Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hure: Roman (German Edition)

Die Hure: Roman (German Edition)

Titel: Die Hure: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Gustafsson
Vom Netzwerk:
ureigener Traum, dem er manchmal nachhängt, wenn er an Frauen denkt. Beinahe das Erregendste an den Frauen ist ihre Schwäche, ihre Sehnsucht, gerettet zu werden. Deshalb ist seine Beziehung zu Isis nie über Sex hinausgegangen. Isis ist nämlich keine Frau, die man retten könnte. Sie ist zu selbstständig, lässt der Mannhaftigkeit des Mannes keinen Raum.
    »Ich höre deine Gedanken«, unterbricht Isis seine Grübelei.
    »Aha.«
    »Und die sind kein bisschen originell.«
    Ja, sie ist zu selbstständig, vielleicht auch eine Spur zu zynisch. Zynismus hat noch keine Frau anziehender gemacht.
    »Es ist kein Zynismus, wenn man jede Tat und jeden Gedanken eines anderen Menschen kennt«, fügt sie hinzu.
    Männer sind da anderer Ansicht.
    Nachdem sie diese ermüdenden und zu nichts führenden Gespräche viel zu lange geführt haben, erreichen sie zum Glück endlich den Berggipfel. Dort befindet sich eine Tür, die keine Klinke hat, sondern nur ein Schlüsselloch.
    »Ich trete sie ein.«
    »Nicht nötig, ich habe den Schlüssel.«
    Mit dem großen Schlüssel, der ihr um den Hals hängt, schließt Isis die Tür auf. Und sie kommen nach: tja, nach Helsinki, in den Stadtteil Hinter-Töölö.

In uralten Zeiten waren die Frauen so wie die anderen Menschen: Sie wurden wütend und tobten ganz offen. Es gelang schon früh, den europäischen Frauen diese Sitte auszutreiben. Dann brachen Kolumbus und andere Blödmänner auf, um die Welt zu erforschen.
    Auf dem neuen Kontinent, der in Wahrheit exakt so alt war wie alle anderen Kontinente, entdeckten sie Menschen. Unter den Ureinwohnern ärgerten sich vor allem die Frauen über die Großkotzigkeit der zu Schiff eingetroffenen Fremdlinge. Und die Entdecker waren zutiefst erschüttert über die Unweiblichkeit der Frauen. »Na schön, wenn ihr keine Frauen sein wollt, seid ihr auch keine Mütter«, sagten sie und schnitten allen Frauen, derer sie habhaft werden konnten, die Brüste ab.
    Einige Frauen erschraken, ließen sich demütigen und gaben ihr aggressives Verhalten auf. Aber die anderen flohen in die Regenwälder.
    Noch heute erdreistet man sich zu behaupten, diese wütenden Frauen hätten sich selbst die Brüste verstümmelt. Das haben sie wahrlich nicht getan, zum Teufel.

7.
    I’M MISS WORLD,
WATCH ME BREAK.
AND WATCH ME BURN.

    IM LEBEN KEHRT DIE ZEIT zum normalen Tempo zurück.
    »Aah!« Isis schnuppert. Abgase. Nasser, schneeähnlicher Matsch fällt ihr auf den Kopf. »Trotzdem schön, wieder auf dieser Seite zu sein. Irgendwie.«
    Eine Kirchenglocke beginnt zu schlagen. Isis blickt verärgert in die Richtung, aus der das Geräusch kommt. »Immer dieses Gebimmel. Aber trotzdem.«
    Sie hebt ihr schönes Gesicht gen Himmel. Ein Schneeklumpen trifft direkt auf ihr eines Auge, die Wimperntusche verläuft über den Backenknochen und unter die Augenbraue. »Scheißdreck.«
    Ihr Mann zittert in seinem Rollstuhl. Sie muss ihm neue Leichentücher kaufen.
    »Was gibt’s, Osi?«, fragt Isis.
    »Rähhh«, antwortet ihr Mann.
    »Nein, wir sind in Finnland. Wohin möchtest du denn in diesem Jahr auf Hochzeitsreise?«
    »Paaa?«
    »Nein, die Alpen sind irgendwo in der Schweiz oder so. Hier gibt es den Weihnachtsmann und Klamotten von Marimekko. Außerdem kannst du keine Abfahrten machen. Erinnerst du dich nicht, was letztes Mal passiert ist? Und die Kälte widert mich an.«
    »Aaaaaaaaaaann.«
    »Nach China?! Was gibt es denn da heutzutage!? Kommunismus und eine beschissene Speisenkultur. Ist das dein Ernst?«
    »Aaaaa.«
    »Mal sehen.«
    »Aaa-aaa-aaann.«
    Isis küsst ihren Mann auf die Stirn, Hautschuppen bleiben an ihren Lippen haften. Sie stimmt der Reise nach China zu und schiebt den Rollstuhl zum Flughafen. Nein, nein, doch nicht zu Fuß. Sie nehmen ein Invalidentaxi. Auf dem Flughafen sagt Isis, ja, ja, nach China, bucht aber einen Flug nach Thailand. Den Unterschied merkt er sowieso nicht, denkt sie, und damit hat sie sicher recht, wie immer.
    Ares ist sich nicht sicher, ob er sich schon umdrehen darf. Er wartet auf ein Zeichen von Isis, die jedoch grußlos verschwindet. Nun überlegt er, wie Aphrodite jetzt wohl aussieht. Das heißt … Sie sieht ja immer gleich aus. Oder? Ares durchforstet sehr lange sein Gedächtnis, aber er kann sich Aphrodites Gesicht nicht in Erinnerung rufen. Blonde Haare hatte sie. Und Brüste, große. Make-up? Das haben die Frauen doch immer?
    Ares beschließt, sich umzudrehen. Er ist ein Mann, und Männer treffen ihre Entscheidungen selbst.
    »Das

Weitere Kostenlose Bücher