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Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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entgleiten könnte. Und auch Angelina hatte jetzt nur noch einen Gedanken: den Mann zu finden, der sie alle auf dem Gewissen hatte, und ihn seiner gerechten Strafe zukommen zu lassen.
    Auf ihrem Weg zur Piazza della Signoria lauschte sie den Gesprächen der Menschen, die in Gruppen zusammenstanden. Savonarola sei heute Morgen gefoltert worden, hörte sie, aber er habe nicht gestanden. Wessen er denn eigentlich angeklagt sei, fragte jemand. Einige zuckten mit den Achseln. Er sei als Ketzer angeklagt, |366| antwortete ein Mann, der Florenz aus dem Schoß der heiligen Kirche habe führen wollen. Er sei kein Prophet gewesen, sondern ein Scharlatan.
    Endlich erreichte sie den Dom. Es war ihr danach, noch einmal zu beichten. Durfte sie das, nach allem, was geschehen war? Sie musste es tun, sie musste in die Höhle des Löwen gehen. Angelina sah, wie ein Mönch, ins schwarz-weiße Habit der Dominikaner gekleidet, die Treppe hinunter zur Krypta huschte und verschwand. Ob das Domenian gewesen war? Sie näherte sich der Krypta, aber der Mönch war schneller, kam die Treppe wieder herauf, mit einem Bündel in der Hand, und verschwand um die Ecke des Doms. Sie lief ihm hinterher, aber auf der anderen Seite war nichts mehr zu sehen. So betrat sie die Vorhalle des Doms und ging hinein.
    Nur wenige Menschen hielten sich darin auf. Die meisten genossen ihr neues Leben ohne Savonarola draußen in der Sonne. Angelina schaute sich um. Ein Messdiener war damit beschäftigt, den Fußboden zu reinigen. Sie fragte ihn nach dem Priester. Er verschwand in einer Seitentür, kehrte zurück und wies ihr dann einen Beichtstuhl an. Angelina war es, als hätte sie das schon einmal erlebt. Jemand nahm im Beichtstuhl Platz, der Vorhang bewegte sich ein wenig. Angelina kniete nieder. Der Priester fing wie gewohnt an zu sprechen. Das war ihr gerade recht. Sie glaubte, an einem entscheidenden Punkt ihrer Suche angekommen zu sein.
    »Im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes«, sagte der Priester. »Gott, der unser Herz erleuchtet, schenke dir wahre Erkenntnis deiner Sünden und seiner Barmherzigkeit. Wenn du etwas zu beichten hast, dann beichte.«
    »Ich habe schwere Sünde auf mich geladen, hochwürdiger Herr Pater«, sagte Angelina. Sie stockte. Was wollte sie dem Priester eigentlich erzählen? Von welchen Sünden wollte sie Absolution erhalten?
    »Ich bin auf der Suche nach einem Priester«, fuhr sie fort. »Und ich weiß, dass er mir helfen kann, Licht in das Dunkel zu bringen, das ich schon lange in mir herumtrage.«
    |367| »Wie kann ich dir dabei helfen?«
    »Ich glaube, dass Ihr dieser Priester seid.«
    Hinter dem Vorhang entstand eine Bewegung, der Vorhang bauschte sich leicht, als hätte jemand scharf die Luft ausgestoßen. Durch die Schlitze konnte Angelina dunkle Augen sehen.
    »Erzähle mir, an was du dich erinnerst«, sagte der Priester.
    »Ich erinnere mich an einen Keller. Es war noch jemand darin.«
    »Wer war das?«
    »Ich weiß es nicht. Er war tot.«
    »Kannst du sein Gesicht erkennen? Wer war es?«
    »Ich weiß es nicht, ich kann mich nicht an ihn erinnern.«
    »Aber es war ein Mann?«
    »Ja, dessen bin ich mir sicher.«
    »Wer hat ihn getötet?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Warst es nicht du selbst, die ihn getötet hat? Hattest du nicht ein Messer in der Hand?«
    »Ja, ich hatte etwas in der Hand. Aber warum hätte ich ihn töten sollen?«
    »Weil du vom Teufel besessen bist.«
    »Ich war doch erst neun Jahre alt.«
    »Der Inkubus liebt es, gerade in die Körper von Kindern zu fahren. Wenn es nicht gelingt, ihn auszutreiben, verrichtet er immer wieder sein höllisches Werk.«
    »Glaubt Ihr, dass ich immer noch von ihm besessen bin?«
    »Das glaube ich. Du musst nur von ganzem Herzen bereuen, was du getan hast.«
    »Ich bereue, dass ich Böses getan habe«, sagte Angelina. »Erbarme dich meiner, o Herr. Amen!«
    »Ich kann dich diesmal nicht von deiner Sünde lossprechen. Nur das Fegefeuer wird deine Seele reinigen.«
    Angelina hatte Brandgeruch in der Nase.
    »Wartet, ehrwürdiger Pater«, sagte sie. »Ich glaube, da war auch noch ein Feuer.«
    |368| »Mit dem Feuer wurde die Seele dieses unseligen Mannes gereinigt. Ich werde dir die Absolution erst erteilen, wenn auch du gereinigt bist.«
    »Aber wie soll ich das bewirken?«
    »Ich werde dir dabei helfen. Komm morgen zur gleichen Zeit wieder hierher. Dann wird alles vorbereitet sein.« Angelina war vollkommen verwirrt. Es stimmte nicht, was der Priester sagte,

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