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Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom

Titel: Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Sandros Körper berührte, oder ob sie es beabsichtigt, zumindest gewünscht hatte. Jedenfalls fiel die Decke zu Boden, und
Antonia stand mit entblößtem Körper vor ihm. Sie unternahm nichts, um die Decke aufzuheben. Stattdessen trat sie einen kleinen Schritt auf ihn zu, verringerte den Abstand zwischen ihr und ihm auf ein Minimum.
    »Ich weiß, dass du früher die Frauen geliebt hast. Viel anders als ich warst du nicht. Wie hießen sie? Wie viele waren es? Es werden einige gewesen sein.«
    Sie nahm seine Hand und presste sie auf ihren Körper.
    Endlich fand sie Sandros Blick, ein Blick, der keine Einsicht in das gewährte, was er dachte oder fühlte. Dieser Blick dauerte ein oder zwei Atemzüge.
    Dann schob Sandro sie mit Entschiedenheit zur Seite und öffnete die Tür, und als sie ihn ein letztes Mal halten wollte, löste er ihre Hand von seinem Arm und stieß diese Hand weg.
    Die Tür schloss sich hinter ihm, laut und dumpf wie ein Gefängnistor, nur, dass sie nicht wusste, auf welcher Seite des Tores sie stand und ob es überhaupt zwei Seiten gab, ob sie nicht beide Gefangene waren von etwas, das sie nicht verstanden.
     
    Die Übelkeit breitete sich in seinem Bauch aus und würde in ein paar Atemzügen seine Kehle erreichen. Wie immer versuchte er, dagegen anzukämpfen, indem er sich ablenkte. Manchmal half das. Heute konzentrierte er sich auf die Passanten, aber während er nach geeigneten Beobachtungsobjekten Ausschau hielt, merkte er, dass nichts mehr helfen würde. Er schaffte es gerade noch in eine Mauernische, in der die Brennnesseln wucherten, bevor ein krampfartiges Zucken seinen Leib erfasste.
    Außer ein paar Tropfen Speichel kam nichts heraus. Er war leer. Was er vor zwölf Stunden im Hospital gegessen hatte – ein paar Löffel Kohlsuppe – und was er an Wein in der Nacht in sich hineingeschüttet hatte, war vorhin bereits ausgespuckt
worden. Trotzdem zog sich erneut alles zusammen und verkrampfte sich, ohne dass er sich entleerte.
    Wie ein bis zur Trockenheit ausgewrungener Lappen, dachte er und musste über diesen Vergleich spöttisch grinsen. Der Schmerz dauerte noch eine Weile an, hervorgerufen von den Krämpfen, und erst als er langsam abklang, stellte Sandro fest, dass er sich die rechte Hand an den Brennnesseln verbrannt hatte.
    Der Geschmack im Mund war ekelerregend, und es war heiß. Die Hitze war eine Hitze des Sommers, nicht mehr des Frühlings, dabei war es erst April geworden. Eine zwischen zwei Häuserwände gedrückte Taverne versprach Kühlung sowohl des Kopfes als auch der vom bitteren Auswurf brennenden Kehle. Doch Sandro wusste auch, dass die Linderung sehr rasch in einem neuerlichen Untergang enden könnte. Nicht nur wegen des Weins an sich, sondern weil er in der Mittagsruhe einer römischen Schänke, leicht betäubt vom Alkohol, gerade in der rechten Stimmung sein würde, sich mit Antonias Vorwürfen auseinanderzusetzen. Außerdem musste er sich umziehen und danach sofort zu Kardinal Quirini gehen, dem Leiter der Apostolischen Kammer, um ihn wegen Maddalenas Liste zu befragen.
    Er bemühte sich, die Schänke links liegen zu lassen, doch es gelang ihm nicht. Ohne einen Becher Wein würde er sich bei Kardinal Quirini nicht konzentrieren können. Der Wirt, ein grobschlächtiger Mann mit ungeheuerlich behaarten Händen, gab ihm stumm, was er wollte, jedoch nicht ohne Sandros Zustand und seine Zugehörigkeit zum Orden der Jesuiten zu bemerken. In einer Ecke der Schänke, dunkel wie eine Winterdämmerung, hielt Sandro den Becher zwischen den Händen und starrte hinein.
    Wie gern wäre er jetzt zornig auf Antonia, denn dann wäre es ihm möglich, das, was sie gesagt hatte, einfach wegzuwischen,
dann könnte er sich selbst gegenüber so tun, als sei er im Recht. Doch das war er nicht. Tatsächlich war er Antonia ein halbes Jahr lang aus dem Weg gegangen. Er hatte sie darüber im Unklaren gelassen, was sie erwarten durfte und was nicht, hatte jedes Zeichen und jedes klärende Gespräch vermieden, und das alles, nachdem er ihr in Trient zu verstehen gegeben hatte, wie sehr er sich wünschte, dass sie in seiner Nähe sein würde, bei ihm in Rom.
    Manches an seinem Verhalten hätte er ihr erklären können, zum Beispiel, warum er noch immer Jesuit war. Zwar hatte er ihr in Trient gesagt, wie stolz ihn der Erfolg der aufgeklärten Morde mache – und das stimmte auch, er war stolz auf diesen einzigen Erfolg seines Lebens -, aber das war nicht der entscheidende Grund. Genau genommen war es

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