Die Hure Babylon
Feind
N ach weiteren Tagesmärschen erreichte das Heer Ephesus, wo man am Meer, an einem flachen Strand, lagerte. Hier waren einige Tage Rast angesagt, um sich von den Mühen zu erholen.
Arnaut half den Jungen, sein Zelt zu errichten. Ein einfaches Ding mit zwei übermannshohen, durch Schnüre gesicherten Stützen, auf denen eine Firststange ruhte. Darüber wurde die Plane geworfen, die ringsum am Boden mit Holzheringen verankert wurde. Auf einer Seite ein Schlitz als Eingang, innen eine geteerte Unterlage, ansonsten warme Wolldecken und etwas Heu in einen Leinensack gestopft, das diente als Kopfkissen. Bei heftigem Regen war die Herberge nicht ganz dicht, aber ansonsten ließ es sich darin leben.
»Du stinkst erbärmlich, Jori, weißt du das?«, sagte Arnaut, als sie fertig waren.
»Nach einem solchen Marsch, da stinken wir doch alle.«
»Nicht mehr länger.« Arnaut packte Jori am Kragen und zerrte ihn zum Wasser.
»He! Was hast du vor,
putan?
Bist du verrückt?«
»Jetzt wird gebadet.«
»Ich kann nicht schwimmen.«
»Ich auch nicht.«
Damit schleuderte Arnaut ihn mit einem Ruck in die sanft anrollenden Wellen, sprang hinterher und tunkte ihn kräftig unter.
»
Merda,
ist das kalt!«, schrie Jori, als er prustend auftauchte.
»Gut so«, lachte Arnaut und tunkte ihn noch einmal unter.
Dann warf er sich selbst in die nächste Welle. Die Kälte verschlug ihm den Atem. Er hockte sich auf die Knie und ruderte wild mit den Armen. Kaum wollte er sich erheben, als Jori sich auf ihn warf und ihn seinerseits untertunkte. Dann stiegen sie lachend aus dem Meer und liefen zum Lagerplatz zurück, wo sie sich schnatternd die nassen Kleider vom Leibe rissen und die Haut mit Leinentüchern rotrieben.
»Immer ein Vergnügen, mit hübschen Kerlen zu reisen«, lachte Elena, die es nicht für nötig befunden hatte, sich beim Anblick ihrer nackten Leiber wegzudrehen. Auch Constansa tat ganz ungeniert. Schließlich war sie mit sechs Brüdern aufgewachsen und fand selbst nichts dabei, sich zum Pinkeln hinter den nächsten Busch zu hocken. So machten es auch die anderen Soldatenweiber, denn für geziertes Getue war kein Platz auf einem Feldzug.
Nahe am Feuer bohrte Elena Stöcke in den Boden und hängte ihre Kleider daran zum Trocknen auf, während Jori und Arnaut in Decken gehüllt danebensaßen.
»Wenigstens sind wir die Läuse los«, sagte Jori, als er sich später wieder ankleidete.
»Mach dir keine Hoffnungen«, lachte Elena, die in einem großen Kessel rührte. »Dazu müsstest du die Lumpen schon verbrennen.«
»Ich hab keine anderen.«
»Und die Haare abrasieren.«
»Bist du verrückt?«
Sie nahm ihr Messer vom Gürtel und legte es in die Glut.
»Geh mit der heißen Klinge über die Nähte. Wenn du Glück hast, erwischst du ihre Eier. Ist einen Versuch wert.«
Sie stemmte die Fäuste in die Seite und beobachtete belustigt sein Bemühen.
Elena schlief nach wie vor in Constansas Zelt und hatte sich dank deren Hilfe rasch von den Strapazen erholt. Um die Schultern eine alte Decke geschlungen, darunter die ausgeliehene Tunika, die ein wenig um die Hüften spannte. Ihre dunklen Haare trug sie in einem losen Knoten im Nacken. Und trotz der Kälte der Nacht glühten ihre fröhlichen Apfelbäckchen von der Hitze des Kochfeuers.
Wenn es sich nicht gerade um die Damen des Hochadels handelte, so waren die Frauen, die im Heer mitzogen, ziemlich abgebrühte und unverwüstliche Kreaturen geworden. Sie sammelten Brennholz, kochten ihren Kerlen das Essen und verbanden Wunden. Wie die Männer trugen sie ihre Lasten, marschierten über staubige Straßen und schlammige Wege oder durchwateten mit hochgebundenen Röcken eisige Furten. Und wenn ihre Zeit kam, entbanden sie am Wegrand Säuglinge, die sie hastig trockenrieben, in ein Tuch wickelten und sich auf den Rücken schnallten, denn das Heer wartete nicht.
Sie waren eine zähe Brut, und doch war jedes Weib auf Schutz angewiesen, sonst wurde sie zum Freiwild. Denn in der
militia
schien man nur noch über zwei Dinge zu reden. Fressen und Weiber. Kein Wunder nach sechs Monaten erzwungener Enthaltsamkeit. Lagerhuren hatten Hochbetrieb, Vergewaltigungen waren nicht selten, ebenso wenig wie Raufereien und Totschlag, bei denen es meist ebenfalls um Weiber ging.
Severin hatte sich zu Constansas Beschützer aufgeschwungen, und für die Männer aus Arnauts Truppe war sie so etwas wie ihr Glücksbringer geworden. Jeder fremde Kerl, der ihr nachstellte oder sich anmaßte,
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