Die Hure: Roman (German Edition)
aufgekochte geriebene Möhren
Glasur:
4 dl Puderzucker
4 TL starker Kaffee
6 EL dunkles Kakaopulver
5 EL Wasser
2 TL Rapsöl
Die trockenen Zutaten gut mischen, flüssige Zutaten und geriebene Möhren hinzufügen und zu einem glatten Teig verrühren. Auf ein mit Backpapier ausgelegtes Ofenblech streichen. Bei 175 Grad etwa 35 Minuten backen. Die Zutaten für die Glasur verrühren, etwas Wasser zugeben, wenn die Mischung zu fest ist. Den Boden aus dem Ofen nehmen, kurz abkühlen lassen und mit der Glasur bestreichen.
Während der Mokkakuchen an einem kühlen Platz durchzieht, geht Milla in die Videothek, um einen Bridget-Jones-Film auszuleihen. Oder vielleicht lädt sie ihn einfach aus dem Internet runter, obwohl man das nicht tun dürfte, weil die Künstler Geld brauchen. Auch die Filmkünstler. Doch das interessiert Milla herzlich wenig, sie ist ja eine Hure.
Dann essen sie den herrlich fettigen und übersüßen Mokkakuchen und verfolgen Bridgets Liebesleben. Wenn eine so hässliche Frau Männer abkriegt, schaffen das sicher auch alle anderen. Eigentlich würde Bridget ja gar nicht so schlecht aussehen, aber ihr Gesicht ist derart geschminkt, dass es glänzt, und obendrein hat sie sich so ein Doppelkinn wachsen lassen. Trotzdem will Hugh Grant lieber sie als eine ihrer attraktiven und sich normaler benehmenden Freundinnen.
Sie schauen sich in den nächsten Tagen alle für Frauen gedrehten Filmkomödien an, doch davon wird Aphrodite noch deprimierter. Und von der Völlerei wird sie nicht fröhlich, sondern nur fett. Und da sie sich weigert, die Wohnung zu verlassen, hat sie überhaupt keine Bewegung. Sie isst nur und schläft und guckt zwischendurch Fernsehen und schläft dann wieder mit geschlossenen und manchmal auch mit offenen Augen und bekommt von dieser ungesunden Lebensweise Pickel und dunkle Schatten unter den Augen, und ihr Gesicht schwillt an und glänzt, bis auch sie ein Doppelkinn hat. Es ist furchtbar.
Sie leidet unter einer nachwiedergeburtlichen Depression. Das Leben erscheint ihr leer und bedeutungslos. Sie hat ihre Liebe verloren und ihre Schönheit noch dazu, doch daran mag sie gar nicht denken. Sie verhängt Millas Spiegel mit schwarzem Stoff.
Sonnenlicht bedrückt sie und stört ihren Schlaf. Sie nagelt ein schwarzes Laken vor das Fenster.
Sie denkt an den Tod, der trostlose Scheiße war. Dann denkt sie an das Leben, das ebenfalls trostlose Scheiße ist. Ihr scheint, als wäre der Tod doch ein bisschen weniger trostlose Scheiße gewesen.
Obendrein nagt ein unbestimmtes Schuldgefühl an ihrer Seele und schnürt ihr das Herz zu. Dabei weiß sie überhaupt nicht, woher das Gefühl kommt. Denn sie ist doch diejenige, der Unrecht widerfahren ist, die mies behandelt und grausam verlassen wurde wie ein überflüssiges, schlechtes Geschöpf.
Und immer, wenn sie weint, verwandeln sich ihre Tränen in kleine Steinchen. Zuerst glaubt sie, es seien Diamanten, doch als sie genauer hinsieht, merkt sie, dass es Kiesel sind, von der Sorte, mit der man eisglatte Straßen streut.
Sie ist so deprimiert, dass sie anfängt, Gedichte zu schreiben.
Milla hat Mitleid mit Aphrodite. Aber nicht nur Mitleid. Aphrodites Zustand strengt sie auch ein bisschen an.
Als sie versucht, die schwarzen Vorhänge vor dem Fenster ein Stück zur Seite zu schieben, kreischt Aphrodite, es müsse dunkel sein, nur die Dunkelheit könne ihre Seele wärmen.
»Ach, ist dir kalt?«
»Der Strom meines Herzens ist zugefroren.«
»Okay.«
Als sie von der Arbeit kommt, schaltet Milla das Licht ein, aber es wird nicht hell. »Was zum Teufel?«
Am Fenster brennt ein Teelicht, sie geht darauf zu. Riks, raks knirscht es unter ihren Füßen. Zum Glück hat sie die Schuhe noch nicht ausgezogen: Aphrodite hat alle Glühbirnen herausgeschraubt und zertreten. Der Fußboden ist mit Glasscherben und diesen komischen Scheißsteinen übersät.
Aphrodites Wunden heilen von selbst, sie ist ja neuerdings unsterblich. Dagegen verschwinden die blutigen Fußabdrücke auf dem großen weißen Teppich nicht von selbst.
Milla holt den Staubsauger. Aphrodite kreischt, der fürchterliche Krach des Staubsaugers sei ein Inferno für ihre Ohren, nur die Stille allein sei eine sanfte Wiege für ihren misshandelten Körper.
»Aha. Na, zum Glück sieht man hier ja sowieso nichts.«
Die einzige akzeptable Lichtquelle sind Kerzen, vorzugsweise schwarze.
Außerdem ist der Dunst, der beim Kochen entsteht, unerträglich für Aphrodites übersensiblen
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