Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom

Titel: Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
Vom Netzwerk:
hielt, waren kleine rote Punkte zu erkennen. Antonia berührte einen davon.
    »Das ist Blut«, stellte sie fest. »Es ist noch zähflüssig, also nicht alt. Und sieh mal, dort drüben liegt etwas unter dem Bett. Es ist ein – ein …«
    Sandro griff danach. Es war ein Dolch, die Klinge mit etlichen roten Sprenkeln übersät. »Wir kommen zu spät«, seufzte er, und daraufhin entstand eine beklemmende Stille.
    Forli deutete auf weitere Blutflecke im Zimmer und auch im Treppenhaus. Sie verfolgten die grausige Spur schweigend, die Treppe hinunter bis auf die Gasse, wo sie sich zu verlieren schien. Sandro leuchtete auf das Pflaster, und Carlotta entdeckte einen weiteren Blutfleck ein paar Schritte entfernt, und dann noch einen und noch einen. Die Spur führte in Richtung des Tibers, und sie endete nach nur zwei Biegungen an dessen Ufer, nicht weit von der Stelle, wo Sebastiano ermordet worden war. Während Forli und Carlotta die Uferstraße mithilfe von Sandros Fackel nach Süden und Norden hin absuchten, verharrte Sandro mit gesenktem Kopf neben dem letzten gefundenen Blutfleck – dicht vor dem Fluss, der mächtig aus der Dunkelheit kam und wieder darin verschwand.
    Antonia blieb hinter Sandro stehen. Sie hätte ihn jetzt gerne berührt, gerne getröstet, aber sie verstand, dass es solche körperliche Vertrautheit zwischen ihnen nicht mehr geben durfte,
wenn diese fragile Freundschaft, dieses Gleichgewicht aus Anziehung und Distanz zwischen ihnen, Bestand haben sollte.
    »Es ist nicht deine Schuld«, sagte sie.
    Er antwortete nicht, bewegte sich nicht. Seinen Kopf hielt er gesenkt.
    Sie machte einen Schritt auf ihn zu. »Weißt du, wer es getan hat?«
    Jetzt sah sie, dass er nicht zu Boden blickte, sondern den Dolch in seiner Hand betrachtete, den Dolch aus Porzias Zimmer. Das schwache Mondlicht ließ eine Gravur auf dem Knauf erkennen, die Initialen AC.
    »Sie sollen zusammenkommen«, flüsterte er. »In zwei Stunden in Maddalenas Villa.«
    »Wer?«, fragte sie. »Wer soll zusammenkommen?«
    Er wandte sich ihr zu. »Alle.«

35
    Seine Heiligkeit Julius III. und Bruder Massa trafen als Erste ein, aber es war natürlich undenkbar, dass man sie wie gewöhnliche Verdächtige zwischen den anderen platzieren würde. Ihre Anwesenheit wurde schlicht unterschlagen, indem Sandro sie in Maddalenas Schlafgemach unterbrachte. Die Tür zur Wohnhalle blieb einen Spaltbreit geöffnet, sodass sie alles verstehen würden, was vorging, ohne selbst von den anderen gesehen zu werden. In Abständen kamen Signora A und ihr Sohn Milo, Ranuccio und Francesca Farnese, Alfonso, Elisa und Bianca Carissimi sowie Kardinal Quirini in der Villa an, wo sie sich auf den im Raum verteilten Stühlen niederließen.
    Es war ein seltsamer Reigen von Gestalten, der an diesem späten Abend in einem einzigen Raum zusammenkam.
Fromme Damen und Huren, Trunkenbolde und Geschäftsleute, Kardinäle und arme Schlucker. Sandro ließ es sich nicht nehmen – Antonia und Carlotta an seiner Seite – jeden Einzelnen zu begrüßen und ihm für das Kommen zu danken. Die meisten waren allerdings alles andere als gern gekommen, manche sogar widerwillig. Wie ihm die päpstlichen Wachen berichtet hatten, hatte man Elisa aus dem Gebet gerissen, Ranuccio vom Weinbecher getrennt, eine von Francescas gesundheitlichen Krisen unterbrochen und Signora A von einer lebhaften Sommernachtsveranstaltung im Teatro fortgeholt. Bianca hatte, ohne Elisas Wissen, eine weitere Kleiderprobe vor dem Spiegel ihres Zimmers absolviert, Quirini und Sandros Vater hatten bereits geschlafen, und Milo war von einem Abendspaziergang zurückgekommen. Keiner von ihnen – außer der Signora auf ihrer Feier – war in Gesellschaft gewesen, als die Wachen sie aufforderten, in die Villa zu kommen.
    Ranuccio regte sich am meisten von allen auf. Er war angetrunken und ausgesprochen reizbar und zog Francesca an der Hand hinter sich her, als wäre sie ein störrischer Esel. Elisa verweigerte Sandro den Blickkontakt, und als sie Antonia sah, presste sie das Taschentuch vor das Gesicht, stieß einen empörten und gequälten Seufzer aus und schoss an ihnen beiden vorbei.
    Zwei Personen des Abends waren unpassend gekleidet. Die eine war Sandros Schwester Bianca, der die baldige Heirat mit einem Farnese offensichtlich zu Kopf stieg und die die Sitzung wohl mit einem Kostümball verwechselte, denn sie sah aus wie eine Mischung aus Katharina von Medici und Kleopatra, und sie fand »die Idee zu dieser Veranstaltung

Weitere Kostenlose Bücher