Die Hure Babylon
sagen, der ihm gefolgt sein musste.
»Ist schon gut. Geh lieber und reib den Gaul trocken.«
Er trat mit der Holzgabel dicht an den Heuhaufen heran, als sein Fuß an etwas Hartes stieß, das unter dem Heu verborgen lag. Verwundert bückte er sich und zerrte daran. Sah wie ein großes, in grobes Leinen gewickeltes Bündel aus.
»Was zum Teufel liegt denn hier?« Er sah sich fragend um. Jori stand in der Tür, seine Augen blickten erschrocken. »Komm, hilf mir mal. Sieht aus, als hat hier jemand etwas versteckt. Warst du das?«
Der Junge ließ Kopf und Schultern hängen. »Nun hast du es also entdeckt.«
»Was hab ich entdeckt?«
Arnaut zerrte wieder an dem Bündel. Es war nicht leicht, es unter dem Gewicht des Heus hervorzuziehen. Jori hockte sich neben ihn. Gemeinsam wuchteten sie es aus dem Heu. Als Arnaut das steife Leinen zurückschlug, leuchtete ihm der rote Eber, sein eigenes Wappenzeichen, entgegen.
»Was hat das zu bedeuten, Jori?«
»Ich habe alles für dich aufbewahrt.« Seine Stimme klang ängstlich.
Arnaut wusste nicht, wie ihm geschah. Obenauf lag der Schild, darunter sein Schwert und Gurt, der schwere Kettenpanzer, Beinlinge, das lederne
gambais,
Kampfhandschuhe, seine gesamte Ausrüstung bis hin zu Amirs Brustpanzer.
»Was wird hier gespielt, Jori?«
Seine Stimme hatte einen gefährlichen Ton angenommen. Der Junge war rot geworden und wischte sich verlegen die dunklen Haare aus der Stirn.
»Ich konnte nicht zusehen, wie du deine Waffen verlierst«, sagte er leise. »Es war ganz leicht. Sie haben mir geglaubt.«
»Was haben sie geglaubt?«
Jori wand sich unter seinem Blick. »Ich hab doch gehört, was der Templer dir vorgeschlagen hat. Da habe ich ihnen einfach gesagt, du hättest es dir überlegt und würdest sein Angebot annehmen. Er war sehr erfreut und hat dir Gottes Segen gesandt. Mich hat er auch gesegnet.«
Arnaut hatte genug gehört. Rot vor Zorn sprang er auf.
»Bist du denn wahnsinnig?«, schrie er. »Ich habe dir vertraut. Und so hintergehst du mich? Ein Straßenlump warst du, als wir dich fanden. Und daran hat sich nichts geändert.«
Er ballte die Faust und holte aus. Jori duckte sich nicht, hob nicht einmal den Arm, wartete nur gefasst auf den Hieb.
»Lass den Jungen in Ruhe«, hörte Arnaut hinter sich. Es war Severin. »Er ist zu mir gekommen und hat mir von dem Angebot erzählt. Da habe ich es ihm erlaubt.«
Arnaut ließ die Faust sinken und drehte sich um.
»Du?«, fragte er ungläubig.
»Na klar! Erst beleidigt uns dieser Puylaurens, und dann soll er auch noch mit Jaufrés Schwert abziehen? Und der andere, dieser de Bernay. Der hat grinsend zugeschaut, als der Kerl dich abstechen wollte. Ordensritter!« Er spuckte verächtlich auf den Boden. »Die sind nicht besser als andere Pfaffen.«
»Zum Teufel! Versteht ihr nicht? Damit habt ihr mich bei meiner Ehre verpflichtet, das Kreuz zu nehmen.«
»Ach, red keinen Unsinn,
ome
«, brummte Severin. »Diese Leute siehst du doch nie wieder. Du schuldest niemandem etwas. Ist ja nicht so, als hättest du einen Eid geschworen.«
»Und warum habt ihr es mir verheimlicht?«
»Ich kenne dich doch. Du hättest ihnen womöglich noch die Waffen nachgetragen.«
»Da liegst du verdammt richtig.« Arnaut ließ sich auf ein Strohbündel sinken. »Und mein Pferd? Wo habt ihr das versteckt?«
»Bei Felipe im Stall.«
Die Menerbas unterhielten einen geräumigen Palast in der Stadt, wo Felipe für gewöhnlich wohnte. Er hielt sich selten in der Festung seiner Familie auf.
Arnaut schüttelte den Kopf. »Eine verdammte Verschwörung also. Meine Freunde hintergehen mich. Nicht zu fassen.«
»Hör auf zu jammern. Sei froh, dass du alles wiederhast.«
»So einfach ist das nicht,
mon Dieu.
« Sein Herz klopfte. Er spürte, dies war ein Zeichen, eine Botschaft. Er musste ergründen, was sie bedeutete. »Lasst mich jetzt allein.«
Nachdem sie gegangen waren, saß er noch lange in der Scheune und betrachtete die Rüstung, die am Boden lag. Im ersten Augenblick war er maßlos wütend auf Jori gewesen, doch je mehr er sich beruhigte und über alles nachdachte, kam es ihm wie eine Fügung vor. Der Zweikampf, Ermengardas Sturz, das Angebot des Mönchsritters. Und nun dies. Eine Kette von Ereignissen, die miteinander verknüpft waren und plötzlich einen Sinn ergaben. Mit einem Mal erschien ihm alles in einem neuen Licht. Deutlichere Fingerzeige konnte Gott ihm doch gar nicht geben. Durfte er noch einen Augenblick länger über sie
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