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Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom

Titel: Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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erlesensten Speisen, das feinste Silberbesteck, die hübschesten Pagen in hübschen Livreen, und das alles musikalisch untermalt von Madrigalen und den Darbietungen nymphengleicher Tänzerinnen. Natürlich fand so etwas jeden Abend irgendwo in Rom statt, und nicht selten in den Palazzi der Farnese. Das Entscheidende war, dass der Gastgeber an diesem Abend Ranuccio Farnese hieß. Diese prachtvolle Verlobungsfeier war ein Symbol, gleichsam das Wiederaufflackern eines verloschenen Sterns, und Ranuccio benahm sich so, als wisse er das ganz genau.
    Alle waren gekommen: die ganze Sippe der Farnese, die Orsini, die Este und Colonna, einige Medici, Sforza und Ghislieri. Ihre Frauen trugen Juwelen und stellten die opulenten Körper des Überflusses zur Schau, ihre Männer die kunstvoll beschlagenen Dolche, die sie an den Hüften trugen, wobei sie höflich den Anschein erweckten, als würden sie sie verbergen wollen.
    Zwischen diesen großen Namen wirkten die Carissimi fremdartig.
Sandros Vater bemühte sich um Würde, um mithalten zu können, und merkte nicht, dass man ihn deswegen nur noch mehr verachtete als ohnehin. Die alten Geschlechter hatten ihre Würde ererbt und hielten es für überflüssig, sie in ihrem Verhalten widerzuspiegeln. Um wie sie zu sein, hätte man sich wie Rabauken und Giftschlangen benehmen müssen, und nicht wie Adelige und Nonnen. Die Frömmigkeit von Sandros Mutter war an diesem Abend ein noch beliebterer Gegenstand von Witzen als das vornehme Gehabe Alfonsos. Eine nackte Beduinin hätte weniger Aufsehen erregt als Donna Elisa in ihrem schwarzen, hochgeschlossenen Kleid. Da Sandro den wenigsten Gästen bekannt war, bekam er einiges mit, was seinen Eltern und Bianca verborgen blieb, denn so viel Intelligenz hatte man schon noch, um den Carissimi die Geringschätzung nicht ins Gesicht zu schreien. Die Carissimi gehörten seit einigen Jahren nun einmal zu den wohlhabendsten Familien der Stadt, und wer konnte wissen, wofür man sie vielleicht einmal gebrauchen könnte.
    Ein bisschen ehrlicher war die Freundlichkeit, mit der man Bianca begegnete. Sie würde bald eine Farnese sein, eine stattliche Mitgift mitbringen und Ranuccio zudem als Pumpe für einen auch künftig fließenden Geldstrom dienen, der aus dem Hause Carissimi in seine Taschen geleitet wurde. Im Übrigen verhielt Bianca sich bereits äußerst angepasst. Abwechselnd zog sie einen Schmollmund und zeigte das breiteste Lächeln.
    »Sandro, wie schön, dich zu sehen. Ich bin ja so glücklich. Nach so vielen Jahren. Aber – was hast du denn da angezogen? Eine Mönchskutte, also wirklich, Sandro. Heute ist meine Verlobung. Hättest du da nicht etwas Feineres wählen können? Ich dachte, du seist befördert worden zum Visitor, oder wie das heißt. Gibt es dafür nicht eine Robe wie für Bischöfe oder so? Warum hast du noch kein Glas in der Hand? Kein Wunder, dass du so vertrocknet wie ein Stein aussiehst. Hast du schon
den Palazzo besichtigt? Ist er nicht hinreißend alt? Ich bin verliebt in ihn. Natürlich muss einiges daran gemacht werden, er ist völlig vernachlässigt worden, allein die Decke, herrje, im Grunde muss er vollständig... Du sagst ja gar nichts? Hast du ein Schweigegelübde abgelegt?«
    »Ich wünsche dir alles Gute.«
    »Wie? Ja, danke«, sagte sie zerstreut und tauchte ihre Nase in den fast leeren Kristallkelch.
    »Ich hätte dich gern einen Moment gesprochen, Bianca. Es geht um...« Sandro blickte sich um, ob nicht seine Mutter hinter ihm stand. »Es geht um...«
    »Oh, entschuldige mich, da drüben kommt gerade Giulia d’Este, sie ist Gräfin, weißt du? Liebste Giulia, wie schön, dich zu sehen...«
    Sandro würde sie schon noch erwischen. Er war mehrmals in Versuchung, sich eines der von Pagen dargebotenen Kristallgläser mit rotem Inhalt zu nehmen, doch er befürchtete, dass es nicht bei einem Glas bliebe, und sich in Gegenwart seiner Mutter zu betrinken, das wagte er nicht. Abgesehen davon, dass er fand, dass Eltern ihre Kinder und Kinder ihre Eltern niemals betrunken sehen sollten, hätte es für Elisa einen schweren Schlag bedeutet, zu sehen, dass ihr Sohn nicht der tugendhafte Jesuit war, für den sie ihn hielt. Er plauderte eine Weile mit ihr, wobei sie sich an seinem Arm festhielt wie an einem Ast, als ob sie von einer Strömung mitgerissen zu werden drohte. Für sie war dieser Palazzo der Festplatz von Sodom, und sie musste sich ihrer Tochter zuliebe sehr zusammennehmen, um nicht davonzulaufen und einen Eklat zu

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