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Die Hure: Roman (German Edition)

Die Hure: Roman (German Edition)

Titel: Die Hure: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Gustafsson
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gekommen! Und wenn sie tot wäre, würde sie nie wieder nach Hause kommen!!
    Er teilt der Presse mit, dass die Heilige Miracle seine Frau ist, doch keine Zeitung, die etwas auf sich hält, ist bereit, eine derartige Behauptung zu drucken. Nicht, dass die Medien kein Interesse an Skandalen hätten, aber dies ist die falsche Art Skandal. Man mag sich nicht vorstellen, dass die Heilige Miracle eine gewöhnliche Frau gewesen sein könnte. Die Existenz des Mannes würde den Glanz des heiligen Wesens schwächen. Als Nächstes würde vermutlich berichtet, dass sie ein Kind und ein Auto und irgendeinen gewöhnlichen, banalen Job hatte.
    Außerdem wirkt der Mann durchgeknallt, und die Presse hat es allmählich satt, über die Taten geisteskranker Männer zu berichten, weil man darüber ohnehin ständig schreiben muss. Und obendrein: Der Mann ist gewöhnlich. Die Heilige Miracle ist vollkommen.
    Das ist sie wahrhaftig. Lange, schwarz glänzende Haare, über denen sich ein Strahlenkranz ausbreitet. Ein schöner, wenn auch misshandelter Körper. Perfekte Brüste. Ein Knochenbau, wie er nur wenigen beschieden ist. Eine majestätische, ägyptische Haltung.
    Natürlich bringen die zahlreichen, an prominenten Stellen tätigen Chauvinisten es nicht fertig, sich aus der Debatte herauszuhalten. Auch ihrer Ansicht nach ist die Heilige Miracle eine absolut perfekte Frau: makelloser Körper, versiegelte Lippen und mit Putzen beschäftigt. Sie hat nur einen wesentlichen Fehler: die zugetackerte Vagina. Aber vielleicht könnte man sie für den Gebrauch öffnen. Und dann wieder verschließen! In manchen Kulturen tut man das doch. Seltsam, dass ein so genialer Brauch sich nicht bei allen Völkern eingebürgert hat!
    Der Mann hört die Leute über seine Frau reden wie über irgendeinen Gegenstand. Über seine geliebte, einzigartige Frau, die gut, schön und überaus real ist. Als hätte dieses Gesindel das Recht, auch nur Mirkallas Namen auszusprechen. Er hätte nicht übel Lust, jemanden umzubringen, obwohl er kein gewalttätiger Mann ist.
    Er wandert tagelang draußen herum, manchmal auch nachts. Keine Spur von Mirkalla.
    Dann hat er einen Traum. Jedenfalls denkt er später, dass es ein Traum war.
    Er wird wach, weil jemand ans Fenster klopft und kratzt. Er steht auf und öffnet es. Nichts zu sehen, nur Dunkelheit. Doch dann ist ihm, als flattere direkt vor seinem Gesicht ein großer schwarzer Flügel. Vielleicht ein Rabe, wenn es die in der Stadt gäbe. Nur ist es gar kein Flügel, sondern ein Schwall schwarzer Haare, die ihm nass und klebrig über das Gesicht wischen.
    Das Wesen mit den nassen Haaren zwängt sich durch das kleine Fenster ins Schlafzimmer. Der Mann kann und will es wohl auch nicht daran hindern. Er weicht zurück, bis er mit dem Rücken an der Wand steht. Die schwarzen Haare schlagen ihn wie eine dünne Lederpeitsche oder junge Kreuzottern. Sie scheinen in jeden Winkel des Raums zu fliegen.
    Als die Haare zur Ruhe kommen, sieht er das Gesicht seiner Frau. Mirkalla ragt groß und verdreht vor ihm auf. Sie streckt ihre Glieder, die wie ausgerenkt wirken. Erst bringt sie den einen Arm in die richtige Position. Dann den anderen. Danach zieht sie die Beine gerade und dreht sie richtig herum.
    Die Lippen der Frau sind immer noch zugeklammert, und ihre Haut ist ganz weiß. So weiß, dass sie in dem dunklen Zimmer zu leuchten scheint.
    Mirkalla richtet ihre schiefe Hüfte. Sie blickt den Mann mit ihren eisigen Augen an. Der Mann will sie berühren, traut sich aber nicht. Vielleicht erwartet Mirkalla jedoch, dass er sie berührt. Er streckt die Hand nach ihr aus. Doch da reißt Mirkalla den Mund auf, ohne Rücksicht auf die Heftklammern, die ihre Oberlippe zerfetzen. Sie sperrt den blutigen Mund weit auf, und der Mann sieht die riesigen Reißzähne.
    Mirkalla wirft sich auf den Mann und küsst ihn mit blutigen Lippen. Ihr Mund schmeckt nach Erde, doch das Blut ist dick und süß und läuft dem Mann in die Kehle wie Honig.
    Der Mann erwacht von dem Gefühl, zu ersticken. Ihm ist furchtbar kalt, obwohl er in voller Bekleidung geschlafen hat. Es ist noch nicht Morgen, draußen ist es immer noch dunkel. Das Fenster steht offen, hoffentlich kriegt er keinen Schnupfen. Zu kraftlos, um aufzustehen, sinkt er erneut in tiefen Schlaf bis in den Nachmittag.
    Als er sich aus dem Bett gekämpft hat, überkommt den Mann das Gefühl, dass etwas fehlt. Er sieht in der Küche, im Bad und sogar auf dem Balkon nach, kommt aber nicht darauf, wer oder

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