Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman
Arme.
»Meine Lena.« Laurenz hob sie hoch und drehte sie im Kreis. »Geht es dir gut?«, fragte er, nachdem er sie abgesetzt hatte.
»Ja«, antwortete sie außer Atem. »Und dir?
»Jetzt ja.« Er zwinkerte ihr zu.
»Ich hatte solche Angst, dass du es nicht schaffen würdest. Hast du etwas von Veronika gehört?«
»Leider nein.«
Fast hatte sie mit der Antwort gerechnet, doch nach wie vor die Hoffnung gehegt, dass ihre Tochter in Bremen vielleicht irgendwo aufgetaucht war.
»Aber etwas mehr Vertrauen darfst du mir schon entgegenbringen.« Er grinste schelmisch.
»Oh, das tue ich, aber wir haben die Ruhr, und ich hatte Angst, dass du dich angesteckt haben könntest.«
»Nein, habe ich nicht. Ich hörte schon davon. Wie schlimm ist es?«
»Es hat fast zwei Dutzend Leben gefordert, doch nun scheint die Krankheit eingedämmt.«
»Die armen Männer im Kerker. Ich kannte viele von ihnen – hoffentlich sind sie nicht unter den Opfern.« Laurenz’ Miene zeigte Bedauern.
»Nicht nur Männer, Laurenz. Auch eine Frau und zwei Kinder. Ein Wachtmeister aus dem Kerker hat die Krankheit mit zu seiner Familie gebracht.«
Lena streichelte ihm über den Kopf und schob eine seiner Haarsträhnen nach oben, die ihm in die Augen gefallen war, während er ihre Hand nahm und küsste. Thomas kam nun ebenfalls bei ihnen an und räusperte sich verlegen. Die beiden Männer nickten sich zu.
»Danke noch einmal für alles.« Damit reichte Laurenz ihm die Hand, und Thomas ergriff sie lächelnd. »Kommt«, sagte Laurenz. »Die Ratsherren warten. Wir sind durchgeritten und haben nur einmal gerastet, damit die Pferde etwas verschnaufen konnten.«
»Ich wusste gar nicht, dass du reiten kannst.«
»Nun ja, das eine oder andere Mal habe ich tatsächlich auf einem Pferd gesessen, doch nie so lange wie dieses Mal. Glaub mir, meinen Hintern möchtest du nicht sehen.« Er grinste, und Lena errötete.
Mindermann begrüßte sie freundlich. »Die kleine Späherin, die mir das Leben gerettet hat. Ich stehe tief in deiner Schuld.« Er verbeugte sich, wie es nur vor ehrbaren Frauen Sitte war.
»Ich bin ehrlich, ich tat es, weil ich euch für den Mörder hielt und weil ich meine Tochter zu finden hoffte.«
»Ich hörte es. Aber das schmälert deine Taten nicht.«
Lena wurde in ein Zelt geführt, das soeben fertig aufgebaut worden war, und erstarrte. Auch Ratsherr von Geestemünd war bei der Abordnung. Und dieses Mal erkannte er sie auf Anhieb.
Seine Miene zeigte augenblicklich tiefe Verachtung, und ein spöttischer Zug säumte seinen Mund. Die übrigen Ratsherren begrüßten Lena äußerst freundlich, und auch Erich von Geestemünd hatte sich schnell wieder unter Kontrolle und schloss sich dem Gruß an. Lena hielt Laurenz’ Hand fest umklammert. Ihr war übel, als die Erinnerung sie einholte.
»Nun erzähl uns, was du herausbekommen hast. Gibt es Beweise dafür, dass jenes Schriftstück eine Fälschung ist?« Bürgermeister Doneldey musterte sie aufmerksam.
»Ja, der Mann, der alles zu verantworten hat, ist auf der Burg des Grafen. Er hat Marie getötet, mir mein Kind genommen und diese Intrige gegen Ratsherrn Mindermann gesponnen.«
»Ludwig Hastedt, sagst du?«, fragte Mindermann nach.
Lena nickte. »So heißt er.«
Die Herren des Stadtrats sahen sich ratlos an. Keiner von ihnen kannte ihn oder hatte den Namen jemals zuvor gehört.
»Ich hatte gehofft, dass Laurenz den Namen nicht richtig übermittelt hat, aber es scheint nicht so. Vielleicht ist es nicht sein richtiger Name«, vermutete Mindermann. »Wenn er noch auf der Burg ist, sollten wir versuchen, ihn gefangen nehmen zu lassen. Am Ende bekommt er Wind von der Sache und sucht sein Heil in der Flucht.«
»Ich werde das veranlassen. Wartet auf mich.« Erich von Geestemünd verließ das Zelt, stieg auf sein Pferd und machte sich mit finsterer Miene auf den Weg.
Während sie auf ihn warteten, schenkte man Lena Wein ein.
»Weißt du, wo die gefangenen Ratsherren untergebracht sind?«, fragte der Bürgermeister.
»Im Bergfried. Ich selbst war noch nicht dort, aber ich weiß, dass ihre Speisen gut sind. Offenbar mangelt es den gefangenen Ratsherren und Edelleuten an nichts, außer der Freiheit.«
»Und kennst du vielleicht Namen von Ruhropfern?«
»Leider nein. Aber es soll eine Liste geben.«
»Danke, Lena. Ich werde einfach die überlebenden Gefangenen fragen, wenn sie wieder in Freiheit sind.«
Thomas konnte den Bürgermeister zu seiner Erleichterung beruhigen. Die
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