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Die Huren des Apothekers

Die Huren des Apothekers

Titel: Die Huren des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
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alle von sich ab
und rast wie ein Toller, das Blut um sich spritzend, und drischt mit
Satanskräften um sich. Nicht nur, dass er alle um ihn Stehenden
verletzt, die Zuschauer empören sich. Es gab mehr als einen Henker,
den sie aus Wut zerrissen haben.«
    Betroffen starrte der Junge auf das Holz in seiner
Hand, fuhr mit dem Finger über den Rindenstreifen und warf es
schließlich ins Gebüsch. Frank folgte dem Ast mit den Augen und sah
Wendelin, der sich mit einer raschen Bewegung davor in Sicherheit
brachte. Was hatte der Dumme im Gesträuch zu suchen? Warum
versteckte er sich darin? Beobachtete er Frank oder Seyfrid?
    Frank setzte eine grimmige Miene auf und machte
eine scheuchende Handbewegung, die Wendelin mit einem Grinsen
quittierte, dennoch richtete er sich auf und trottete davon. Seyfrid
merkte nichts davon. Er sah auf die Axt in seiner Hand und seine
Kiefer mahlten. Trotz trat in seine Augen. »Mit einer solchen
Verletzung steht kein Mann mehr auf.«
    »Du hast das Halsmark nicht durchtrennt, nur die
Hälfte des Knochens. Sicher überlebt das niemand lange, aber es
reicht für ein grandioses Schauspiel. Unterschätze nie, was ein
frischer Leichnam dir tun kann! Hast du noch nie einen geköpften
Hahn gesehen?«
    Der Junge wurde bleich und verkrampfte die Hände
um die Axt. »Du meinst, es ist wahr, was über diesen Piraten
erzählt wird?«
    »Störtebeker? Schon möglich. Er wurde im Stehen
geköpft und stakste an seinen Spießgesellen vorbei. Zwölfe hat er
geschafft, bis ihm der Scharfrichter ein Bein stellte. Der
Bürgermeister hielt nicht sein Wort, die zu begnadigen, an denen er
vorbeilief. Alle 72 wurden geköpft und ihre Köpfe auf die Mauer
genagelt.«
    »Und dass er einen Schatz besaß?«
    »Den bot er dem Bürgermeister für sein Leben,
doch der dachte, er würde ihn auch so bekommen. Da ging er die Wette
mit Störtebeker ein, brach sie aber. Einer der Todgeweihten
verfluchte ihn deshalb und der Bürgermeister spendete aus Furcht der
Kirche ein neues Dach. Um sein Gesicht nicht zu verlieren, behauptete
er, dies sei von dem Geld, was sie auf dem Schiff des Piraten
versteckt gefunden hätten.«
    »Wenn ich groß bin, will ich auch Pirat werden«,
platzte es aus dem Jungen heraus.
    Frank konnte ihm das gar nicht übel nehmen. Als
Scharfrichter einer Stadt verfügte man über mannigfaltige
Einkünfte, angefangen bei der Aufsicht über die Huren, die ihren
Salär ableisten mussten, bis zu den Abdeckern, die aus ranzigem Talg
Lichter für die Armen sotten. Nicht zu verachten auch das, was das
Henkersrecht von jedem Marktstand abwarf, wo er sich bedienen konnte,
wie ihm beliebte. Von den Gebühren des eigentlichen Handwerks konnte
man in kleinen Städten nicht leben, weshalb viele seiner Zunft
ständig zwischen mehreren Gemeinden wanderten. Das wiederum
missbilligte die Familie, die mit einem bodenständigen Vater
allerdings kaum über die Runden kam. Darum mussten die Kinder früh
aus dem Haus, aber wer nahm sie als Lehrbuben oder stellte sie als
Mädchen im Haus ein? Vielen von ihnen blieb nur der Weg als Huren
oder Verbrecher, um später einmal vielleicht von ihren Vätern
gerichtet zu werden.
    Da war die Seefahrt als Pirat in der Tat eine
Möglichkeit für den jungen Seyfrid. Diese Gesellen teilten ihre
Beute gerecht, genossen das Leben und sahen ständig dem Tod ins
Auge, ohne darüber trübsinnig zu werden. Obwohl die Gerüchte über
ihre Schätze wohl übertrieben waren. Und wenn eines Tages der
Henker wartete, dann zumindest nicht der eigene Vater.
    Frank als einziger Sohn teilte nicht dieses
missgünstige Schicksal, er hatte das Handwerk seines Vaters lernen
dürfen und erfolgreich sein Meisterstück abgeliefert. Schon
mehrfach hatte er eine angebotene Stelle abgelehnt, die ihm ein gutes
Auskommen geboten hätte. Zuerst musste er die Frau finden, die ihr
Leben mit ihm teilen wollte.
    Welches Weib mochte schon die Gattin eines Henkers
werden, verachtet von allen, die ihr begegneten? Wollte Mutter von
Kindern werden, die nur einen unehrenhaften Beruf ergreifen durften?
    Barbara. Aus Liebe zu Frank wollte seine Bärbel
das alles eingehen. Ewige Liebe hatten sie sich geschworen, Treue bis
in den Tod, und dass sie alles, was das Leben ihnen auch antat,
geduldig miteinander aushalten wollten.
    Sein Vater konnte nach dem Tod von Franks Mutter
nur noch eine Hure für sich gewinnen – und diese hatte Bärbel in
ihrer Not davongejagt.
    Ein scharfer Schmerz zog Frank in den Kopf, als er
mit den Zähnen

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