arnaut hingegen, als
champio
der
vescomtessa,
genoss die begeisterte Unterstützung der Zuschauer, denn Narbona war stolz auf seine Fürstenfamilie, und niemand sollte sie ungestraft beleidigen. Dass es Arnaut war, der die Ehre der Stadt verteidigte, empfanden alle Anwesenden als selbstverständlich, war er doch der Sieger so mancher Turniere und Liebling der Menge. Eine junge Magd kam zu ihm gelaufen, um ihm unter Beifall ein Gewinde aus Frühlingsblumen aufzudrängen. Als Glücksbringer, wie sie schüchtern stammelte. Er dankte ihr mit ernster Miene und übergab Jori die Blumen zur Aufbewahrung.
    Da erschien die junge
vescomtessa
in Person. In Anbetracht ihres Zustands hatte sie auf ein Reittier verzichtet. Acht Männer trugen ihre Sänfte bis in die vorderste Reihe, wo man ihr ehrerbietig Platz machte. Insgeheim hatte Arnaut gehofft, sie würde dem Kampf fernbleiben. Aber wenn einer ihrer Ritter sich für die Ehre der Stadt schlug, durfte sie nicht fehlen, selbst wenn sie es gewollt hätte.
    Sie blieb in der Sänfte sitzen und beschränkte sich auf ein ernstes Kopfnicken. Aufrecht und steif saß sie da und konnte den Blick nicht von ihm wenden. Einsam kam sie ihm vor inmitten der aufgeregten Menschenmenge. Er konnte noch die Wärme ihres Leibes spüren und den letzten Kuss, bevor er ihr Bett verlassen hatte. Schließlich riss er sich von ihrem Anblick los.
    Josselin de Puylaurens ließ seine braune Stute ruhig um den Kampfplatz traben, um ihre Muskeln aufzuwärmen. Seine Miene war ernst, bisher hatte er noch kein Wort geäußert. Das Pferd war ein kräftiges Tier mit dunklem Schweif und ebensolcher Mähne. Der Mann saß tadellos im Sattel und schien sein Schlachtross mühelos und ohne sichtbares Zutun zu beherrschen. Er war ähnlich wie Arnaut mit einer Rüstung gepanzert, die schon jahrelangen Dienst getan haben musste. Er trug einen losen Umhang mit aufgenähtem Kreuz an der linken Schulter. Das Zeichen der Krieger Christi. Eine Geste des Trotzes?
    Ein Fersendruck und Amir fiel ebenfalls in einen leichten Trab, immer rund um den Kampfplatz, ein paar Längen hinter Puylaurens’ Stute.
    Als die Pferde heftiger zu atmen begannen, gaben die Kampfrichter das Zeichen, und Arnaut ritt zu Jori hinüber, um sich seinen Schild reichen zu lassen. Er hatte einen gewählt, der das Wappen Ermengardas trug, was die Menge mit freudigem Applaus zur Kenntnis nahm. Den Schildgurt hängte er sich um die Schultern. Dann nahm er die lange Lanze in Empfang und stellte sie auf den Steigbügel.
    Puylaurens auf der anderen Seite der Arena hatte seinen Umhang abgelegt und schien nun auch bereit zu sein. Sein Wappen waren drei Burgen auf rotem Grund, und der persische Helm auf seinem Kopf hatte kein Visier oder Nasenschutz, dafür eine eiserne Spitze auf der Krone. Langsam wurde es still, die letzten Wetten wurden noch schnell ausgerufen, da ließ Hugues de Bouillon sein Horn erklingen.
    Der Kampf war eröffnet.
    Zunächst geschah nichts. Die beiden Krieger belauerten sich und warteten, dass einer den Anfang machen würde. Puylaurens’ Stute schlug mit dem langen Schweif und tänzelte ein paar Schritte zur Seite. Arnaut merkte, wie Amirs Muskeln sich anspannten und leicht zitterten, aber er stand da, ohne sich zu regen, ließ nur ein gereiztes Schnauben hören. Seltsam, dass die Gäule immer spüren, wenn es ernst wird, dachte er.
    Mit einem Mal war die Stute in Bewegung. Wie von einem Katapult abgeschossen, stürmte,

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