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Die Huren des Apothekers

Die Huren des Apothekers

Titel: Die Huren des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
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Krypta gestohlen worden? Ein
schmerzhafter Klumpen bildete sich in Luzias Magen. Gingen auf diesem
Weg die wertvollsten Reliquien verloren? »Müsste man das nicht dem
Apotheker sagen, bevor er sich vor Gott und der Welt versündigt?«
    Magdalene lachte auf. »Geh hin und verbrenne dir
den Mund! Wenn es zu seinem Vorteil wäre, dann würde der
Pfeffersack sein Weib zu Pulver zermahlen!«
    Luzia prustete heraus und hielt erst nachträglich
die Hand vor den Mund. »Meine allerliebste Schwägerin, du scheinst
keine gute Meinung von unserem hochgeschätzten Nachbarn zu haben!
Darf ich fragen, was im Besonderen dich dazu bewog?«
    Auf einmal spielte Betroffenheit in der Miene
Magdalenes und sie musste nichts sagen, Luzia verstand auch so. Da
war wohl ein unschickliches Angebot dem Munde des Unglücksraben
entflohen! Jetzt erinnerte sie sich, dass der Nachbar Magdalene beim
Verabschieden zur Seite genommen hatte, um mit ihr zu tuscheln, und
dass sie hinterher ein säuerliches Gesicht gemacht hatte.
    »Vielleicht hat er es nur höflich gemeint?«,
fragte Luzia, um Magdalene zu beruhigen, nicht um den Apotheker zu
rechtfertigen. Ihr Blick schoss empor und Luzia entdeckte
Unversöhnlichkeit darin. Verunsichert lächelte sie und wandte sich
wieder dem Fenster zu, unterdrückte den Drang zu knicksen. Nein,
Magdalene und sie waren nach der Hochzeit gleichgestellt, obwohl
Luzia ihr als der Älteren Respekt zollen musste.
    Mittlerweile schien sich der Nachbar mit dem
Händler geeinigt zu haben, sie hielten einander die Hände und
lachten, während die Wagenknechte die Deckel nacheinander wieder
auflegten und die Kiste vom Karren luden. Nungässer lief den
Knechten voran, die ihre Ware ihm hinterher um das Haus herum zum
Anbau trugen.
    Nicht lange dauerte es, bis die Knechte
wiederkamen, diesmal bepackt mit kleineren Kisten, dafür aber
vielen. Ein ums andere Mal gingen sie den Weg zwischen Karren und
Anbau, um immer wieder schwer beladen Kästen zum Karren zu
schleppen. Vielleicht fünf Male brauchten sie, bis der Händler
einen hieß, die Plane wieder überzuziehen. Zwei weitere Male luden
sie ihre Kisten auf einen anderen Karren. Sorgfältig kritzelte ihr
Herr etwas in ein Buch und nickte zufrieden, bis der Apotheker hinter
der letzten Traglast nachkam und mit Gesten das Ende der Prozedur
bedeutete.
    Die Angelegenheit war erledigt, denn die Händler
scheuchten mit lautem Händeklatschen ihren Treck wieder auf. Söldner
und Knechte, die sich gerade auf dem Rasen niedergelassen hatten,
murrten und bewegten sich schwerfällig, aber schließlich verschwand
auch der letzte Wagen auf der Heerstraße in Richtung Marburg.
    Magdalene seufzte. »Wieder eine Angelegenheit, in
der ich zu gerne etwas unternehmen möchte, was mir allerdings
verwehrt bleibt.«
    Mitfühlend klopfte Luzia ihr auf die Schulter.
»Leider. Und doch würde ich zu gerne mal eine solche Mumie von
Nahem sehen.«
    ---
    Frank runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf.
So wurde das nichts. Der achtjährige Seyfrid richtete seinen
erwartungsvollen Blick auf ihn und er bemühte sich, nicht allzu
grimmig zurückzuschauen. »Nimm den Ast auf.«
    Der Junge hebelte die Axt mit Mühe aus dem
Hauklotz und lehnte sie sorgfältig gegen den Baum, dann trat er die
zwei Schritte zurück und hob den Ast auf, um die Kerbe kritisch zu
prüfen. Mit einem Grinsen bog er das Holz hin und her, bis die
beiden Teile nach einem Knack nur noch an der Rinde zusammenhingen.
    Beinahe hätte Frank seine Enttäuschung mit einem
Seufzen gezeigt, aber Seyfrid war der Sohn des Scharfrichters und er
wollte es sich nicht mit ihm verderben. Solch einen Sohn wünschte er
sich auch und vielleicht … er schob diesen Gedanken zur Seite. Dass
Bärbel ihm vielleicht einen Sohn geboren hatte, damit durfte er sich
erst nach Sonnenuntergang befassen.
    »Jetzt stell dir vor, das war kein Hackklotz,
sondern ein Richtblock. Du hieltest ein Richtschwert in der Hand und
dieser Ast war der Hals eines Verurteilten.« Seyfrid zuckte mit
einer Schulter. »Da wär der Kopf net davongerollt.«
    »Nicht nur das. Du hast den Hals nur halb
durchgetrennt. Kein Verurteilter wartet geduldig, bis du so weit
bist. Die meisten müssen von hinten durch zwei Knechte festgehalten
werden, alle Zittern und beben, stillhalten will keiner. Oft braucht
es noch einen dritten Henkersknecht, dem Widerstrebenden den Kopf auf
den Richtblock zu drücken. Doch nach einem solchen Schlag wie dem
deinen bäumt sich der Verbrecher auf, schüttelt

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