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Die Huren des Apothekers

Die Huren des Apothekers

Titel: Die Huren des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
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stützte sich auf das Fensterbrett
und streckte den Kopf weit vor.
    »Dabei rechnete ich mit einem einzigen
Lastenesel!« Das Kichern blieb Luzia im Hals stecken, als sie die
zahlreiche Bedeckung des Wagentrecks erkannte. Der Reiter mit der
Brustplatte winkte seine Kameraden heran, die ihre feurigen Rösser
neben seines leiteten und temperamentvoll absprangen. Einer von ihnen
übernahm es, die Zügel aufzunehmen und die Pferde an die Büsche
zur Grundstücksgrenze zu führen, um sie dort anzubinden. Die
Waffen, die sie bei sich trugen, hätten einer Armee genügt. Jeder
von ihnen besaß ein Rapier oder wenigstens ein langes Messer, dazu
auf der anderen Seite eine Pistole. Einige trugen an Riemen über die
Schulter Arkebusen oder sogar moderne, langläufige Musketen.
    »Wenn Herr Henslin sie nicht angekündigt hätte,
ich würde jetzt im hintersten Loch des Kellers stecken und vor
Furcht schlottern«, sagte Magdalene mit einem schiefen Grinsen, das
trotzdem ihre Angst bewies.
    »Und ich neben dir.« Auch Luzia konnte ein
Schaudern nicht unterdrücken. Solange Söldner in einem Wirtshaus
feierten und ihre Gulden verwürfelten, hatte sie sich gerne bei
ihnen niedergelassen, um sich mit ihnen zu vergnügen. Aber außerhalb
einer Stadt sollte man ihnen tunlichst aus dem Weg gehen. »Warum
liefern sie nicht an seinen Laden in der Stadt?«
    »Etliche der Karren kämen nicht durch die Gassen
hindurch! Wahrscheinlich werden sie einen Bogen um Marburg machen.
Kennst du eine Stadtwache, die diesen Haufen hineinließe?«
    Nein, das konnte Luzia sich auch nicht vorstellen.
Sie würden an einer Herberge außerhalb rasten, wohl am ehesten in
Gisselberg oder gar Cappel. Viele Pilger zur Heiligen Elisabeth kamen
dort unter, wenn die Gasthäuser der Stadt überfüllt waren. Dort
gab es Lagerhäuser, in denen sich die Händler aus der Stadt ihre
Waren abholen konnten, deren Ladenlokale sich nicht mit Karren
anfahren ließen.
    »Er ist gerissen, der Herr Apotheker«, stellte
Luzia widerwillig fest. »Für Lagerraum an der Herberge müsste er
zahlen, aber sein Haus liegt nahe der Heerstraße, die von den
Karawanen benutzt wird. Da bekommt er seine Waren ins Haus gebracht
und holt sie sich nach und nach in seine Apotheke, ohne einen
Fuhrmann zu beschäftigen.«
    »Allmählich wird mir bewusst, dass Geiz eines
der herausragenden Charaktermerkmale unserer Nachbarn bezeichnet.«
Magdalene rümpfte die Nase.
    »Was sie gestern Abend nicht in den Mittelpunkt
stellten.«
    Jetzt reckte auch Luzia den Hals, denn die
durcheinanderstehenden Karren bildeten eine Gasse, durch die ein
weiterer Wagen herankam. Hinterdrein ging, begleitet von einem Pulk
Händler und einem schwedischen Söldner mit rotem Bart, der
Apotheker. Seine Brust schwoll unter der brokatenen Weste, er reckte
das Kinn hoch, doch bei aller Anstrengung wirkte er neben dem
vierschrötigen Nordmann wie ein Kind. Nungässer deutete hinter das
Haus und winkte hektisch, als das Zugpferd zu dicht an einer Mauer
entlangstapfte und der Wagen bedenklich ins Schwanken geriet. Als der
Kutscher um die Ecke bog, womit Luzia ihn fast aus dem Blick verlor,
blieb die Plane an einem Vorsprung hängen und entblößte einen
hohen Stapel hölzerner Kisten in verschiedenen Formen, einige
würfelförmig, andere in der Größe einer Reisetruhe, aber einige
so groß, dass ein Bettgestell hinein gepasst hätte. Auf genau eine
solche Kiste deutete der Apotheker und einer der Händler nickte.
Henslin zog unter seinem Wams einen Beutel hervor und hob ihn mit
Anstrengung in die Höhe, wo der Geschäftspartner danach griff. Im
letzten Augenblick zog Nungässer das Geld zur Seite und
gestikulierte in Richtung der Kiste. Verdrossen nickte der Händler,
einer der Wagenknechte kletterte auf die Ladefläche und hantierte
mit einem Brecheisen, bald half ihm ein Zweiter. Luzia sah sich nach
dem Fernglas um, erinnerte sich aber, dass Lukas es auf dem Turm
aufbewahrte. Unschlüssig trat sie von einem Fuß auf den anderen,
aber als sie beobachtete, dass die Männer wohl länger brauchten,
rannte sie aus dem Raum und kletterte die Stiegen hinauf. In Lukas‘
Reisekiste steckte es zusammen mit einem Stapel Bücher und einer
Miniatur, die Luzia darstellte. Wann hatte er die anfertigen lassen?
Und warum wusste sie nichts davon? Sie lächelte und spürte ein
warmes Gefühl in ihrem Herzen.
    Einer der Fuhrknechte fluchte so laut, dass sie
zusammenfuhr. Wenn sie sehen wollte, was Nungässer geliefert bekam,
sollte sie sich besser

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