Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom
widerhallte, und gleich darauf ein lautes Klatschen.
Er rannte in das Nebenzimmer und sah, wie Ranuccio die Hand gegen seine Schwester erhob. Sandro handelte schnell – ein Reflex aus längst vergangenen Zeiten, als er sich andauernd aus nichtigen Gründen geprügelt hatte. Mit einem gewaltigen Sprung stieß er Ranuccio zu Boden, und als dieser aufstehen und auf ihn losgehen wollte, wich er ihm aus und stieß ihn erneut, sodass er taumelte, fiel und auf allen vieren davonkroch.
Sandro setzte ihm nicht nach. Er wandte sich zu seiner Schwester um – und erhielt von ihr eine Ohrfeige.
»Bist du übergeschnappt?«, rief sie fast hysterisch.
Sandro war drauf und dran, seiner Schwester die gleiche Frage zu stellen. Er rieb sich die Wange.
»Du benimmst dich unmöglich«, schrie sie.
» Ich benehme mich unmöglich? Er hat dich geschlagen.«
»Was mischst du dich da ein?« Sie weinte und versuchte, ihr Kleid zusammenzuhalten, das Ranuccio an mehreren Stellen zerrissen hatte. »Das geht nur mich etwas an, niemanden sonst.«
»Verzeih, aber ich glaube, du bist nicht mehr ganz bei Sinnen. Der Kerl ist absolut unerträglich, ein Schläger und Schürzenjäger, und ich...«
»Du warst damals nicht anders«, schrie sie wie ein kleines Kind.
»Ich habe nie eine Frau geschlagen. Ich habe noch nicht einmal daran gedacht, eine Frau zu schlagen. Es gibt nichts Abscheulicheres, was ein Mann einer Frau antun kann. Kein Ehebruch, keine Gleichgültigkeit ist widerlicher als das. Du kannst mir nicht erzählen, dass du einen Mann heiraten willst, der dich schlägt.«
»Das war heute das erste Mal, dass er mich geschlagen hat. Man darf das nicht zu ernst nehmen. Er hat ein wenig getrunken.«
»Er hat heute nicht zum letzten Mal getrunken, das ist dir doch klar, oder?«
»Du verstehst das nicht. Er ist ein Farnese. Er trägt einen der edelsten Namen, die es gibt.«
»Na und?«
»Bist du begriffsstutzig? Ich will diesen Namen haben. Ich will von zu Hause weg und meinen eigenen Palazzo haben. Ich will, dass andere mich beneiden.«
»Niemand beneidet eine Frau, die geschlagen wird.«
»Was versteht einer wie du davon, der verarmten Kindern die Läuse vom Kopf sammelt? Zum letzten Mal: Halte dich da gefälligst raus.« Es fehlte nur noch, dass sie mit dem Fuß aufstampfte, sie glich dem kleinen, trotzigen Kind, das bockte, weil man ihm sein Spielzeug wegnehmen wollte.
Sandro seufzte. »Bianca, glaub mir, die Freude an einem Namen und der Würde verfliegt schnell, und dann musst du bis ans Ende deines Lebens mit diesem...«
Sie riss sich von ihm los. An ihrem Schmollmund erkannte er, dass er Bianca mit seinen Worten nicht erreichte, im Gegenteil, dass alles, was er jetzt noch sagte, ihre Halsstarrigkeit nur verfestigen würde. Obwohl er wusste, dass sie in ihr Unglück rannte, akzeptierte er, dass er in diesem Moment nichts tun konnte, um sie davor zu bewahren.
Sie wandte sich zum Gehen.
»Warte, Bianca. Ich habe noch eine Frage. Es geht um Maddalena Nera, die verstorbene Geliebte des Papstes. Ich wollte Mutter die heikle Frage ersparen, deswegen möchte ich von dir wissen, ob...«
»Ach, lass mich doch mit deinen blöden Fragen in Ruhe«, rief sie.
»Es ist wichtig, Bianca.«
»Mit dir rede ich nicht mehr.«
»Bianca, bitte, ich stelle diese Frage als Visitator des Papstes.«
Sie nahm die theatralische Pose einer stolzen Heroine ein. »Dann leg mich doch in Ketten.«
Sie rauschte davon.
Hauptmann Forli öffnete eine Tür im oberen Stock des Palazzo und hörte gerade noch die verzweifelten Worte: »Mir bleibt keine Wahl, Francesca. Ich muss es tun.«
»Sebastiano...« Francescas Stimme klang besorgt.
»Nein, Francesca. Ich hätte nicht gedacht, dass ich einmal in so eine furchtbare Lage komme, aber nun ist es passiert. Mir wäre es lieber, ich hätte nie... Wer seid Ihr? Was wollt Ihr?«
Forli war einen Schritt in den Raum eingetreten und hatte sich bemerkbar gemacht – oder besser gesagt, seine polierte Schwertscheide, die er an der Hüfte trug, hatte geklappert. Er trug die Uniform für feierliche Anlässe: ausladender Federhut, faltiger Wams mit Puffärmeln, Puffhosen, verzierter Schwertgürtel …
Er konnte diese Uniform nicht ausstehen, weil er fand, dass er darin wie misslungenes Schmalzgebäck aussah, aber er musste zugeben, dass dies das einzige Kleidungsensemble seiner Garderobe war, das sich für eine Festlichkeit eignete. Hätte er Francesca Farnese mit Helm und Brustharnisch zum Tanz führen
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