Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman
Mindermann. »Du hast was getan?«
»Wir haben Schulden, und der Graf hätte sie erlassen. Ich hätte Bremen für ihn verwaltet.«
»Und was wäre in deinem Plan aus den Bremern geworden, denen wir ihre Freiheit zugesichert haben, und was aus uns, dem Rat?«
Erich von Geestemünd schwieg.
»Du Schwein.« Mindermann war so außer sich, dass er Geestemünd ins Gesicht spuckte. Dieser ließ es über sich ergehen und senkte wortlos den Kopf.
»Das reicht.« Bürgermeister Doneldey erhob sich, und die anderen folgten seinem Beispiel.
»Bringt ihn in den Kerker«, wies er die Büttel an, die in der Tür warteten.
Diese ergriffen den Mann und schleppten ihn nach draußen.
»Wir hatten eine beschwerliche Reise. Lasst uns zu mir reiten. Dort essen wir etwas, schlafen uns aus, und morgen beraten wir, wie es weitergehen wird.«
»Ist Ludwig tot?«, fragte Lena mit zitternder Stimme. Wie sollte sie in diesem Fall ihre Tochter wiederfinden?
»Ja, er wird niemandem je wieder etwas antun«, bekräftigte Laurenz und nahm ihre Hand.
Die Frau des Ratsherrn und eine Magd mit einem Kind auf dem Arm erschienen an der Treppe, als die Gruppe des Bürgermeisters ebenfalls das Haus verlassen wollte. Stocksteif blieb Lena stehen und starrte auf das Haar des schlafenden Kindes. Es hatte die gleiche dunkle Haarfarbe wie ihre Veronika. Laurenz, der Lena an der Hand hielt, war ebenfalls stehen geblieben und folgte ihrem Blick. Lena spürte ganz deutlich, wie er sich plötzlich anspannte und ihre Hand drückte.
Mit fragendem Blick kam die Ratsherrin auf sie zu. »Ja?«
»Man sagte … sagte«, stotterte Lena, die ihre Augen nicht von dem Kind lassen konnte, das so friedlich in den Armen der Amme schlummerte. »Man sagte, dass Ihr keine Kinder habt.«
»Das ist richtig, doch sie ist eine Waise, und wir haben sie bei uns aufgenommen. Bitte verzeiht, aber wir müssen jetzt gehen.« Sie wollte sich an Lena vorbeidrängen, doch Laurenz hielt sie zurück.
»Halt!«, sagte er scharf, und in den Augen der Ratsherrin flammte Panik auf.
»Bitte …«, flehte sie und stellte sich schützend vor die Amme, die das Kind tiefer in die Decke hüllte.
»Lasst mich das Kind sehen«, sagte Lena. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Zitternd streckte sie die Hand nach der Decke aus, und die Amme wich einen Schritt zurück. Beherzt schob Laurenz die verzweifelte Ratsherrin zur Seite und hielt die Amme fest.
»Sie ist alles, was ich habe, alles, was mir geblieben ist, bitte lasst sie mir«, flehte die Ratsherrin weinend.
Lena achtete nicht auf die Worte, ging mit weichen Knien einen Schritt nach vorn und zog sanft die Decke herunter.
»Heilige Jungfrau Muttergottes!«, stammelte sie und streichelte den Kopf des Kindes, strich ihrer Tochter die Haare aus dem Gesicht. »Veronika«, hauchte sie.
Das Kind schlief friedlich weiter.
In diesem Augenblick kamen die Ratsherren ins Haus zurück, weil sie sich wunderten, wo Laurenz und Lena blieben. Erstaunt verfolgten sie das Geschehen.
Laurenz nahm das kleine Mädchen behutsam aus den Armen der Amme und reichte es Lena. Überglücklich schloss sie die Kleine in ihre Arme, die sich, immer noch schlafend, die Augen rieb. Tränen rannen Lena über das Gesicht. Ihr war es egal, ob die Männer sie weinen sahen. Außerdem waren es brave Männer.
Die Ratsfrau stand daneben und sah verzweifelt zu, wie Lena ihr Kind streichelte. »Er sagte, sie hätte niemanden mehr und hat Geld dafür verlangt.«
»Wer?«, wollte Mindermann wissen.
»Euer Bruder«, antwortete die Ratsfrau.
»Nicht nur dafür wird er in der Hölle schmoren.« Constantin Mindermann nahm die Ratsherrin tröstend in den Arm.
* * *
»Heirate mich«, sagte Laurenz. »Ich will nicht mehr warten, Lena. Ich liebe dich, und du liebst mich doch auch?«
Lena nickte, weil sie nicht sprechen konnte, ohne in Tränen auszubrechen.
Sie saßen in einem behaglich eingerichteten Zimmer im Haus des Bürgermeisters. Im Kamin prasselte ein wärmendes Feuer, und die Kienspäne brannten knisternd an den Wänden. Einladend sah auch das gemütliche Bett mit seiner Federdecke und dem weichen Kissen aus.
Lena hatte Veronika auf dem Schoß und wollte sie nie wieder loslassen. Zu schön war das Gefühl, sie zu fühlen, zu riechen und zu streicheln. Sie konnte ihr Glück kaum fassen.
Das Kind war aufgewacht, nachdem sie schon beim Bürgermeister angekommen waren. Mit großen Augen hatte es seine Mutter betrachtet, und nach einem Augenblick, in dem Lenas Herz drohte
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