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Die Hure Babylon

Die Hure Babylon

Titel: Die Hure Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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sich in seine Seele.
    Er schüttelte stumm den Kopf. »Kein Scherz.«
    »Bist du verrückt geworden«, schrie sie plötzlich. »Hör auf damit!« Sie ließ ihn los und wandte sich ab, hielt sich die Hände über die Ohren. »Ich will das nicht hören. Ich will es nicht.«
    Dann war sie wieder bei ihm, rüttelte erneut an seinen Schultern, die Augen voller Tränen. »Das ist doch nicht wahr. Sag so etwas nicht.« Sie fasste ihn am Kinn, zwang ihn, ihr in die Augen zu sehen. »Arnaut, sag das nicht. Wir lieben uns doch.«
    »Es ist zum Besten für uns beide,
mon anjol.
«
    Als er sie seinen Engel nannte, zerbrach jede Selbstbeherrschung in ihr, so dass sie auf die Knie sank und mit verzerrtem Gesicht zu wimmern begann. Die Arme schlang sie in ihrer Verzweiflung um seine Knie, als wollte sie ihn nicht fortlassen.
    »Tu mir das nicht an«, schluchzte sie. »Davor habe ich mich gefürchtet, schon seit langem. Dabei habe ich so viel für unsere Liebe auf mich genommen. Weißt du das denn nicht? Meine Stellung. Die Leute. Das Gerede.«
    Ihr Anblick schnürte ihm die Kehle zu.
    »Ich weiß es«, sagte er halb erstickt. »Und am Ende wärst du beinahe gestorben, weil Gott uns strafen wollte. Und das, mein Herz, hätte ich niemals ertragen.«
    Sie blickte wieder zu ihm auf, das Gesicht ein Meer von Tränen. »Aber ich bin nicht gestorben, und ich nehme es jederzeit wieder auf mich. Mit Freuden. Denn ich will ein Kind, Arnaut. Von dir.«
    Er machte sich los. »Rede nicht mehr so. Du machst es nur noch schwerer.«
    ♦
    Drei Tage währte ihr Kampf.
    Ermengarda bat, weinte und flehte. Sie warf sich ihm zu Füßen, erniedrigte sich. Sie beschwor ihn, es sich zu überlegen, stritt mit ihm, wurde laut, verfluchte ihn gar, bis der ganze Palast vor ihrem Zorn erzitterte und Wachen und Gesinde mit betretenen Mienen durch die Korridore schlichen. Ermengarda war es gleich, wer mithörte. Sollten es doch alle wissen, dass dieser Mann sie mit Füßen trat. Dann wieder versuchte sie es mit Güte, Schmeichelei, bemühte sich, ihn unter Aufgebot all ihrer Reize zu verführen, wie einst Eva im Paradies. Doch gerade die Erinnerung an die Erbsünde festigte seine Standhaftigkeit. Gott hatte ihn gerufen. Er war tief davon überzeugt, nur so ihrer beider Seelenheil erhalten zu können. Und von einem Weib, sosehr er sie liebte, würde er sich nicht vom rechten Weg abbringen lassen.
    In ihrer Verzweiflung sandte sie nach
Paire
Imbert und Bruder Aimar, um ihm den Unsinn auszureden. Doch was sollten zwei Geistliche schon gegen eine solch fromme Gesinnung ins Feld führen?
    Am Ende war Ermengarda zu erschöpft, um noch zu kämpfen. Und dennoch hockten sie weiter zusammen, konnten nicht voneinander lassen. Aber sie redeten nicht mehr, mieden den Blick des anderen, schwiegen sich gegenseitig an.
    Bis Arnaut sagte: »Ich brauche Mannschaften, weißt du. Hundert gut ausgerüstete Berittene würden mir reichen.«
    Da loderte plötzlich blinde Wut in ihr auf.
    »Ach, die würden dem Herrn reichen, was?«, schrie sie. »Nur hundert Mann? Gar nicht viel, der Herr. Dazu Pferde, Waffen, Zelte. Vielleicht noch ein paar Diener und Verpflegung. Wie wär’s denn damit, he? Und Sold. Die Männer wollen doch bezahlt werden, oder? Vielleicht noch eine Schiffspassage!«
    Jetzt hatte sie sich mächtig in Rage geredet. Ihre Augen sprühten vor Zorn. »Ich habe dich geliebt und dein Kind getragen«, brüllte sie. »Und zum Dank, dass du mich elendig sitzenlässt, soll ich dir auch noch deinen verdammten Krieg bezahlen? Hast du dir das so gedacht?«
    »Es wäre ein gutes Werk. Wir kämpfen doch für Christus.«
    »Christus braucht meine Hilfe nicht. Er hat ja dich.«
    »Verdammt, Ermengarda. Wie redest du mit mir?«
    »Jetzt ist es endgültig genug!«, brüllte sie. »Verschwinde, sag ich. Verschwinde aus meinem Palast und lass dich nie wieder blicken.«
    ♦
    Arnaut zog sich auf das Landgut zurück, das Ermengarda ihm überlassen hatte. Der Hof lag nicht weit von Narbona entfernt, in einer Schleife des Flusses und umgeben von den Hütten einer
vila.
Dort hausten die Leibeigenen, die die Felder des Anwesens bewirtschafteten.
    Hier verbrachte er die nächsten Tage allein, um seine Wunden zu lecken. Wie einen Hund hatte sie ihn davongejagt. Er war tief gekränkt und wartete darauf, dass sie es sich anders überlegte und nach ihm senden würde. Stattdessen erschienen Soldaten mit einem Karren, um ihm all seine Habseligkeiten aus dem Palast zu bringen. Eindeutiger hätte ihre

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