Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman
Danke, ich esse sie später.«
»Wie du möchtest. Ich nehme an, dass deine Brüste etwas größer geworden sind und sich voll anfühlen?«, frage Marie, während sie mit kundigen Fingern den gewölbten Bauch nach dem Kind abtastete.
»Ja, und sie sind empfindlich.«
»Du kannst dich wieder aufsetzen. Dir und deinem Kind geht es offenbar gut. Um es wegzumachen, ist die Schwangerschaft tatsächlich zu weit fortgeschritten. Es wäre ein zu großes Wagnis.«
Fast unmerklich begannen die Augen des Mädchens zu leuchten, während es sich aufrichtete. »Dann brauche ich jetzt keine Männer mehr zu empfangen?«
Jetzt wusste Marie, was Lena antrieb und warum sie nichts gesagt hatte. Offenbar war sie davon ausgegangen, dass Schwangere keine Männer empfangen müssten.
»Leider wird meine Antwort dich enttäuschen. Eine Schwangerschaft hält wenige Männer davon ab, bei einem Weib zu liegen. Einige Männer bevorzugen sogar schwangere Mädchen. Manche Mädchen haben dann nach dem Besuch ein Ziehen, als würden die Blutungen einsetzen. Wenn du so etwas spürst, lass es Frau Margarete oder mich wissen. Aber gut überlegt war es nicht, einfach zu schweigen, Lena.«
»Oh.« Lena wurde blass, und die Enttäuschung zeichnete sich deutlich auf ihrem Gesicht ab.
Marie überlegte einen Moment. »Komm, zeig mir geschwind deine Narben.«
Nachdem sie mit der Untersuchung fertig war, hatte sie auch schon einen Einfall. »Wir finden eine Lösung, wenn das Kind da ist«, sagte Marie.
»Danke.«
»Aber jetzt muss ich es Frau Margarete sagen, und sie wird sicher nicht erfreut sein.«
Lena sah zu Boden, und ihre Haare fielen ihr vors Gesicht. »Was wird mit mir geschehen, wenn das Kind da ist? Und was wird mit dem Kind?«
»Du kannst vielleicht weiterhin hier arbeiten, dein Kind würde bei euch aufwachsen, wie die von Waltraud und Angelika. Oder vielleicht könntest du es zu deiner Mutter bringen?«
»Nein.« Lena richtete sich auf. »Selbst wenn meine Mutter noch lebt, was ich inständig hoffe, so kann sie es sicher nicht nehmen. Mein Stiefvater würde es eher totschlagen.«
Sie schluckte, und Marie empfand Mitleid. Lena wirkte so zart und passte überhaupt nicht zu den anderen Mädchen. Dennoch war sie gleichzeitig so stark, wenn es darauf ankam. Die meisten Mädchen wurden im Laufe ihres Hurendaseins hart, Lena offenbar nicht. Tapfer und mutig ja, aber in ihrem Inneren bewahrte sie sich etwas Zerbrechliches.
* * *
Einige Wochen später klopfte es am frühen Morgen an Maries Tür. Schlaftrunken öffnete sie. Vor ihr stand eine keuchende Dorothea.
»Es tut mir leid, Marie, aber Frau Margarete schickt nach dir. Du sollst sofort kommen. Es geht um Lena.«
Marie war sofort wach. »Was ist mir ihr?«
»Sie schreit vor Schmerzen und hat Fieber.«
Beim Eintreten in das Hurenhaus empfing Frau Margarete sie mit einer Decke um die Schultern, zerzaustem Haar und geröteten Lidern.
»Komm gleich mit.« Damit eilte sie voraus in Lenas Kammer, vor der sich einige Mädchen ebenfalls schlaftrunken, aber mit besorgten Gesichtern versammelt hatten.
Lena bot einen erbärmlichen Anblick. Ihre Haare waren schweißnass, die Lippen blass, tiefe Ringe lagen unter ihren Augen, und sie hatte ihre Fäuste in die Decke verkrallt. Zu hören war nur ein leises Wimmern.
»Ich untersuche sie sofort.« Besorgt setzte sich Marie auf die Bettkante und strich Lena behutsam über die feuchte Stirn. Sie war heiß, kleine Schweißperlen hatten sich darauf gebildet. Das konnte bedeuten, dass das Fieber bereits sank.
»Lena, hörst du mich?«
Das Mädchen schlug die Augen auf, die riesig in den dunklen Höhlen lagen. Das deutete darauf hin, dass sie seit einiger Zeit Schmerzen hatte. Lena nickte kaum merklich.
»Wo tut es dir weh?«
Lena deutete auf ihre Scham, die unter der Decke verborgen war. Dabei rutschte ihr Ärmel ein Stück nach oben und gab den Blick auf ihre Haut frei. Sie war voller Pusteln.
Marie drehte sich zu Dorothea und Margarete um. »Geht bitte hinaus.«
Dorotheas Blick ruhte ebenfalls auf Lenas Arm, und sie verließ rückwärts laufend den Raum. Nachdem die beiden die Tür von außen geschlossen hatten, zog Marie die Decke zurück.
»Nun zeig mir noch einmal, wo der Schmerz sitzt.«
Lena tippte auf den Hügel ihrer Scham.
»Nur da?«, wollte Marie wissen.
»Ja.«
»Seit wann?«
»Seit ein paar Tagen.«
»Und das Fieber?«, fragte Marie weiter, während sie sich die Pusteln auf der Haut genauer ansah.
»Gestern
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