Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom
umständliche Kleider trägt. Ich wette, dass, wenn wir unter ihren Oberkleidern nachsehen würden – was wir selbstverständlich nicht tun -, einige eingenähte Taschen zum Vorschein kämen.«
»Und die Geschichte, die Sebastiano Euch erzählte, hat er erfunden? Was war das überhaupt für eine Geschichte?«
Sandro war der Überzeugung, dass Sebastiano die Geschichte nicht erfunden hatte, denn sie deckte sich mit der Beichte des Papstes. Es war wohl eher so gewesen, dass Sebastianos Beobachtungen einen hervorragenden Grund abgaben, ihn, Sandro aufzusuchen, und auch dazu geeignet waren, ihn von der Spur, die zu Quirini und dem Geld führte, abzulenken. Unter normalen Umständen – wenn also Sebastiano nicht selbst in etwas verwickelt gewesen wäre – hätte er seine Beobachtungen an der Pforte, unter dem Druck von Massas Drohungen, wohl für sich behalten. So aber ignorierte er die Drohung und suchte Sandro auf.
Obwohl Sandro es nicht wollte, musste er Forli anlügen,
denn Julius’ Besuch in Maddalenas Villa in der Mordnacht unterlag dem Beichtgeheimnis.
»Eine ganz und gar verworrene Geschichte«, antwortete Sandro. »Wie Ihr schon sagtet: Sie war erfunden. Darum sollte sie uns nicht weiter beschäftigen.« Sandro bekreuzigte sich im Geiste und kehrte sofort wieder zur Wahrheit zurück. »Nachdem Sebastiano in den Vatikan zurückgekehrt war, wurde er vom Prior für einige Verfehlungen gemaßregelt und erhielt Ausgangsverbot. Das machte es ihm unmöglich, seinem Bruder Bericht zu erstatten, und als Quirini zu ihm vordringen wollte, hielt der strenge Prior ihn davon ab. Erst der Abend der Verlobungsfeier bot Sebastiano Gelegenheit, mit Ranuccio zu sprechen.«
Aus dem Hintergrund kam Applaus, ein langsames, respektvolles Klatschen. Kardinal Quirini stand in der Tür. Seine Miene war unbewegt.
Sandro hatte gleich nach Aufdeckung des versuchten Diebstahls durch Francesca und die Zofe eine Wache in den Vatikan geschickt, die Quirini bitten sollte, sofort in die Villa zu kommen. Er hatte der Wache eingeschärft, Quirini keinesfalls zu begleiten, damit nicht der Verdacht entstand, er werde abgeführt – der arme Mann war schon angeschlagen genug.
»Alle Achtung, lieber Carissimi«, sagte er. »Ich wünschte, Ihr hättet die Ermittlungen ganz allein geführt, dann müsste ich mich seit gestern nicht gegen absurde Vorwürfe verteidigen.« Quirini ignorierte Forli geflissentlich, aber es war un überhörbar, dass er auf ihn angespielt hatte.
»Daran seid Ihr nicht unschuldig, Eminenz«, verteidigte Sandro den Hauptmann. »Eure Heimlichkeiten waren ein guter Nährboden für fehlerhafte Annahmen.« Sandro näherte sich dem Kardinal, bis ihre Körper sich fast berührten. »Ihr seid die Schlüsselgestalt eines verzwickten Geschäfts, in dem es um sehr viel Geld und noch mehr Macht geht, und erst
diese Tatsache hat Euch in die schwierige Lage gebracht, in der Ihr Euch derzeit befindet. Ich rate Euch dringend, ab jetzt mit mir …«
»Eure Ermahnungen sind überflüssig, lieber Carissimi. Die Sache ist mir entglitten, darüber bin ich mir völlig im Klaren.« Er warf einen Blick zur Terrasse, wo Francesca noch immer mit der Zofe dasaß und in ein Tuch schnäuzte. »Es ist besser, wir reden hier. Schlimm genug, dass Donna Francesca wider Willen in diese Angelegenheit verwickelt wurde. Es ist besser, die Details werden ihr erspart.«
Sandro war einverstanden, und Quirini setzte sich auf den Stuhl unterhalb des Geheimfachs und schlug die Beine übereinander. »Was wollt Ihr wissen, lieber Carissimi?«
Quirini redete wie üblich ein bisschen von oben herab. Die vergangenen Tage, vor allem das gestrige Verhör und die Anklage durch Forli, hatten Spuren in seinem Gesicht hinterlassen, aber seinen Habitus hatte er beibehalten. Er war noch immer der Oberste Kämmerer der Apostolischen Kammer, ein Kardinal, und wenngleich er eine oder zwei Schlachten verloren hatte, war er noch nicht endgültig besiegt. Sandro konnte Quirinis momentane Gedankengänge geradezu mitverfolgen, und er sah voraus, welches Angebot Quirini ihm am Ende des Gesprächs machen würde.
»Fangen wir mit diesem Geld dort an«, sagte Sandro und wies auf die Münzsäcke, die auf dem Bett lagen. »Es gehört Ranuccio Farnese?«
Quirini nickte. »Das ist richtig. Ursprünglich gehörte es Eurem Vater, lieber Carissimi, der es Ranuccio als Mitgift gegeben hat. Und Ranuccio hat es dann Maddalena gegeben, und zwar am Abend ihres Todes, als sie ihn in seinem
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