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Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom

Titel: Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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kurz auf. »Neutral – das ist wirklich komisch.«
    Er berührte Sandro an der Schulter. »Ihr solltet anfangen, Euch Freunde zu machen. Sie sind da, sie warten nur darauf, sie strecken Euch die Hand entgegen. Ihr müsst sie nur ergreifen. Eure Position als Visitator ist interessant und böte manche Möglichkeit, Gefallen zu erweisen, die man Euch zurückerweisen würde.«
    Eine Weile schwiegen sie, sahen sich an. Dann öffnete Massa erneut die Tür, um die Villa zu verlassen – und wieder drückte Sandro sie ihm vor der Nase zu.
    »Ihr habt meine Frage noch nicht beantwortet, Bruder Massa. Jede Frage, die ich in Verbindung mit dem Mord an Maddalena Nera stelle, muss beantwortet werden, und zwar von jedem, außer Seiner Heiligkeit. Ich frage daher zum letzten Mal: Kanntet Ihr sie?«

    Massas Stimme veränderte sich schlagartig. Jede Freundlichkeit darin war erloschen. »Ja, ich kannte sie.«
    »Woher?«
    »Als Kammerherr des Heiligen Vaters genieße ich sein besonderes Vertrauen, und deshalb übertrug er es mir, ihr seine Besuche anzukündigen.«
    »Und habt Ihr auch für den vergangenen Abend einen Besuch angekündigt?«
    »Nein.«
    »Papst Julius war also heute nicht bei ihr?«
    »Nein.«
    »Wer hat sie gefunden?«
    »Eine Dienerin.«
    »Wann hat die Dienerin die Tote aufgefunden?«
    »Ich weiß nicht. Ungefähr drei Stunden nach Sonnenuntergang. Sie war völlig durcheinander und wandte sich an mich. Daraufhin habe ich Seine Heiligkeit von der Tragödie in Kenntnis gesetzt und mit ihm beraten, was zu tun ist.«
    »Ich möchte die Dienerin befragen.«
    »Sie ist aus Rom weggebracht worden, zusammen mit allen anderen Dienern, und zwar auf Befehl des Papstes. Au ßer Euch, dem Heiligen Vater und mir weiß somit niemand in ganz Rom, dass Maddalena ermordet wurde. Sie ist gestürzt, versteht Ihr, unglücklich gestürzt.«
    »Wurde etwas gestohlen?«
    »Ich kenne die Villa nicht gut genug, um das beantworten zu können. Die Dienerin meinte jedoch, dass nichts fehlt.«
    »Wurde Maddalena gelegentlich von Freunden oder Verwandten besucht?«
    »Maddalena durfte tagsüber empfangen, wen sie wollte. Abends jedoch hatte sie sich zur Verfügung zu halten, es sei denn, dass feststand, dass Papst Julius auf keinen Fall vorbeikommen würde.«

    »Und in dieser Nacht stand es fest?«
    »Seine Heiligkeit hat sie vorgestern zum letzten Mal gesehen, und er hatte vor, sie morgen wieder zu besuchen.«
    »Ihr kennt keine Namen von Eltern oder Geschwistern Maddalenas? Nicht einen einzigen?«
    »Nein. Ich hatte sehr wenig mit ihr zu tun. Ihre Eltern dürften jedoch – nicht der Rede wert sein.«
    »So, meint Ihr?«
    »Ja.«
    »Wurde heute Abend von Euch irgendetwas in diesen Räumen oder an der Toten verändert?«
    »Ich war überhaupt nicht im Wohnsaal. Ich kann kein Blut sehen.«
    »Und die Tür? War sie verschlossen, als man Maddalena tot auffand?«
    Massa zögerte einen Moment. »Ja«, sagte er. »Ich erinnere mich, dass die Dienerin sagte, die Tür sei verriegelt gewesen, weil man für diesen Abend niemanden erwartete. Erst die Dienerin hat die Tür wieder aufgesperrt, um mich zu unterrichten.«
    »Wie kam der Mörder dann hier herein? Beziehungsweise, wenn er hereinkam, wie kam er wieder hinaus, denn die Tür, sehe ich, kann nur von innen verriegelt werden.«
    Massa zuckte mit den Schultern. Einen Augenblick schwiegen sie.
    »War das alles?«, fragte Massa schließlich.
    »Ja. Für heute habe ich keine weiteren Fragen. Das war doch halb so schlimm, oder nicht? Ich verstehe nicht, wieso Ihr Euch zunächst so gesträubt habt.«
    Massa fand sein Grinsen wieder. »Nur aus einem einzigen Grund, Carissimi. Ich hätte Euch die Informationen ohnehin gegeben, aber ich wollte Euch einschätzen können, erfahren, wie Ihr zu mir und den inoffiziellen Regeln des Vatikans steht. Das kann ich jetzt. Ich weiß, mit wem ich es zu tun habe.«

    Nachdem Massa durch die Tür verschwunden war, blieb Sandro allein im Atrium zurück. Er hatte sich wohl einen ersten Feind gemacht. Es war soweit. Es hatte angefangen, das Zählen der Freunde und Feinde, das er immer zu vermeiden versucht hatte.
    »Null zu eins«, murmelte er vor sich hin, und er fragte sich, wie viele Geistliche vor ihm mit besten Absichten in den Vatikan gekommen waren und irgendwann angefangen hatten zu zählen. Das Zählen veränderte. Die Angst vor dem tiefen Fall veränderte. Es war beklemmend. Scharen von Mönchen, Priestern, Diakonen in der ganzen Welt träumten von einem Amt in

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