Die Hure Babylon
wollte er sich umdrehen, doch Ermengarda krallte ihre Finger in seinen Ärmel und zog ihn mit beschwörenden Blicken fort.
Diese Unterbrechung hatte der Wut beider Seiten die Spitze genommen. Schimpfworte flogen noch unter hasserfüllten Blicken von den einen zu den anderen, doch während Abt Imbert die Männer in der
aula
beschwor, die Ruhe zu bewahren, steckten sie schließlich zögerlich und unter Murren die Schwerter weg. Man trat auseinander und wusste nicht recht, wie die Sache ehrenhaft zu beenden sei. Dies nutzten die Gäste, um sich vorsichtig zurückzuziehen und den Palast zu verlassen. Man ließ sie gehen, doch alle Beteiligten wussten, der Vorfall würde nicht ohne Nachspiel bleiben.
Sobald man Ermengarda gebettet hatte und ihre Krämpfe sich ein wenig beruhigt hatten, flehte sie Arnaut an, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Doch im Stillen wusste sie nur zu gut, dass dies unmöglich geworden war. Man hatte sie und die ganze Stadt öffentlich beleidigt. Für die meisten ließ sich eine solche Schande nur mit Blut reinwaschen. Oh, wie sie ihre hastige Rede bereute.
Sie versuchte nicht einmal, Arnaut zu überreden, einen anderen für ihn kämpfen zu lassen. Das würde er sich nie gestatten. Es war eine Frage der Ehre. Wenigstens erreichte sie, dass er sich ein wenig beruhigte und es Severin und Felipe überließ, einen ordentlichen Zweikampf nach den üblichen Regeln zu vereinbaren, anstatt Puylaurens auf der Stelle anzugreifen.
Gleich im Morgengrauen sollte es ausgefochten werden. Zu Pferd mit Speer und Schild, zu Fuß mit dem Schwert, bis einer von beiden klar besiegt war. Der Unterlegene würde wie üblich Schlachtross, Rüstung und Waffen verlieren. Und um das Schlimmste zu vermeiden, nahm man den Streithähnen das Versprechen ab, nicht mutwillig den Tod des anderen zu suchen. Es genügte, den Gegner kampfunfähig zu machen, um der Ehre Genüge zu tun.
Jede Seite stellte zwei Kampfrichter, die darüber zu wachen hatten. Doch trotz dieser Vorsichtsmaßnahme war allen bewusst, dass die untadelige Einhaltung solcher Regeln am Ende nur vom guten Willen der Kämpfer selbst abhing, denn ein einziger unglücklicher Schwerthieb würde genügen, um einen von beiden zu töten oder zum Krüppel zu machen.
Später, in der Dunkelheit der Kammer lagen Arnaut und Ermengarda beieinander. Er war besorgt um ihren Zustand. Doch es ging ihr besser.
»Warum hast du das gesagt?«, fragte er.
»Der Teufel muss mich geritten haben.«
»Und warum bist du so zornig, dass sie Leute werben?«
Da fing sie an zu weinen. »Verstehst du denn nicht? Sie suchen keine Bauern und keine Handwerksburschen, sondern Männer wie dich. Für diesen verdammten Krieg. Wir waren glücklich miteinander, du und ich. Jetzt habe ich solche Angst, dass sie dich mir wegnehmen. Wir bekommen doch ein Kind.«
Er streichelte ihr die Wange.
»Was habe ich nur getan?«, stöhnte sie. »Du wirst dich doch nicht von ihm töten lassen? Versprich es mir.«
Unter ihrer Hand spürte sie sein Herz schlagen, aber er sagte nichts, hielt sie nur fest umschlungen.
Wie schnell das Leben einen doch aus der Bahn werfen kann, fuhr es ihr in einem Anfall von Panik durch den Kopf. Sie drängte sich an ihn und bedeckte sein Gesicht mit Küssen.
»Verzeih mir,
mon amor
«, flüsterte sie unter Tränen. »Verzeih mir, verzeih mir.«
Doch Arnaut hörte sie kaum. Seine Gedanken waren schon ganz auf den bevorstehenden Kampf gerichtet.
Der Zorn Gottes
K aum erhellte das erste zaghafte Grau den Himmelsrand, da trafen die Freunde sich bei Fackelschein im Hofe des Palastes. Severin und Felipe führten ihre Pferde aus dem Stall, um zum Lager der Templer hinüberzureiten und den Kampfplatz einzurichten.
Felipe de Menerba legte Arnaut den Arm um die Schultern. »Du wirst der Viper den Kopf zertreten, Bruder!« Er lachte zuversichtlich und tätschelte ihm rauh die Wange. »Ich freue mich schon darauf.«
Felipe hatte meist für alles einen Scherz auf den Lippen, obwohl seine unbekümmerte Art gelegentlich nur gespielt war. Nun umarmte ihn auch Severin. Dann saßen beide auf und ritten durchs Tor.
Jori half Arnaut, die Rüstung anzulegen. Gepanzerte Beinlinge und die sporenbewehrten Reiterstiefel. Dann das knielange, vorn und hinten geschlitzte
gambais,
ein dickes, aus hartem Rindsleder gestepptes Wams, mit Baumwolle ausgestopft. Darüber zogen sie den Kettenpanzer, den schon sein Großvater getragen hatte. Ein altes, schweres Stück, doppelt verlinkt, aber bei Arnauts
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