Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman
und beruhigte ein wenig ihre flatternden Nerven.
Ratsherr Erich von Geestemünd saß kreidebleich mit gefesselten Händen und Füßen auf einem Stuhl. Angsterfüllt sah er ihnen entgegen, als sie die große Wohnkammer betraten.
Seine Frau war genauso bleich wie ihr Mann und gab einer Magd Anweisungen, ihre Sachen zu packen. Dann wandte sie sich an den Bürgermeister. »Ich werde mit meiner Tochter noch in dieser Stunde die Stadt verlassen. Ich hoffe, Ihr lasst mich gehen.«
»Nun ja, sicher könnt Ihr gehen, wohin es Euch beliebt, aber es drängt Euch niemand zur Hast. Vor morgen zur Mittagsstunde wird es nicht bekannt werden, was hier geschehen ist. Bis dahin könnt Ihr in Ruhe packen.«
Energisch schüttelte sie den Kopf. »Nein. Ich bin Euch dankbar für die Worte, aber je eher ich von hier und von diesem Menschen wegkomme, desto besser. Er hat große Schande über uns gebracht, und ich will nichts mehr mit ihm zu schaffen haben.«
Erich von Geestemünd starrte seine Frau aus großen Augen an. »Ich tat alles für dich und das Kind.«
»Nein, Erich. Du hast es für dich getan. Immer. Du bist ein schrecklicher Mensch, grob und unnachgiebig. Nun wirst du deine gerechte Strafe erhalten.«
Die Umstehenden sahen betreten auf den Boden, nur Lena blickte die Frau an. Sie konnte nachvollziehen, was sie mit grob meinte. Schließlich hatte sie es selbst erlebt, was er für ein Liebhaber war. »Wisst Ihr, wohin Ihr gehen könnt?«, fragte sie offen heraus.
»Ja, zu meiner Schwester und ihrem Mann. Dort ist immer ein Platz für mich.«
»Ich wünsche Euch viel Glück.«
»Danke, mein Kind.« Sie sah nun den Bürgermeister an. »Was für eine Strafe erwartet ihn?«
»Der Tod. Es wird kein leichter Tod werden, aber über die Umstände werden die Richter entscheiden.«
Wenn es möglich war, dass von Geestemünd noch blasser wurde, dann tat er es jetzt. Seine Augen quollen hervor, und er gab ein Röcheln von sich.
»Wir würden aber doch gerne wissen, wie alles zusammenhängt. Vielleicht gewähren wir dir einen schnellen Tod, wenn du uns alles erzählst.« Der Bürgermeister zog sich einen Stuhl heran und setzte sich dem Angesprochenen gegenüber.
Von Geestemünd nickte mit hängenden Schultern. »Nimm es nicht persönlich, Doneldey. Ich habe dich immer geschätzt, doch du wolltest um diese Bauern kämpfen, du wolltest zurück in die Hanse, und dagegen wurden immer mehr Stimmen laut. Für uns Kaufleute ist die Hanse auf der einen Seite gut. Wir verdienen aber mehr, wenn wir die Blockade der Hanse durchbrechen und dort verkaufen, wo sonst nichts mehr ankommt und wo man viel mehr für unsere Waren bezahlt. Mindermann …« Er blickte zu dem Ratsherrn, wandte sich aber schnell wieder dem Bürgermeister zu.
»Mindermann ist ein großer Redner, er kann Menschen überzeugen. Die Kaufmannsgilde hatte Angst, dass wir seinetwegen bald wieder zur Hanse gehören. Grade jetzt, wo wir diesen unsinnigen Krieg verloren haben.«
»Unsinnigen Krieg?« Constantin Mindermann war empört. »Wir haben für die Freiheit der Bauern gekämpft.«
»Denen es jetzt in Hoya viel besser geht!«
»Das können leere Versprechen des Grafen sein, wer weiß das schon, und hier bei uns wären sie frei gewesen.«
»Pah. Und die Hanse?« Herausfordernd sah von Geestemünd Mindermann an.
»Du vergisst, dass uns ein Zusammenschluss viel mehr Vorteile bringt. Diese Stadt besteht nicht nur aus Kaufleuten, die einen Vorteil daraus ziehen, die Ächtung der Hanse aufzugeben. Hier gibt es Bauern, Handwerker und so weiter.«
»Wie dem auch sei«, unterbrach der Bürgermeister den Disput. »Warum musstest du Bremen verraten? Das leuchtet mir nicht ein.«
»Weil ich Mindermann loswerden wollte.«
»Du verrätst deine Stadt wegen einem Mann?«
»Ja, auch wenn ich jetzt sehe, wie dumm es war.«
»Sehr dumm. Ich habe dich immer geschätzt. Aber der Verrat ist noch nicht alles. Ehe wir aus Hoya fortgeritten sind, war der Graf noch in unserem Lager.«
Von Geestemünd nickte. Er ahnte, was jetzt kam, ganz im Gegensatz zu Lena, die neugierig zuhörte.
»Willst du uns nicht sagen, was du ihm angeboten hast, als du das erste Mal nach Kriegsende dort warst, um angeblich um die Freilassung unserer Männer zu verhandeln?«
»Angeblich?«, fragte Laurenz und sog scharf die Luft ein.
»Ja«, bestätigte der Bürgermeister und sah von Geestemünd eindringlich an, bis dieser schließlich aufgab.
»Ich bot dem Grafen Bremen an.«
»Was?«, fragte Constantin
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