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Die Huren des Apothekers

Die Huren des Apothekers

Titel: Die Huren des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
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knirschte. Diese Nacht würde er Nachricht bekommen,
wohin Bärbel geflohen war. Vielleicht – seine Miene entspannte
sich – begrüßte sie ihn mit dem neugeborenen Kind? Ob er
tatsächlich Vater geworden war? Ob es für ihn einen Sohn oder eine
Tochter gab?
    »Sagst es aber net meinem Vater, gell?«, bat
Seyfrid.
    Frank lächelte kurz und strich ihm über den
Kopf. »Niemals. Wenn du zur See gehst, vielleicht schaffst du es,
Kapitän einer großen Galeone zu werden?«
    Die Augen des Jungen blitzten und er fuhr mit der
Axt durch die Luft, als ob er ein Schiffchen im Bach bewegte.
Vergessen waren Richtblock und Schwert, er rannte davon und ließ
seinen Träumen freien Lauf.
    Kurz beneidete Frank ihn ob seines kindlichen
Gemütes, dann drehte er sich herum und griff wieder zur Schaufel.
Gleich alle drei übrigen Räder sollten gesäubert werden, hatte
Ottmar befohlen. Und diesmal half kein Wendelin. Eigentlich missfiel
Frank, diese Arbeit ganz allein zu erledigen, heute allerdings grub
er ein besonders tiefes Loch. Ganz zuunterst fiel die Leiche des
Strolches überhaupt nicht auf, den er der jungen Frau in der Nacht
vom Halse geschafft hatte. Diesmal war ein Verbrecher seinem Henker
ohne den Umweg über den Richter in die Hände gefallen, was Frank
nicht im Geringsten bedauerte. Sich an einer Schwangeren zu
vergreifen! Zum Glück war das Mädel klug, hatte schneller reagiert
als Frank. Sie wusste dank der Bürgerkleidung, die er während
seiner Nachforschungen trug, nicht, wer ihr Retter war, konnte ihn
auch nicht verraten. Und hübsch war sie obendrein.
    Frank nahm die Axt zur Hand und durchschlug die
morschen Seile, die Knochen und Kleiderfetzen am Rad festhielten, und
warf die Überreste auf die dünne Erdschicht, die den Vergewaltiger
versteckte. Hier lag der Schelm genau richtig: am tiefsten Punkt des
Schindangers.
    Als er sich aufrichtete, fielen Franks Augen
wieder auf Wendelin. Ertappt schlenderte der Idiot davon, pfiff
unmelodisch vor sich hin. Wie lange verfolgte er Frank schon? Und wie
viel hatte er von dem gesehen, was Frank tat?
    ---
    Der Erdklumpen war hart wie ein Stein, aber Elße
schlug mit der Hacke so lange auf ihn ein, bis er zerfiel. Bei dieser
Arbeit pochte ihr Herz so schnell wie in den letzten Tagen schon
häufiger. Sie hatte den Eindruck, dass es gar nicht mehr aufhören
konnte zu galoppieren. Ständig lebte sie in Furcht vor Frau
Mechthild und den Knechten, jetzt musste sie sich auch noch vor dem
Apotheker in Acht nehmen. Das Erlebnis der vergangenen Nacht tat
nichts zur Beruhigung ihres wildgewordenen Herzens, und dann die
Befragung durch die Frau des Gelehrten! Nett und fürsorglich hatte
sie sich gegeben, freigiebig ihnen allen ein Frühstück serviert und
versprochen, dass jede von ihnen dort immer etwas zu essen bekäme.
Das war mehr, als Elße und ihre Schicksalsgenossinnen schon seit
Langem gehört und erlebt hatten. Und doch … etwas verbarg diese
Frau. Hinter diesen forschenden Augen steckte mehr als nur Ärger
darüber, ob der Wohltätigkeit der Nachbarin betrogen zu sein. Frau
Luzia gab sich nicht zufrieden damit, den Fehler der Apothekersfrau
entdeckt zu haben, sie wollte mehr. Vielleicht die Betrügerin
bloßstellen, sie strafen? Unwillkürlich würde die Schuld auf Elße
fallen. Unter ihrer Schürze knisterte das Stück Papier aus der
Bibliothek. Vor heute Nacht würde sie dem Mann schreiben müssen.
    Ein Stein im Boden ließ die Hacke hell
aufklingen, Elße packte ihn und warf ihn mit aller Gewalt zwischen
die Bäume. Ein Schmerz zog durch ihren Rücken, sie blieb stehen und
drückte das Kreuz durch, bis er verging. Von hier aus gab es einen
wunderschönen Blick auf das geschäftige Marburg. Schon
verständlich, warum der Gelehrte sich ausgerechnet hier niederließ.
Die dicken Mauern des Herrenhauses würden einigem standhalten und
wahrscheinlich sah das auch ein gieriger Räuber, weshalb er lieber
mit seiner Bande weiterzog und weniger wehrhafte Bauernhöfe
überfiel.
    »Ich hörte viel von Räubern«, wandte sie sich
an das Mädchen, das neben ihr Unkraut jätete. Die brünette Maria
kam aus Marburg. Auch sie richtete sich auf und sah über die Stadt.
    »In letzter Zeit hält es sich in Grenzen, da
machen die Horden von Marodeuren den Räubern das Handwerk streitig.
Vor einigen Jahren trieben sie so heftig ihr Unwesen in den Wäldern,
dass niemand sich ohne Bedeckung auf die Landstraßen wagte. Doch nie
war es so schlimm wie zu der Zeit, als meine Mutter ein kleines

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