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Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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geschehen war, wollte sie die beiden Männer gar nicht behelligen. »Aber wir werden es selbstredend bezahlen.«
    »Das kommt gar nicht in Frage«, entgegnete Bandocci. »Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich nicht zurück auf das Landgut gefahren! Gott sei Dank habt Ihr unsere Notvorräte gefunden.«
    Das, was sie zusammen mit Francesco erlebt hatte, erschien Angelina schon jetzt wie ein Traum.
    »Gott sei es gedankt, dass Ihr so klug gehandelt habt«, sagte Botticelli anerkennend. »Aber jetzt wird es Zeit, das wir hier fortkommen.«
    Bevor sie abfuhren, verschloss der Maler sorgfältig seine Werkstatt. Mit Wehmut blickte er zurück, als sie zum Wagen gingen. »Solange der schwarze Tod in der Stadt wütet, wird hier niemand mehr arbeiten«, verkündete er.
    Unterwegs kaufte Botticelli noch einige Lebensmittel ein. Sie beluden den Wagen mit Säcken und Körben, und Angelina setzte sich hinten zu den Waren, die beiden anderen nach vorn auf den Kutschbock. Francesco wurde auf eine Decke gebettet, ein Kissen stützte seinen Kopf. Während sie das bebaute Gebiet verließen und sich dem Fluss näherten, folgten ihnen die Klagen der Angehörigen von Sterbenden. Wenig später war die kleine Schar wieder auf dem Weg nach Grassina. Im Schutz der Dämmerung hatten sie die Stadt verlassen.
    Das Zirpen der Grillen wirkte beruhigend auf Angelina. Ab und zu schwirrte eine Fledermaus an ihnen vorüber. Sie horchte auf den Atem Francescos; er war bald nach ihrer Abreise eingeschlafen. |92| Spät in der Nacht erreichten sie das Anwesen der Scroffas. Die Bediensteten waren schon zu Bett gegangen, aber das Ehepaar Scroffa wachte noch und wartete auf die Gäste. Zwei schnell geweckte Diener trugen Francesco hinauf in eines der Zimmer. Angelina überzeugte sich davon, dass er gut versorgt wurde. Todmüde ging sie schließlich schlafen. Wie gut das Bett duftete! Wie weich es war und wie sauber!
     
    In den nächsten Tagen wich Angelina kaum von Francescos Seite. Sie legte ihm weiterhin Verbände mit zerdrückter Schafgarbe an und brachte ihm die besten Bissen von der Tafel. Bald waren die Wunden vollständig vernarbt, die blauen und grünen Flecken hatten sich zurückgebildet. Er konnte bereits kleinere Spaziergänge machen und an den gemeinsamen Mahlzeiten teilnehmen.
    Es wurde immer heißer. An jedem Morgen stieg die Sonne höher über die Weinberge und Wälder. Gegen Mittag bildeten sich Quellwolken, die sich allmählich verdunkelten und den ganzen Himmel verfinsterten. Am frühen Abend gingen heftige Gewitter nieder, doch der folgende Tag begann jeweils so klar und schön wie der vorige.
    An einem Mittag, kurz nach dem Essen, versammelte Matteo seine Familie und Gäste um sich. Sie saßen im Garten unter dem Lindenbaum, der seine Blüten schon abzuwerfen begann. Bienen summten in den Blumenbeeten. Bisher hatten die anderen nicht von dem Überfall auf Francesco gesprochen, um ihn zu schonen. Nun aber ergriff Matteo das Wort.
    »Was ist eigentlich genau geschehen an diesem Abend, Francesco?«, fragte er.
    »Ich kam von der Abendandacht im Dom«, erwiderte der Maler. »Es war schon dämmerig. Plötzlich standen einige Burschen wie aus dem Nichts vor mir und bedrohten mich mit Worten.«
    »Was sagten sie?«, wollte Eleonore wissen.
    »Sie beschimpften mich als Diener des Teufels, weil ich solche schmutzigen Bilder male. Ich erwiderte, dass meine Bilder jederzeit |93| den Blicken der Öffentlichkeit standhalten könnten. Und überhaupt ginge sie das nichts an.«
    Botticelli schnaufte, sein dicker rötlicher Schnurrbart zitterte.
    »Wer hat sich erdreistet, einen Maler meiner Werkstatt so übel zu verleumden? Das fällt auf mich zurück! Meine Werkstatt stellt ausschließlich gottgefällige Werke her!«
    Savonarola-gefällige, dachte Angelina, doch sie sprach es nicht aus.
    »Sandro, du widersprichst dir selbst«, warf Francesco ein. »Vorher hast du noch behauptet, die
Fanciulli
seien im Recht.«
    »Wer sagt denn, dass es
Fanciulli
waren?«, gab Botticelli zurück.
    »Offensichtlich hatte jemand beobachtet, dass Angelina mir Modell steht«, fuhr er fort. »Ich glaube fest, dass es
Fanciulli
waren, die ihre Aufgabe ein wenig zu ernst nahmen.«
    »Ein wenig zu ernst?«, fiel Lucas ein. »Francesco, du untertreibst fürchterlich. Sie hätten dich totschlagen können!«
    Francesco zuckte mit den Schultern.
    »Ja, du hast recht. Vielleicht waren es auch keine
Fanciulli
, die sind nicht als gewalttätig bekannt.«
    »Es geht auf jeden Fall

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