Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hure Babylon

Die Hure Babylon

Titel: Die Hure Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
Vom Netzwerk:
knochenrüttelnden Hieben. Seinen eigenen Schild konnte Arnaut nicht erreichen. Der Gegner stand immer richtig, um dies zu vereiteln. Langsam stahl sich Furcht in Arnauts Herz. Hier war ein Mann, der ihm überlegen war und der sich nicht an ritterliche Regeln hielt.
    Auch den Zuschauern war Arnauts Bedrängnis nicht entgangen. Still war es geworden auf der Wiese am Fluss. Man hörte nur das Keuchen der Kämpfer, das Klirren der Schwerter und das Dröhnen von Josselins Schild, wenn dieser getroffen wurde.
    Das Gewicht von Panzerung und Waffen forderte seinen Zoll. Beiden Männern wurde das Atmen mühsamer. Schweiß klebte ihnen am ganzen Körper.
    Vielleicht waren es die fünfzehn oder zwanzig Jahre Altersunterschied, dass Josselin nun nicht mehr so blitzartig nachsetzte, sich mehr Zeit ließ, um Luft zu schöpfen, bevor er abermals angriff. Vielleicht war er sich auch zu sicher geworden und seine Aufmerksamkeit nicht mehr ganz so scharf. Oder es war Arnauts plötzliche und wütende Entschlossenheit, ihm Gleiches mit Gleichem zu vergelten.
    Jedenfalls traf es Josselin unvorbereitet, als Arnaut plötzlich vorsprang, ihn am Schildrand packte und mit einem Ruck zu sich zerrte, zu nah, um das Schwert zu gebrauchen. Arnaut sah die Überraschung in Josselins Augen, schlug mit dem Schwertknauf zu, einmal, zweimal, mitten ins Gesicht, stieß ihn dann wieder so heftig von sich, dass der Mann taumelnd auf ein Knie sank, aus Mund und Nase blutend.
    Sofort setzte Arnaut nach, um seinen Vorteil zu nutzen. Und bei einem geringeren Mann wäre es ihm gewiss gelungen, doch Josselin war schon wieder auf den Füßen. Wieselflink glitt er zurück, als wollte er flüchten. Arnaut hob das Schwert, drängte ungestüm nach und bemerkte zu spät das Bein, das sein Gegner ihm gestellt hatte. Er strauchelte, kam nur halb hoch, als ihn Josselins Stiefel traf und er zu Boden ging.
    Diesmal gelang es ihm nicht, sich dem Gegner zu entziehen. Wie eine Wildkatze war Josselin über ihm, presste das Knie auf seine Brust und nahm den Arm zurück, um ihm das Schwert in die Kehle zu stoßen.
    Ermengarda hatte sich während des Kampfes mit großer Willenskraft beherrscht, nicht mit dem Volk zu toben und zu brüllen. Mit auf dem Schoß geballten Fäusten, aber unbeweglicher Miene hatte sie das Hin und Her verfolgt. Doch als sie ihren Liebsten auf dem Rücken liegen und den Gegner zum Todesstoß ausholen sah, da entrang sich ihrer Kehle ein Schrei wie von einem todwunden Tier.
    Mit einem Satz versuchte sie, aus der Sänfte zu springen, doch die Füße verfingen sich in den Stoffbahnen ihres Gewandes. Sie verlor das Gleichgewicht, spürte, dass sie fallen würde, und konnte es doch nicht verhindern. Der Sturz war nicht tief, vielleicht nur einen Fuß, dennoch war der Aufprall auf Bauch und Gesicht so heftig, dass es ihr völlig den Atem lähmte. Ein stechender Schmerz durchzuckte ihren Leib, sie wollte schreien, aber es kam kein Laut.
    Für Arnaut, der von ihrem Sturz nichts wusste, schien die Welt stillzustehen. Hilflos lag er am Boden, sah nichts als diese Schwertspitze auf seine Kehle gerichtet und Josselins saphirblaue Augen, die ihn aus blutverschmiertem Gesicht voller Mordlust anfunkelten. Trotzig starrte er zurück. Stoß schon zu, Mann, mach ein Ende. Er hörte nicht die Schreie der Menge, spürte nur den feuchten Duft des Grases und der vom Kampf zerstampften Frühlingsblumen. Das war der Tod. Und diesen Geruch würde er mit sich nehmen.
    Doch da verschwand die Schwertspitze. Jemand hatte Josselin von ihm fortgerissen. Zwei Fäuste packten ihn rauh unter den Schultern und hoben ihn auf die Füße.
    »Verdammt. Das war knapp«, stieß Severin hervor. »Der verfluchte Templer stand daneben und hat sich nicht gerührt.«
    Felipe berührte ihn am Arm. »Geht es dir gut? Bist du verwundet?«
    Arnaut löste den Helmriemen und holte tief Luft. Sein Gesicht war schweißbedeckt. Er wusste nichts zu sagen, konnte noch keinen Gedanken fassen, außer, dass er den Kampf verloren hatte und seltsamerweise noch lebte. Statt Erleichterung empfand er tiefe Scham über diese Erniedrigung. Verstohlen blickte er zu Josselin hinüber, der Helm und Kettenhaube vom Kopf genommen hatte und selbstzufrieden grinste. Étienne de Bernay schlug ihm auf die Schulter. Im Hintergrund war ein Raunen und Gemurmel unter den Zuschauern zu hören, dessen Bedeutung ihm entging. Erst als er aufgeregte Stimmen und Hilferufe vernahm, blickte er sich um.
    Ein Menschenknäuel mühte sich um

Weitere Kostenlose Bücher