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Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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Klosterleben scheint dir zu bekommen.«
    »Ich habe mich hier eingefügt«, antwortete Angelina. »Doch des Nachts träume ich schlecht.«
    »Das ist auch nicht verwunderlich bei dem, was geschehen ist«, schaltete sich Lucas ein. »Du kannst froh sein, dass du hier bist.« Jetzt würde sie es gleich erfahren. Am liebsten hätte sie sich die Ohren zugehalten.
    »Uns geht es verhältnismäßig gut«, fuhr Lucas fort.
    Sonia seufzte. »Eleonores Tante hat sich zum Glück ihrer Kinder angenommen. Die Beerdigung fand übrigens in aller Stille statt.«
    Angelina begann zu weinen. »Ich hätte so gern an der Beerdigung teilgenommen«, schluchzte sie. »Aber ich wollte euch nicht in Gefahr bringen.«
    |244| Sonia legte tröstend ihren Arm um sie.
    »Das haben wir schon verstanden. Du kannst später einmal ihr Grab besuchen.«
    »Aber erst, wenn die Gefahr vorüber ist!«, rief Angelina.
    »Ich glaube fest daran, dass diese Zeiten nicht mehr fern sind«, sagte Lucas.
    Angelina wischte sich die Tränen aus den Augen.
    »Und was ist sonst noch geschehen?«, fragte sie. »Wie geht es Rinaldo, Pallina, Verena und Gratiosa?«
    »Die vier haben Arbeit in einer Tuchmanufaktur gefunden«, antwortete Sonia.
    »Gott sei Dank!«, entfuhr es Angelina.
    »Warum? Dachtest du, dass …«
    »Dass die Mädchen sich als Huren verdingen könnten, ja. Es erleichtert mich, zu hören, dass es ihnen gutgeht.«
    »Angelina, warum bist du weggegangen?«, fragte Lucas.
    »Woher wusstest ihr, wo ich jetzt lebe?«, fragte Angelina dagegen.
    »Rinaldo und Pallina konnten es nicht für sich behalten«, gab Sonia zurück. »Wir sind doch deine Freunde! Hätten wir es nicht wissen dürfen?«
    »Weiß es sonst noch jemand?«
    »Wir haben mit niemandem darüber gesprochen«, erklärte Lucas.
    »Ich bin weggegangen«, antwortete Angelina, »weil ich allen, die in meine Nähe kommen, Schaden, wenn nicht den Tod bringe.«
    »Hör auf, dir das einzureden, Angelina«, rief Sonia. »Du hast damit nichts zu schaffen. Lass dir berichten, was sonst noch geschehen ist.«
    Angelina saß in gespannter Erwartung da.
    »Gestern haben wir einen Brief bekommen«, begann Sonia. »Darin stand …«
    »Lass mich das erzählen«, unterbrach Lucas sie. »Ein Bote brachte diesen Brief. Wir bedienten gerade einige Kunden, Perpita spielte im Hinterzimmer, da trat dieser Bote ein, ein Junge aus gutem |245| Hause anscheinend, und übergab uns das Schreiben. Er fragte: ›Seid Ihr Lucas und Sonia Bandocci?‹ Auf unsere Frage, von wem der Brief sei, schüttelte er nur mit dem Kopf. Er kenne den Absender selber nicht, meinte er. Ein Freund hatte ihn gebeten, ihn zu überbringen.«
    »Was stand in diesem Brief?«, fragte Angelina, die ihre Ungeduld nicht mehr zügeln konnte.
    »Darin stand«, sagte Lucas, »dass dem Schreiber dieses Briefes wohlbekannt sei, dass wir beide eine schwere Sünde begangen hätten, jeder für sich und beide zusammen, dass diese Sünde aber nicht so schwer wiege, dass wir den Tod verdient hätten. Wir wurden aufgefordert, die Stadt zu verlassen. Andernfalls müssten wir mit dem Schlimmsten rechnen.«
    Das Blut wich aus Angelinas Kopf, sie fürchtete einen Augenblick, ohnmächtig zu werden.
    »Wer hat das geschrieben?«, rief sie aus. »Habt ihr die Schrift erkannt?«
    »Nein, sie war uns gänzlich unbekannt«, sagte Sonia. »Nach dem Lesen haben wir den Brief gleich ins Feuer geworfen.«
    »Und welche Folgerungen zieht ihr daraus?«, brachte Angelina mühsam hervor.
    »Wir haben uns lange darüber beraten«, meinte Lucas. »Sollten wir uns dem Willen dieses unverschämten Fremden beugen? Aber angesichts des Leides, das geschehen ist, haben wir uns entschlossen zu gehen.«
    Angelina hatte sich wieder gefasst. »Wohin?«, wollte sie wissen.
    »Nach Siena, da haben wir Verwandte und Freunde«, erklärte Sonia.
    »Wir werden dort einen Gemüseladen betreiben, wie in Florenz«, setzte Lucas hinzu. »Wir haben schon einen Käufer für den Laden gefunden.«
    Einerseits war Angelina traurig, dass die Freunde gingen, andererseits erleichtert, weil sie damit der unmittelbaren Gefahr entronnen waren. Sie sprachen noch eine Weile miteinander, bis die |246| Glocke zur Vesper rief, dann verabschiedete sich Angelina von den beiden.
    »Schreibt mir, sobald ihr in Siena seid«, bat sie. »Aber sprecht mit niemandem über euren heutigen Besuch!«
     
    Kurz nach Mitternacht erwachte Angelina. Gleich würde die Matutin beginnen, sie musste aufstehen und sich innerlich sammeln.

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