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Die Hure: Roman (German Edition)

Die Hure: Roman (German Edition)

Titel: Die Hure: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Gustafsson
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alldem Zeit bleibt, über die Rechte von Schafen und Ziegen nachzugrübeln, hahaha.«

    Kalla erwacht. Sie spürt ein schweres Gewicht auf sich. Wie das einer Leiche.
    Wie das einer Leiche!!
    Sie setzt sich auf und stößt dabei aus Versehen den Mann aus dem Bett. Er röchelt bedenklich. Die Tiere kommen aus dem Kleiderschrank und beschnuppern die Person, die sie schon kennen. Sie sehen ihr Frauchen fragend an. Kalla trägt einen orangen Overall, dessen Reißverschluss nur ein winziges Stück aufgezogen ist.
    Wenn das alles ein Traum ist, dann ist es ein Albtraum.
    Wenn das Leben nur ein Traum ist?
    Scheiße, es ist keiner. Kalla springt auf, macht einen Bogen um den Mann und geht in die Küche. An dieser Stelle gibt es nur eine mögliche Frage: »Willst du Kaffee?«
    »Raahhhh«, antwortet der Mann.
    »Heißt das ja? Oder nein? Vielleicht ja? Sahne habe ich aber immer noch nicht.«
    »Rrrrrrh«, antwortet der Mann.
    Kalla kocht Kaffee, gießt ihn in einen Becher und geht zu dem Mann, der immer noch auf dem Fußboden sitzt. Er streckt die Hand aus. Kalla schüttet den Kaffee über ihn. Der Mann heult auf. Kallas Handy klingelt.
    »Hallo?«
    »He, ich weiß, dass du ihn quälst.« Es ist Isis.
    »Woher willst du das wissen?«
    »Ich bin eine Göttin. Götter sehen sogar deine Gedanken.«
    Kalla stellt sie auf die Probe.
    »Sind sie nicht!«, ruft Isis.
    Also muss Kalla ihr wohl glauben.
    »Die Vernachlässigung des Ehegatten kann Konsequenzen haben. Sei so gut und vertrau mir.«
    Damit beendet Isis das Gespräch. Kalla hat ein schlechtes Gewissen wegen ihres bösen Gedankens, der eigentlich gar nicht ernst gemeint war. Sie bekommt eine SMS. IRIS: »Okay, ich verzeih dir … Halt die Ohren steif …« Was zum Teufel, denkt Kalla.
    »Kraaaaaul.«
    »Entschuldige, dass ich dich mit Kaffee begossen hab. Aber weißt du, du hättest mich nicht vergewaltigen dürfen. Und dass du es zweimal getan hast, ist schon ziemlich heftig. Da verstehst du wohl, dass ich ein bisschen wütend und verbittert bin.«
    »Raaaaaaa.«
    »Und nachdem ich dich sozusagen umgebracht habe, fände ich es nur recht und billig, dass du tot wärst, aber nein! Jetzt muss ich deinen beschissenen Anblick für den Rest meines Lebens ertragen.«
    Kalla will dem Mann ihr Handy an den Kopf werfen, beherrscht sich aber. Sie geht aufs Klo und weint heftig und lange.
    Es ist völlig überflüssig, Kalla zu bemitleiden. Sie ist eine Mörderin. Jemandem das Leben zu nehmen ist sehr schlimm. Klar: Der Mann ist ein Idiot und ein Ekel. Aber das sind die meisten. Oder wenn nicht die meisten, dann doch sehr viele.
    Warum hat sich Kalla beim ersten Mal nicht gewehrt? Wenn sie das getan hätte, wäre jetzt alles in Ordnung. Oder wenn sie mit dem Mann mitgegangen wäre, den sie in der Bar zuerst kennengelernt hatte.
    Wenn sie nicht gerade zu dem Zeitpunkt zur Toilette gegangen wäre.
    Wenn sie keinen Rock angehabt hätte, sondern eine Hose.
    Wenn sie nicht in das Taxi gestiegen wäre. Wenn es nicht geregnet hätte, wäre sie sicher zu Fuß gegangen. Ach, hätte es bloß nicht geregnet!
    Wenn sie vor dem Aufbruch in die Bar nicht eine halbe Flasche Sekt getrunken hätte, wenn sie sich dezenter geschminkt hätte, wenn sie keine künstlichen Wimpern getragen hätte.
    Wenn sie als Mann zur Welt gekommen wäre.
    »Aber ich habe doch Nein gesagt.«
    Kalla weiß selbst, dass Nein nur ein Wort ist. Man muss wenigstens ein bisschen um sich schlagen, die Beine verschränken und sich in eine Decke wickeln. Das hatte sie beim vorigen Mal getan. Am nächsten Tag hatte sie ihrer Freundin erzählt, dass ein Mann versucht hatte, sie zum Sex zu zwingen. In irgendeinem Park oder wo, fragte die Freundin. Kalla antwortete, es sei bei ihr zu Hause passiert.
    »Wie ist er denn in deine Wohnung gekommen?«, fragte die Freundin.
    »Wir wollten noch etwas trinken«, erklärte Kalla.
    »Na, dann ist es doch deine eigene Schuld!«
    Mit dieser Freundin hat Kalla seitdem nicht mehr telefoniert.
    Na ja, es ist zu spät, den Arsch zusammenzukneifen, wenn die Kacke schon in der Hose ist, wie ihre Mutter zu sagen pflegt. Kalla wischt sich die Tränen ab und putzt sich die Nase. Mit dem Schminkbeutel gerüstet, nähert sie sich dem Wunder-Mann, der den Tod besiegt hat.
    Sie reinigt dem Mann mit ihrer Reisezahnbürste den Mund, also nicht bloß die Zähne, sondern auch die Zunge und die Innenfläche der Wangen, dann befiehlt sie ihm auszuspucken. Sie rasiert ihn mit dem Ladyshaver, etwas anderes hat sie

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