Die Hure Babylon
stand, hoffte man wieder ausreichend Verpflegung zu finden.
Der Weg dorthin führte über den Thorax, eine niedrige, küstennahe Bergkette. Tiefhängende, graue Wolken verbargen die Gipfel. An antiken Ruinen und einem römischen Viadukt vorbei wand sich die Heerschlange durch eine rechts und links bewaldete Talsohle einem sanften Bergsattel entgegen. Über den Köpfen der Marschierenden wehten die bunten Wimpel und Standarten ihrer Anführer. Schnelle Reiter, begleitet von griechischen Führern, waren vorausgeeilt, um den Weg zu erkunden. Auch zu beiden Seiten des Heeres ritten Kundschafter, aber der dichte Bewuchs von krummstämmigen Kiefern und immergrünen Steineichen machte ein Ausschwärmen schwierig.
Plötzlich hallten die Kriegshörner der Vorhut von den Hängen. Erschrocken hielt die Kolonne an. Alles lauschte.
Schwacher Waffenlärm und Geschrei wehte zu ihnen herüber. Zu sehen war nichts. Nur die Straße, die weiter vorn hinter einer Wegbiegung verschwand. Auf den höheren Lagen hingen Nebelschwaden in den Bäumen. Und die fernen Hornrufe hatten etwas Klägliches und zugleich auch Unheimliches.
Arnauts Mund fühlte sich plötzlich trocken an. Waren sie den Seldschuken in die Falle gegangen? Wer hätte ahnen können, dass der Feind schon so weit bis fast vor Ephesus vorgedrungen war? Er zog den Helmgurt fester, nahm den langen Normannenschild von der Schulter und stülpte sich die gepanzerten Kampfhandschuhe über.
Dann sah er sich um. Auch seine Kameraden waren bereit, Lanzen auf den Steigbügeln aufgestützt und Schilde an der Seite. Jori murmelte ein hastiges Gebet, während Ferran, ein graubärtiger Veteran, dem Jungen ein paar beruhigende Worte zuraunte. Der Mann war fast so etwas wie der väterliche Beistand der Männer in Arnauts Truppe geworden. Severin saß regungslos und mit grimmer Miene im Sattel. Weiter hinten Constansas bleiches Gesicht, nicht mehr als Frau zu erkennen in ihrem Panzer mit Kettenhaube und Helm. Sollte er ihr befehlen, sich zurückzuhalten?
Bevor er weiter darüber nachdenken konnte, preschten zwei Reiter heran, um zu berichten. Die Heerführer sammelten sich beim König. Arnaut kam das alles viel zu langsam vor. Warum ritten sie nicht einfach los? Männer starben vielleicht da oben.
Und dann hieß es tatsächlich:
»Alle Reiter nach vorn!«
Arnaut sah, wie die Templer in ihren weißen
sobrecots
sich in Bewegung setzten. Ihnen voran das Ordensbanner, gefolgt von flatternden, weißen Wimpeln an ihren Lanzen. Er hob den Arm und winkte seine Männer vorwärts. Amir, der ungeduldig mit den Hufen gescharrt hatte, verfiel gleich in einen scharfen Galopp. Mit donnernden Hufen hetzten sie am Wegrand entlang, an den Kolonnen der Fußtruppen vorbei, die versuchten, Platz zu machen. An einigen Stellen war es eng zwischen Wald und Straße, und mehr als einmal wurde in der Hast jemand niedergeritten.
Ein Blick über die Schulter zeigte Arnaut, dass auch andere Reitereinheiten den flachen Hang heraufgaloppierten. Unter dem roten Banner von Tolosa erkannte er Bertran und neben ihm, auf einem gewaltigen Streitross, die massige Gestalt seines Reiterführers, Joan de Berzis.
Immer wieder ertönten die verzweifelten Hörner, jetzt näher und schriller, und dazu das rhythmische Dröhnen feindlicher Kriegstrommeln, das wie panischer Herzschlag in den Ohren pulste. Dann Waffenlärm und Kampfgeschrei. Hinter einer Biegung lichtete sich unerwartet der Wald, und als die fränkischen Reiter durch die Baumgrenze brachen, fanden sie sich in weitem, offenem Gelände wieder, das zum Bergsattel hin leicht anstieg und durch das die Straße verlief, bevor sie die höchste Stelle erreichte und sich dahinter wieder durch ein enges Tal in die Mäanderebene hinabschlängelte.
Diesen Ort hatten die Türken für ihren Hinterhalt gewählt. Guter Wiesengrund für Reiter. Und mitten darin tobte ein verzweifelter Kampf. Doch bevor die Reiterstaffeln ihren Kameraden zu Hilfe eilten, verhielten sie einen Augenblick, um sich einen Überblick zu verschaffen.
Zu linker Hand und nordwärts war das Gelände von Bäumen und einem bewaldeten Hügel begrenzt, hinter dem die Seldschuken ungesehen ausgeharrt hatten. Ahnungslos waren die berittenen Krieger der fränkischen Heerspitze an ihnen vorübergezogen. Erst mit dem Ende des Fußvolks in Sicht war der Feind auf schnellen Pferden aus den Verstecken gekommen und in breiter Front über die Marschkolonne hergefallen.
Bevor man sich sammeln und eine Schildwand bilden
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