Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom
eingeweiht, Forli. Alles, was davor war, war echt.«
»Das kann ich bestätigen«, sagte Quirini. »Ranuccio hat tagelang gehofft, die Bewachung der Villa würde aufgehoben. Erst als er nach dem Tod Sebastianos begriff, dass die Villa auf absehbare Zeit gesperrt würde, und er dann auch noch das Gerücht hörte, die Villa würde bald in ein Waisenhaus umgewandelt, griff er zum letzten Trumpf, weihte seine Schwester ein und zwang sie zu diesem kleinen Verrat. Sie tut mir leid. Sie hat so viel durchgemacht und hätte es verdient, zu jemandem wie Euch zu finden, Hauptmann, der gut zu ihr ist.«
Diese Worte versöhnten die beiden Streithähne Quirini und Forli miteinander. Forli ging festen Schrittes auf die Terrasse und sprach ein paar Worte mit Francesca, woraufhin sie aufstand und seine Hände ergriff. Sie kamen sich sehr nahe, und nur der gesellschaftliche Anstand verhinderte, dass sie ihm um den Hals fiel – oder umgekehrt.
Sandro verfolgte die Szene aus dem Schlafraum und lächelte.
»Er soll sich nicht zu früh freuen.« Quirinis Stimme brach eiskalt dazwischen. »Ihm ist nicht klar, dass er Donna Francesca nur gewinnen kann, wenn er ein Druckmittel gegen Ranuccio hat. Dieser Bursche ist durch und durch kalt und berechnend. Der kümmert sich einen Dreck um Gefühle.«
Sandro stimmte dieser Beschreibung seines künftigen Schwagers zu. »Seine plötzliche Sorge um Francesca und der Vorschlag, Forli solle sie aufheitern, kamen mir arg verdächtig vor. Da mir klar war, dass die fünftausend Dukaten im Geheimfach in Wahrheit die fünftausend ›Denare‹ waren, von denen Ranuccio mir erzählt hatte, lag der Schluss nahe, dass er dieses Geld zurückholen wollte – auch um den Preis, die
Gefühle seiner Schwester und Forlis auszunutzen. Jede Form menschlicher Wärme ist Ranuccio fremd.«
»Und sie wird ihm auch künftig fremd sein. Wenn Forli jedoch etwas gegen Ranuccio in der Hand hätte … Die fünftausend Dukaten, beispielsweise. Wenn Ihr sie Ranuccio aushändigt und wenn Ihr über Eure Entdeckungen schweigt … Ranuccios Zustimmung zu einer Heirat Forlis mit seiner Schwester wäre nur die kleinste Form der Dankbarkeit. Mit meiner könntet Ihr ebenfalls rechnen.«
Sandro überdachte die Situation. Was wäre gewonnen, Quirinis Plan dem Papst zu enthüllen? Julius selbst hatte keine Nachteile durch Quirinis Aktivitäten, denn sie betrafen eine Zeit nach Julius’ Tod. Die Einzigen, denen Quirini schadete, waren Massa und seine Verbündeten, und zu denen hatte Sandro nicht gerade ein herzliches Verhältnis. Massa hatte gehörig intrigiert, er hatte Beweismittel fingiert und ausgestreut und Quirini damit einen Schlag versetzt. War es nicht eine Form von ausgleichender Gerechtigkeit, wenn Sandro im Gegenzug Quirini gewähren ließ? Und was wären die Folgen, wenn er alles dem Papst offenlegen würde? Quirini würde gezwungen werden, die Dukaten zurückzuzahlen und seinen Stuhl in der Apostolischen Kammer zu räumen. Doch er bliebe Kardinal – und wäre Feind Nummer zwei für Sandro. Und schließlich: Forli und Donna Francesca wäre die Heirat versagt. Alles schien dafür zu sprechen, Quirinis Vorschlag zu folgen, mit Ausnahme eines sehr simplen Fakts: Sandro würde zum ersten Mal Partei ergreifen, zum ersten Mal seine Neutralität im Vatikan aufgeben. Sandro würde, wenn schon nicht lügen, so doch die Wahrheit zurückhalten und damit ein Teil von Quirinis Fraktion werden, auch wenn er das gar nicht wollte.
Es war ihm unmöglich, sofort eine Entscheidung zu fällen.
»Verschieben wir dieses Gespräch, Eminenz. Ich muss mich jetzt auf anderes konzentrieren, denn ich habe zwar eine kleine
Verschwörung aufgedeckt, aber noch keinen Mörder gefunden. Das möchte ich so schnell wie möglich nachholen.«
Quirini wandte sich ab und schritt durch das Schlafgemach in Richtung der Terrasse, und kurz bevor er sie erreichte, rief Sandro ihn noch einmal zurück.
»Eine Frage noch, Eminenz. Sebastiano … Welches Amt hätte er von Euch für zwölftausend Dukaten erhalten?«
»Wieso zwölftausend? Ranuccio zahlte nur fünftausend.«
»Aber mein Vater – er zahlte siebentausend. Das macht zusammen zwölftausend. Das Geld war doch wohl für Sebastianos Karriere gedacht. Ich meine, nicht nur Ranuccio, sondern auch Bianca und Alfonso selbst hätten ja durchaus von einem Bischof Sebastiano Farnese profitieren können.«
Quirini lächelte. »Ihr glaubt, Euer Vater sei auf Gefälligkeiten Sebastianos aus gewesen, auf
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