Die Hure Babylon
schüttelte den Kopf. Es überstieg sein Verständnis. Nie hätte er ihr eine solche Niedertracht zugetraut. Sie hatten sich doch geliebt.
»Und wozu die Männer in deinem Gefolge? Wollt ihr mich etwa mit Waffengewalt entfernen?«
Severin musste lachen. »Ach wo. Die Kerle haben nur gehört, dass du nach Outremer aufbrichst. Da wollen sie mitkommen. Auch wenn du keinen Sold für sie hast, sie stehen dir treu zur Seite.« Er drehte sich um. »Nicht wahr, Jungs?«
Die nickten und lachten verwegen. Arnaut starrte sie mit offenem Mund an.
»Siehst du. Das war die gute Nachricht«, sagte Severin und weidete sich an Arnauts Überraschung.
»Nun, wenn ihr mitkommen wollt …«, begann Arnaut und sah in die Runde. »Ein wenig kann ich schon zahlen. Für eine Weile wird es reichen.«
»Wir folgen dir bis in die Hölle, Arnaut«, rief einer von ihnen ein bisschen übertrieben. Aber die anderen grinsten zustimmend. Sie schienen äußerst guter Laune, als ginge es auf die Jagd und nicht in den Krieg.
»Du bist beliebter, als du denkst,
mon velh
«, sagte Severin.
»Ich oder mein Sold?«
»Wahrscheinlich beides.«
Das brachte allgemeines Gelächter.
»Und du? Bist du auch dabei?«
»Natürlich, einer muss sich doch um dich kümmern.« Severin schlug ihm auf die Schulter. »
Putan,
Arnaut. In letzter Zeit ist es hier viel zu langweilig geworden. Es wird Zeit, wieder ins Abenteuer zu reiten.«
Da musste Arnaut grinsen. Auch damals hatte die Abenteuerlust sie aus ihrem kleinen Dorf getrieben. War ihnen jetzt die große Stadt schon zu klein geworden? Der Gedanke, in ferne Welten aufzubrechen, hatte plötzlich etwas Unwiderstehliches. Halb vergessene Bilder aus Großvaters Geschichten tauchten vor seinem Auge auf. Flirrende Hitze, schwerbeladene Karawanen, die mächtigen Mauern von Antiochia oder der Anblick Jerusalems auf seinen Hügeln im blendenden Licht des Orients.
»Ermengarda wird dir zürnen«, sagte er.
»Soll sie doch«, brummte Severin und zuckte mit den Schultern. »Ich jedenfalls steh auf deiner Seite,
ome.
«
»Sie wird leider noch mehr zu zürnen haben«, warf nun Bruder Aimar dazwischen. »Denn auch ich werde euch begleiten.«
»Du, Aimar? Aber warum?«
»Hab ich nicht dem alten Jaufré geschworen, das Grab deiner Großmutter zu besuchen? Außerdem wollte ich schon immer das Heilige Land bereisen. Nur die Gefahren haben mich bisher davon abgehalten. Aber mit euch … so eine Gelegenheit kommt nicht wieder.«
»Und ihr beide?«, wandte sich Arnaut an Felipe und Raimon.
»Um Gottes willen, nein«, lachte Raimon. »Ich und Krieg, das passt nicht zusammen.«
»Was mich betrifft«, sagte Felipe, »so hätte ich nicht übel Lust. Aber einer von uns muss sich ja um das Wohl der Vizegrafschaft kümmern. Wir können Ermengarda nicht alle im Stich lassen.«
»Felipe und ich geben auf sie acht, bis du zurückkommst«, fügte Raimon lächelnd hinzu.
Zurückkommen? Arnauts Miene verdüsterte sich, denn wenn er zuvor noch auf Versöhnung gehofft hatte, so war mit dieser kleinlichen Vertreibung von Ermengardas Anwesen der Bruch zwischen ihnen endgültig besiegelt, auch wenn es höllisch weh tat.
»Meine Zeit in Narbona ist nun vorbei«, sagte er und holte tief Luft, wie um sich von den schmerzlichen Gefühlen zu befreien. »Outremer soll auch ein schönes Land sein. Gott allein weiß, ob ich jemals wiederkehre.«
Felipe sah überrascht auf. Forschend ruhte sein Blick auf Arnaut, als wolle er die Gedanken seines Freundes ergründen.
Der bemerkte es und konnte sich eine spitze Äußerung nicht verkneifen. »Nun hast du sie wieder für dich allein, Felipe.«
»Red keinen Unsinn, Arnaut«, erwiderte der verärgert. »Ich hätte gedacht, all das läge längst hinter uns.«
Arnaut starrte betreten auf die Stiefelspitzen.
»Du hast recht. Eine dumme Bemerkung. Vergib mir.«
»Ermengarda gehört niemandem«, sagte Raimon. »Nur sich selbst.« Alle wussten, wie sehr er ihr verbunden war.
»Wenn ihr fertig seid, über
Domna
Ermengarda zu säuseln«, knurrte Severin, »dann können wir vielleicht mal über unseren Aufbruch reden.«
Felipe lachte. »Wie immer der Mann fürs Praktische. Arnaut darf froh sein, dass er dich an seiner Seite hat.«
»Das bin ich«, bestätigte Arnaut und zwinkerte Severin zu. Dann winkte er die anderen Männer zu sich heran. »Hört mal alle her. Wir werden uns den Tolosanern anschließen. Graf Alfons hat das Kreuz genommen und wird Krieger wie uns gut gebrauchen können. Geld hat
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