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Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom

Titel: Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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der eigentlich Antonia und Gott ihren Platz hätten haben sollen. Er war darüber hinweg. War er das? Die Gerüche waren stark genug, das Verlangen in ihm zu wecken. Jedesmal jedoch, wenn er einem der Fässer zu nahe kam, sagte er sich, dass er nicht mehr weglaufen wollte und dass der Wein für ihn eine Form des Weglaufens gewesen war. Er hätte sich auch in einem der anderen Kellerräume verborgen halten können, wo es keine Versuchung gab, aber er hatte sich bewusst für diesen Raum entschieden, weil er sich hier etwas beweisen konnte. Es würde nur ein kleiner, winzig kleiner Anfang für einen neuen Sandro sein. Aber ein Anfang.
    Er hörte Stimmen, die, verzerrt durch die Entfernung und die Gewölbe, zu ihm drangen. Die Worte konnte er nicht verstehen, doch es war eindeutig, dass sie von Forli und Francesca stammten.
    Als sie leiser wurden, verließ er sein Versteck und schlich auf Zehenspitzen die Kellertreppe hinauf, an deren Ende er verharrte. Nach einer Weile hörte er Geräusche von der Art, wie er sie erwartet hatte: leises, dumpfes Klopfen, wie es von
hölzernen Gegenständen kommt, die man auf Steinböden abstellt; dann Schritte, leises Stöhnen einer Anstrengung. Erneut wurde ein hölzerner Gegenstand abgestellt.
    Er verließ den Dienstbotentrakt, warf einen vorsichtigen Blick in den Wohnraum, der menschenleer war, ließ noch einen Moment verstreichen und schlich dann bis zur Tür von Maddalenas Schlafgemach.
    »Ich nehme nicht an«, sagte er zu der Zofe, die das Bild abgehängt hatte, auf einem Stuhl stand und gerade dabei war, die Münzsäcke aus dem Geheimfach zu holen, »dass Ihr vorhabt, dort oben zu putzen.«

32
    Francesca saß zusammengesunken auf ihrem Stuhl und wich jedem Blick – insbesondere dem von Forli – aus, so als säße sie auf einer Anklagebank, und obwohl sie sich auf der sonnigen Terrasse der Villa befanden, traf diese Beschreibung durchaus zu. Die Zofe Filomena stand abseits. Zwar war sie es gewesen, die versucht hatte, die Goldsäcke aus dem Geheimfach zu entnehmen, um sie unter ihren weiten, dicken Röcken zu verbergen. Dennoch war Sandro und Forli klar, dass sie nur im Auftrag Francescas gehandelt hatte.
    »Ranuccio hat mich dazu gezwungen«, sagte Francesca. »Seit einigen Tagen ist er noch reizbarer als früher. Heute Morgen, kurz bevor wir zu Sebastianos Beerdigung gefahren sind, kam er zu mir. Er erklärte mir, was ich für ihn tun müsse, sprach vom Geheimfach in dieser Villa, vom Geld … Ich verstand ihn zunächst nicht. Ich sagte, dass wir zu Sebastianos Beerdigung gehen und dass ich an nichts anderes denken könne. Da wurde er wütend und schrie mich an, dass ich keine Ahnung
hätte, was für die Familie auf dem Spiel stünde, dass es um Reichtum oder Armut, um alles gehe. Und dann versprach er mir …« Sie schluckte und wandte ihren Kopf in Forlis Richtung, ohne ihn jedoch anzusehen. »Dass er mich freigeben würde, falls ich es wünsche. Wenn ich das für ihn täte, dann würde er mich demjenigen zuführen, den ich wollte.«
    Diese Frau, der man nicht mehr zutraute, noch ungeweinte Tränen in sich zu haben, weinte.
    »Ich wusste von nichts«, schluchzte sie. »Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was es mit diesem Geld auf sich hat, wieso ich es stehlen sollte … Welche Wahl hatte ich denn? Mein Gott, Sebastiano ist tot, und mir liegt nur noch an einem einzigen Menschen auf der ganzen Welt. Ich dachte, ich will fort aus diesem Haus, ich will Ranuccio nie wiedersehen, ich will …«
    Francesca wankte auf dem Stuhl, sah Forli an, und Forli kam und stützte sie. Ihre Blicke begegneten sich. Dann sank ihr Kopf auf seine Schulter. Die Zofe richtete sie wieder auf, und Forli kniete hilflos daneben, unschlüssig, was er sagen oder tun sollte. Sandro ging zu ihm, zog ihn sacht auf die Beine und führte ihn einige Schritte weiter.
    »Ich glaube ihr, Forli«, flüsterte Sandro, und die Dankbarkeit, die sich in diesem Moment in Forlis Augen zeigte, war herzerweichend. »Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass sie nicht die Wahrheit sagt. Was sollte Donna Francesca mit fünftausend Dukaten zu tun haben, mit Geld, das ihr nicht gehören und von dem sie unmöglich etwas wissen kann – es sei denn, der Eigentümer des Geldes erzählt ihr davon.«
    »Ranuccio«, sagte Forli.
    »Ranuccio«, bestätigte Sandro. »Der Versuch Donna Francescas, mithilfe ihrer Zofe – und unter Ausnutzung Eurer Zuneigung zu ihr – an das Geld zu kommen, ist bereits der dritte dieser Art.«

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