Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom
Haus aufsuchte.«
»Fünftausend Dukaten«, sagte Sandro. »Als ich Ranuccio damit konfrontierte, dass ich über Maddalenas Besuch in seinem
Haus im Bilde war, war er so überrascht gewesen, dass er mir schnell die Lüge auftischte, die schon mein Vater und die anderen ›Kunden‹ Maddalenas gebrauchten, einschließlich Ihr, Eminenz: die Lüge vom Hurenlohn.«
Sandro schnürte einen der Geldsäcke auf, holte eine Handvoll Münzen hervor und ließ sie klimpernd auf das Bett fallen. »Gewissermaßen bin ich selbst schuld daran, dass diese Lüge überhaupt entstehen konnte. Bei meinem ersten Gespräch mit Euch beging ich den Fehler, danach zu fragen, wie viele Denare Ihr Maddalena bezahlt habt. Denare, Silbergeld! Meine Frage basierte auf der Kundenliste, die alle Beträge mit ›D‹ abkürzte. Ich ging völlig selbstverständlich von Denaren aus, weil die Annahme, Maddalena sei von jedem Kunden mit fünftausend oder siebentausend Dukaten bezahlt worden, außerhalb meiner Vorstellungskraft lag – auch später noch, als ich eine Erpressung in Betracht zog. Schon fünftausend Denare sind ein stolzer Betrag, aber dieselbe Summe in Dukaten ist ein Vermögen. Mein Fehler verschaffte Euch die Gelegenheit, eine Lüge zu stricken, die dazu diente, die wahre Bestimmung des Geldes zu verbergen.«
»Ich muss Euch leider beipflichten, lieber Carissimi. Da habt Ihr gepfuscht. Nach Eurem Besuch informierte ich in aller Eile die anderen betroffenen Personen, dass ihre Namen auf einer Liste standen, die Maddalena ohne mein Wissen geschrieben hatte. Ich gab die rettende Losung aus, dass jeder zugeben müsse, zu einer früheren Zeit, als sie noch nicht die Geliebte des Papstes war, ihre Dienste in Anspruch genommen zu haben. Die tatsächlich in Dukaten bezahlte Summe sollte einfach als Denare angegeben werden. So gab Euer Vater – der in Wahrheit moralisch untadelig ist – zu, siebentausend Denare Hurenlohn bezahlt zu haben, obwohl es natürlich Dukaten waren und damit alles andere als ein Hurenlohn.«
»Er war sogar bereit, sich von mir, seinem Sohn, als Ehebrecher
hinstellen zu lassen, nur um die Wahrheit zu verbergen. Und die firmiert unter der Bezeichnung ›Augusta‹.«
Quirini seufzte, als müsse er sich von einem lieb gewordenen Gegenstand trennen.
»Als ich Euch, lieber Carissimi, neulich sagte, Maddalena sei intelligent gewesen, war das noch untertrieben. Sie war die raffinierteste Frau von ganz Rom, ohne dass es jemand bemerkt hätte. Selbst ich begriff es erst, als sie schon seit Wochen meine Nächte begleitete. Ich erwählte Maddalena zu meiner Geliebten, weil sich Bruder Massa für sie interessierte – vermutlich hätte ich auch mit einer Ziege geschlafen, wenn ich Massa damit hätte eins auswischen können. Aber ich behielt sie als Geliebte, weil die Verbindung von Schönheit, Klugheit und Ehrgeiz einen starken Reiz auf mich ausübte. Unsere Beziehung, die anfangs sehr körperlich geprägt war, erweiterte sich, und bald schon kam es mir vor, als sei Maddalena – wie soll ich sagen? – mir ebenbürtig. Sie für immer als meine Konkubine zu halten, wäre geradezu ein Verbrechen gewesen. Als sie wünschte, den Papst kennenzulernen, arrangierte ich, dass sie auf eines seiner berühmten Feste gelangte, obwohl ich wusste, was sie vorhatte. Ihr Plan gelang: Julius verfiel ihr. Das bedeutete das Ende unserer körperlichen Beziehung, markierte jedoch den Anfang einer äußerst fruchtbaren Partnerschaft, wie sich bald herausstellte.«
»Sie schlug Euch ein Geschäft vor«, sagte Sandro.
»Und was für eines. Ich Esel war anfangs skeptisch, denn die Idee schien mir zu fantastisch zu sein. Maddalena plante, mich im Falle des Todes des nicht mehr jungen Papstes Julius als Nachfolger ins Spiel zu bringen. Sicher erzähle ich Euch nichts Neues, lieber Carissimi, wenn ich sage, dass man dafür entweder über hervorragende Beziehungen oder hervorragende Geldmittel verfügen muss, am besten beides. Ich konnte mit keinem von beidem aufwarten. Maddalena schlug mir vor,
eine ausgewählte Riege reicher oder adeliger Personen anzusprechen, die mir Geld zur Verfügung stellten, um beim nächsten Konklave mit klingender Münze um Stimmen für mich zu werben – wir müssen das, glaube ich, nicht näher erläutern.«
»Müssen wir nicht«, pflichtete Sandro bei, der nicht so naiv war, zu glauben, dass Papstwahlen in diesen Zeiten ohne Bestechung vonstatten gingen.
»Im Gegenzug«, fuhr Quirini fort, »würden die entsprechenden
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