Die Huren des Apothekers
Vater es über Jahrzehnte getan hatte, damit er nicht gefangen
genommen wurde. Damals verfolgte ihn niemand wegen seiner Wollust,
also bewies ihm das die Wirksamkeit der Prozedur, die er immer und
immer wieder von mir verlangte, und nach jedem seiner Verbrechen
sofort.«
»Und die Mumien?«
Mechthild lachte auf. »Als Apotheker kennt er
alle Wirkungen des Mumienstaubs, scheute allerdings die Kosten der
Beschaffung. Sein Lehrmeister zeigte ihm, dass auch Moorleichen den
Zweck erfüllen. Ebenso kaufte er einem Bauern die Leiche eines
Landstreichers ab, der auf dem Heuboden einer verlassenen Scheune
gestorben und eingetrocknet gefunden wurde. Henslin forschte darüber,
unter welchen Umständen Mumien entstehen. Als ihm dann die Apotheke
in Marburg angeboten wurde und gleichzeitig der alte Brauereikeller
hier auf dem Lahnberg, griff er zu. Sein Geschäft blühte, wir
bauten auf den Grundmauern der Brauerei dieses Haus und ich gründete
die Zuflucht. Alle guten Bürger der Stadt kaufen in seiner Apotheke
und alles Lumpenpack kommt zu mir, um von einem der Knechte Zauber
und Hexenmittel zu erwerben. Dazu die Spenden derjenigen, die sich
von einer Schuld reinwaschen wollen – du kannst dir denken, welche
Reichtümer wir angehäuft haben.« Sie wandte ihren Blick ab von dem
lodernden Brand und sah ihm mit schlauem Lächeln ins Gesicht.
»Dieses Vermögen kann dir gehören. Eine Geldkiste ist im Garten
vergraben, ich kann dir sagen, wo du sie findest. In der Kutsche
liegen Gold und Edelsteine, feine Seide, Brokat und die teuersten
Ingredienzen aus Henslins Laden. Du musst nur zugreifen!«
Wilder Zorn brodelte in Frank, der sich während
ihres Geständnisses kein Bisschen abkühlte, aber als er ihr Angebot
hörte, noch höher aufwallte.
»Das werde ich tun, Weib, aber erst wenn ich das,
dem du vor Jahrzehnten entflohen bist, beendet habe.«
Ohne Rücksicht auf ihr Schreien und Strampeln hob
er sie hoch und trug sie auf die brennende Ruine zu, deren Dach mit
einem immensen Krach einfiel. Wie ein loderndes Maul klaffte der
Eingang, die massive Tür nur noch verkohlte Balken an glühenden
Scharnieren. Frank nahm all seine riesigen Kräfte zusammen und warf
Mechthild mit gewaltigem Schwung direkt durch dieses Maul hindurch
die Treppe hinunter, wo sie in Qualm und Flammen verschwand. Ihr
gellender Schrei überschlug sich, sie kreischte in den höchsten
Tönen. Frank atmete auf und wischte sich den durch die Hitze aus den
Poren steigenden Schweiß von der Stirn. Er fühlte, wie sich seine
Augenbrauen kräuselten. Aus dem Kreischen wurde ein Heulen. Auf
einmal erhob sich mitten zwischen den Flammen im Treppenhaus ein
menschlicher Umriss, genauso lodernd wie alles darum herum.
Schwankend erklomm die Gestalt die letzten Stufen und torkelte zur
Tür. Frank sah sich um nach etwas, mit dem er sie zurückstoßen
konnte in die Hölle, aus der sie kam. Als das brennende Gebilde die
Tür erreicht hatte, brachen die verkohlten Balken aus den
Scharnieren heraus und schmetterten das zu Boden, was von Mechthild
sich noch bewegen konnte. Auf der Schwelle blieb sie liegen, begraben
von den Trümmern ihrer bösen Werke.
Wie eine tote Haut fiel die Anspannung von Frank
ab und er fühlte, wie seine Kräfte schwanden. Jetzt würde er nicht
einmal mehr ein Kätzchen heben können. Sein Kopf sank herunter, die
Knie zitterten.
Wendelin näherte sich ihm von hinten und
blinzelte durch verschwollene Lider. »Ist sie tot, die böse Hex?«,
fragte er.
Frank nickte mühsam.
Anbau und Haupthaus, über das Dach verbunden,
loderten nun beide vor dem Nachthimmel, an dem sich der Horizont
allmählich rot färbte. Jetzt musste man es unten in der Stadt sehen
und die ersten Schaulustigen würden den weiten Weg auf sich nehmen,
um sich am Ende des Hurennests zu ergötzen.
Frank drehte sich herum und ging zusammen mit
Wendelin langsam den Weg um das Haus herum. Vor der Kutsche hielten
sie an, Frank warf die heruntergefallenen Stücke ins Innere und
schloss den Schlag. Er half dem braven Wendelin auf den Kutschbock
und führte das unruhige Pferd am Geschirr in den Wald, damit es
nicht in Panik davonpreschte und sich noch ein Bein brach. Vor ihm
erschien das Gesindehaus des Gelehrten.
»Wendelin, eines muss ich noch erledigen. Magst
du mir helfen, ein Grab auszuheben?«
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Chaos erwartete Luzia, als sie zum Herrenhaus kam.
Die Eingangshalle wimmelte von Mädchen, die laut schwatzten und
weinten. Unter all diesen fielen die Mägde kaum auf, denn genauso
wie
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