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Die Hure: Roman (German Edition)

Die Hure: Roman (German Edition)

Titel: Die Hure: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Gustafsson
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heraus und reicht es Kalla. Kalla runzelt die Stirn. »Trink das«, sagt Isis.
    In der gegebenen Situation beschließt Kalla, die Medizin zu schlucken. Sie wird von schrecklichen Krämpfen geschüttelt. Zuerst würgt sie Knochen und Fleischbrocken sowie einige innere Organe heraus. Das Herz spuckt sie im Ganzen aus. Zum Schluss schießt literweise Blut aus ihrem Mund. Kalla muss sich hinsetzen.
    »Ist das alles?«, fragt Isis.
    »Mehr oder weniger.«
    Isis geht daran, die Körperteile zusammenzusetzen. »Es mag hoffnungslos erscheinen, aber ich habe Erfahrung«, sagt sie.
    Schließlich entsteht eine Art menschliches Gebilde. Was bringt eine Frau mit Nadel, Garn und Klebstoff nicht alles zustande! Wieder sucht Isis in ihrem Koffer und holt eine Tube heraus. »Born Again Ultra Exclusive Re-Incarnating Anti-Millenia Life Eternal«-Serum! »Dieses Wiedergeburtszeug wirkt Wunder«, lobt Isis.
    Und es stimmt: Der Mann steht auf, zwar schwankend, und er ist ein wenig kleiner als zuvor, aber dennoch, tja, er lebt. Er sieht Kalla mit seinen freundlichen Augen an, die vielleicht irgendeinem Kind gestohlen wurden. Sie passen überhaupt nicht zu ihm. Isis betrachtet das Werk ihrer Hände mit unverkennbarer Zufriedenheit.
    »Rate mal, was ich in solchen Situationen meistens tun muss!«, kreischt sie eine Spur manisch.
    Der Opa sieht sie tadelnd an, woraufhin Isis sich rasch korrigiert: »Ich meine, tun darf. Na ja, also ich darf jedes Jahr einen Untoten heiraten. Diesmal werde ich dieses Vergnügen aber dir überlassen.«
    »Nein! Das ist nicht dein Ernst!«, schreit Kalla auf.
    »Doch.« Nun allerdings bemerkt Isis einen kleinen Mangel. »Wo ist sein Pimmel?«
    »Den haben die Möwen gefressen.«
    »Na so was, dann muss ich ihm wohl eine meiner Rippen geben.« Isis schiebt sich die Hand in den Bauch und bricht eine der untersten Rippen ab. »Dann hast du auch mehr von der Hochzeitsnacht.«
    Die Trauung muss vollzogen werden! Doch dafür kommen weder Isis noch die Seelen infrage, denn Frauen als Pfarrerinnen sind wirklich ganz schlimm, auch wenn manche Dummköpfe das nicht einsehen wollen. Deshalb wird der verstorbene Papst geholt, um Kalla und den von den Toten auferstandenen Mann zu trauen.
    Der Papst bebt und murmelt, und die Bibel zittert in seinen kleinen Händchen. Er knurrt etwas Unverständliches. Isis schlägt ihm fester als nötig auf den Rücken. Dem Papst fliegt der untere Teil des Gebisses aus dem Mund. Der obere Teil verrutscht. Er befühlt ihn schmatzend mit der Zunge. Isis nimmt ihm die restlichen Zähne aus dem Mund. Der Papst fragt, warum sie das getan habe und ob es bald Kaffee gäbe. Erst, wenn die Arbeit erledigt ist, sagt Isis.
    »Iiif traue diff …«
    »Kalla«, sagt Isis.
    »Kalla. If if if dif if if …«
    »Wie heißt er?«
    Kalla zuckt die Achseln. Niemand kennt den Namen des Mannes! Nicht einmal der Mann selbst, denn er ist noch nicht ganz bei sich, die Auferstehung von den Toten ist ein langwieriger Prozess.
    »Na, dann nennen wir ihn eben Wunder-Mann«, erklärt Isis.
    Kalla schnaubt.
    Die Zeremonie wird vollzogen, und Isis bewirft das Paar mit Reis. Dann schaltet sie den Bildschirm aus und lässt eine lange Litanei Flüche vom Stapel, die hier nicht wiederholt werden soll.
    Das Urteil mag grausam oder zumindest ungewöhnlich erscheinen, doch für Isis ist es ein stinknormales, alljährliches Ritual. Es ist ihre Strafe dafür, dass sie dereinst allzu harsche Kritik an einigen religiösen Gemeinschaften geübt hat, deren Brauch verlangt, Schlachttieren einen möglichst qualvollen und langsamen Tod zu bereiten.
    Die Imame und Rabbis ließen sich diese Reden nicht gefallen, schon gar nicht von einer unbedeutenden weiblichen Gottheit wie Isis, denn Unterdrückung der Schwachen, Folter und grenzenlose Grausamkeit gehören seit jeher zu den wichtigsten Grundsätzen der wichtigen Religionen.
    Wenn sie in dieser Sache nachgegeben hätten, wären bald auch andere Regeln gelockert worden. Also brachten sie Isis unverzüglich zur Raison und zwangen sie, ihren toten Bruder aus dem Hades zu holen und zu heiraten. Teil der Strafe war natürlich, dass der Bruder immer wieder sterben sollte. So geht es nun schon seit Jahrtausenden, und der Bruder ist nach all den Auferstehungen ehrlich gesagt in ziemlich schlechter Verfassung.
    Wenn im Kreis dieser bemerkenswerten Männer die Rede auf Isis kommt, erinnern sie sich immer noch an ihren schlauen Einfall und lachen: »Hahaha, häusliche Pflege! Mal sehen, ob ihr bei

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