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Die Hure Babylon

Die Hure Babylon

Titel: Die Hure Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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anzügliche oder abfällige Bemerkungen über das seltsame Kriegerweib zu äußern, fand sich rasch mit einem blauen Auge wieder.
    Auch Elena war inzwischen für die Truppe unentbehrlich geworden. Sie beaufsichtigte das Kochen, teilte den Proviant ein, pflegte Blasen und Wunden und hatte ein Kraut für jedes Wehwehchen. Sogar als Hebamme hatte sie sich schon betätigt. Ihre Künste sprachen sich schnell herum, und sie konnte bald Geld zurücklegen für Kleider und ein eigenes Zelt.
    Für Arnaut verging kein Tag, an dem er nicht an Ermengarda dachte. Immer noch schmerzte es ihn, wie sie ihn zuletzt behandelt hatte. Und doch überfielen ihn, meist zu den unmöglichsten Zeiten, rührselige Erinnerungsfetzen an ihre Liebe. Manchmal schienen ihre blauen Augen ihn spöttisch zu beobachten, oder er sah ihren lachenden Mund, die Linie ihrer Hüfte. Es war ihm, als könnte er ihre Zärtlichkeiten und ihre seidenweiche Haut immer noch spüren.
    Manchmal beobachtete er verstohlen die Huren im Lager und war versucht, sich eine von denen für die Nacht ins Zelt zu holen. Nicht, dass er es nicht schon ein paarmal probiert hatte, wenn auch ohne wirkliche Befriedigung, denn die geschminkten Gesichter und obszönen Gebärden dieser Weiber stießen ihn ab, ganz zu schweigen von der Gefahr, sich Krätze oder Filzläuse einzuhandeln.
    Eines Abends waren Arnaut und Bruder Aimar der Einladung gefolgt, bei Josselin zu speisen. Sie saßen im Beduinenzelt des Gastgebers an einer aufgebockten Tafel zusammen mit Everard des Barres, dem neuen Großmeister der Templer, Hugues de Bouillon, der einen hohen Rang im Orden zu bekleiden schien, und Étienne de Bernay, seinem Begleiter, den sie ebenfalls schon aus Narbona kannten.
    Es gab gebratene Tauben, zartes Lammfleisch in fremdartiger Zubereitung und dazu einen erlesenen Wein. Die beiden Freunde langten zu, als würde es sich um ihr letztes Mahl handeln.
    »Besser als das, was der Pöbel im Heer bekommt«, konnte Arnaut sich nicht verkneifen.
    Everard lachte. »Kleines Vorrecht der Höhergestellten auf Gottes Erden. Doch vor Seinem Thron sind wir am Ende alle gleich.«
    Erst kürzlich, im April des gleichen Jahres, war Everard in Paris nach dem Tod seines Vorgängers zum
Magister Dei Gratia,
Großmeister von Gottes Gnaden, gekürt worden. Ein breitschultriger Mann in mittleren Jahren aus guter Adelsfamilie, mit hageren Gesichtszügen, graugeflecktem, kurzgeschnittenem Bart und durchdringenden Augen über einer kräftigen Adlernase. Zweihundert der besten Krieger des Ordens begleiteten ihn, die meisten von den Ordensburgen in Spanien, wo sie viel Erfahrung im Kampf gegen Mauren erworben hatten. Dies war die beste Kampftruppe des Heeres, und Everard des Barres hatte, wie es hieß, großen Einfluss auf den jungen König.
    Es war eine Ehre, an der Seite dieses Mannes speisen zu dürfen, und Arnaut vermutete, dies war Bouillon zu verdanken, der gerade die Geschichte des Zweikampfs in Narbona zum Besten gab und wie Arnaut dazu gekommen war, das Kreuz zu nehmen.
    »Was hat Euch bewogen, Eure Meinung zu ändern?«, fragte Everard, der aufmerksam gelauscht hatte.
    »Eine Eigenmächtigkeit meines
escudier
«, entgegnete Arnaut. Über Ermengarda und die wahren Gründe wollte er nichts verlauten lassen. »Es reute ihn, einfach so meine guten Waffen abzuliefern. Als ich später erfuhr, was er getan hatte, war ich sehr wütend auf ihn. Aber dann kam es mir wie ein Fingerzeig des Himmels vor. Und nun bin ich hier.«
    Everard schüttelte staunend den Kopf. »Die Wege zu Gott sind oft seltsam«, sagte er mit einem Lächeln. »Ich freue mich jedenfalls, dass Ihr diesen Entschluss gefasst habt, Montalban. Jesus Christus wird es Euch vergelten.«
    »Und wer vergilt mir das Schwert und den guten Gaul, den mich der Handel gekostet hat«, maulte Josselin in gespielter Entrüstung.
    »Wie ich sehe, hat Gott Euch schon auf Erden dafür belohnt«, sagte Étienne de Bernay mit einem anzüglichen Blick auf die schöne, dunkeläugige Sklavin, die sie bei Tisch bediente. Es war dieselbe, die Arnaut bereits in Narbona gesehen hatte. Heute war sie in feine Gewänder gekleidet und trug silberne Reifen an den Armen. Auch sie hatte ihn erkannt und schenkte ihm ein scheues Lächeln.
    Josselin zog sie jetzt näher zu sich heran und legte ihr die Hand auf den hochschwangeren Leib.
    »Meine Belohnung ist, wie man sieht, ein Sarazenenbastard.«
    Alles lachte. Nicht einmal der Großmeister schien sich an solchen Worten zu stoßen.

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