Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom

Titel: Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
Vom Netzwerk:
etwas.«
    »Ich weiß es nicht. Zumindest war er aufgewühlt genug, um am Abend der Verlobungsfeier umgehend seine geliebte Schwester aufzusuchen. Er zeigte ihr die Ohrringe und stellte sie zur Rede. Vielleicht leugnete sie anfangs, aber schließlich, so glaubte sie, wäre es besser, Sebastiano einen Teil der Wahrheit zu gestehen. Sie offenbarte ihm ihr nächtliches Treiben in der Hoffnung, er werde Verständnis für sie haben. Seine Reaktion überraschte sie: Er forderte sie auf, ihre Ausflüge einzustellen.«
    »Er fürchtete wohl den Skandal, wenn es herauskäme. Seine geplante Kirchenkarriere wäre schwer beschädigt worden.«
    »Möglich. Aber ich tendiere zu der Auffassung, dass es ihm hauptsächlich um Francescas Wohl ging. Er sah die Probleme bei einer Schwangerschaft Francescas voraus, die gefährliche Prozedur bei einer Engelmacherin, eventuelle Gewalttätigkeiten eines Kunden. Also stellte er Francesca vor die Wahl, ihr Treiben zu beenden, andernfalls würde er sich an Ranuccio wenden. Hauptmann Forli unterbrach das Gespräch. Er hörte noch, wie Sebastiano sagte, dass ihm keine Wahl bleibe, dass er es tun müsse und dass er nie gedacht hätte, einmal in eine furchtbare Lage wie diese zu kommen. Er meinte natürlich die Lage, Francesca, die geliebte Schwester, zu erpressen. Unglücklicherweise passte dieses Bruchstück eines Gesprächs hervorragend in die Version, die Donna Francesca uns später erzählte, die Lügenversion von Sebastianos bedrohtem Leben.«
    »So eine« – Angelo fehlten die Worte – »unverschämte Person«, presste er hervor.
    Sandro lächelte müde. »Geh nicht zu hart mit ihr ins Gericht«,
sagte er ironisch. Er wollte weiteren Nachfragen Angelos vorbeugen und schloss die Geschichte darum schnell ab.
    »Sebastiano ging am späteren Abend, kurz bevor er aufbrechen wollte, noch einmal zu seiner Schwester. Sie hat Sebastianos Drängen zum Schein nachgegeben, und er ging in dem Glauben, sie überzeugt zu haben. Sein bevorzugter Weg war ihr bekannt. Jetzt kam es auf Zeit an. Sie zog sich eilig um, rannte, so schnell sie konnte, und es gelang ihr, Sebastiano am Tiberufer abzufangen.«
    »Und nach der Tat durchsuchte sie die Kleidung des noch warmen Leichnams ihres ermordeten Bruders und stahl ihm ruchlos die Ohrringe. Noch Gebäck, Exzellenz?«
    Sandro schüttelte den Kopf – zum einen weil er keinen Keks mehr wollte, zum anderen weil er nicht mit Angelo übereinstimmte. »Nein, ich glaube, Sebastiano hatte Francesca die Ohrringe bereits in ihrem Zimmer überreicht, danach den leeren Beutel aber wieder eingesteckt. Er …«
    Ein Räuspern unterbrach sie.
    Sandro sprang auf. »Antonia«, rief er. Sie stand in der weit geöffneten Flügeltür, in einem schwarzen Kleid, das er noch nie an ihr gesehen hatte. Ein zarter Schleier bedeckte ihr Gesicht, war aber so transparent, dass Sandro das Schmunzeln dahinter erkennen konnte.
    Er ging ihr entgegen. »Wie siehst du denn aus?«
    Sie neigte sich etwas vor und flüsterte: »Ich hatte Angst, du bekommst Ärger, wenn du zweifelhaft aussehende Damen empfängst.«
    »Ärger?«, flüsterte er belustigt zurück. »Manchmal glaube ich, man bekommt hier Ärger, wenn man keine zweifelhaften Damen empfängt.«
    Sie lachten stumm, und seine Müdigkeit und seine Traurigkeit verflogen. Francesca, Forli, Elisa, die Toten – das alles verblasste in diesem Moment. Antonia war da. Sie war zu ihm
gekommen, nicht umgekehrt, und das bedeutete, dass sie die Zeichen, die er ihr gegeben hatte, verstand. Er hatte sie dabeihaben wollen, als sie den Fall besprachen, und er hatte sie gestern Abend in Maddalenas Villa dabeihaben wollen. Der Sandro, von dem sie neulich bei ihrem Streit gesprochen hatte, der vor ihr davonlief, der auch noch hatte davonlaufen wollen, nachdem er Antonia und Milo zusammen gesehen hatte, dieser Feigling gehörte der Vergangenheit an.
    Es gab so vieles, was er ihr hätte sagen wollen. Aber er machte sich nichts vor. Der Verfall ihrer Beziehung war nicht mir nichts, dir nichts rückgängig zu machen. Ein anderer Mann war in Antonias Leben getreten, und Sandro spürte mit untrüglichem Instinkt, dass dieser Mann mehr als nur ein Vergnügen für Antonia bedeutete. Vor ihr auf die Knie zu fallen, Beteuerungen abzugeben und sie zu bitten, die vergangenen Monate im Allgemeinen und die letzte Woche im Speziellen einfach zu vergessen, wäre die größte und vor allem vergeblichste Narretei gewesen, die er begehen könnte. Er würde das machen, was er

Weitere Kostenlose Bücher