Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Huren des Apothekers

Die Huren des Apothekers

Titel: Die Huren des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
Vom Netzwerk:
eine
verdorbene Speise mit dauernden Entleerungen die doppelte Zeit auf
dem Weg. Sogar seine Neugier unterstand er sich nicht als Grund für
Verspätungen anzugeben, als der Böttcher mit seiner Frau über das
Liebesspiel vergessen hatte, die Läden vorzulegen, weshalb Wendelin
mitsamt seinen drei Mitknechten die Zeit verschwendet hatte, ihn zu
beobachten.
    Nach einem herzhaften Fluch nahm
Frank seine Wanderung wieder auf. Ob er genauso pflichtvergessen
handeln sollte und sich nicht um die Ablösung scherte? Den Ärger,
wenn wieder ein Schelm die Gerichteten schändete, würde Wendelin
auf sich nehmen müssen. Oder vielleicht auch nicht. Der
Geistesschwache arbeitete schon elf Jahre beim Scharfrichter und ein
Schutzengel hielt seine Hand über ihn. Niemals beschwerte sich
jemand und der Dienstherr schmunzelte, wenn er einem seiner Streiche
gewahr wurde. Denn selig sind die geistig
Armen.
    Endlich, es ging schon fast auf Mitternacht,
näherten sich Stimmen aus der Stadt. Bald unterschied Frank zotige
Gesänge und das Lallen seiner Genossen. Wendelin kam also nicht
alleine, sondern brachte seine Freunde mit. Wie es sich anhörte,
begleitete sie auch ein halbes Bierfass, sicher auf die Mägen
verteilt. Eine Fackel schwankte über den Weg, fiel herunter, erlosch
nahezu, bevor einer der Ankommenden sie wieder erhob. Wer auch immer
beabsichtigte, den Richtplatz in dieser Nacht zu überfallen, würde
bei dieser Versammlung auf keinen Widerstand treffen.
    Lachend und johlend wankte die Gesellschaft näher,
bis die Henkersknechte gemeinsam die Hütte erreichten und sich davor
in den Schmutz sinken ließen. Sie umlagerten das Feuer, das Frank
sich gegen die zunehmende Kälte der Herbstnächte angezündet hatte.
Wenigstens würden sie da in ihrem Zustand nicht erfrieren – auch
wenn es nicht schade drum wäre.
    »Und was hat dich diesmal aufgehalten?«, fragte
Frank den vor sich hin kichernden Wendelin.
    »Die Arbeit.«
    Der Ernst, mit dem der Schwachsinnige seine
Antwort vorbrachte, ließ nicht vermuten, dass er log, zumal seine
Kumpane zustimmend brummten und mit ihren Bechern, in denen
schaumiges Dünnbier schwappte, anstießen und ein Prosit auf ihren
Auftraggeber verlauten ließen. Dass es sich bei dem Gönner um den
Kellerwirt an der Lahn handelte, bekam Frank schnell heraus, auch,
dass der Lohn ein ganzes Fass Dünnbier betragen hatte. Denken konnte
er sich, dass davon nichts mehr übrig war. Aber welche Tätigkeit
diese schmutzigen Gesellen für einen gut beleumdeten Gastwirt hatten
ausführen sollen, darüber hüllten sie sich in Schweigen.
    So sehr Frank darauf brannte, das Anwesen der Frau
Mechthild aufzusuchen, um Nachricht über seine Bärbel zu erlangen,
so neugierig machte ihn die Geheimnistuerei. Trotzdem wandte er sich
ab und packte das Bündel, in dem er seine Sachen verstaut hatte, um
sich auf den Weg zu machen.
    »‘s nächste Mal nehmen wir dich mit. Sollst
auch mal deinen Spaß haben«, nuschelte Wendelin.
    »Sich besaufen, bis die Gedärme zwischen den
Zähnen herauskommen, nenne ich nicht Spaß«, brummte er als
Antwort.
    »Ah, lass gut sein, bist auch kein
Kostverächter!«, lachte der Dumme.
    Frank sah sich die schmähliche Runde an und
entdeckte, dass von allen nur noch Wendelin fähig war, sich zu
äußern. Alle anderen schliefen entweder laut schnarchend oder
starrten mit offenem Mund vor sich hin, nicht einmal bewusst, dass
ihnen der Geifer aus dem Maul rann. Wahrscheinlich hatten sie
Wendelin nur gegönnt, was ihnen nicht mehr hineinging. Die Menge
Bier musste enorm gewesen sein, dass der Junge dennoch nahe an der
Besinnungslosigkeit stand. Wenn Frank wissen wollte, wofür der Wirt
so großzügig zahlte, musste er sich an Wendelin halten.
    »Na dann lass mal hören, wie ihr euch angestellt
habt«, forschte er nach.
    Das Gespräch gestaltete sich erwartungsgemäß
schwierig. Zum Schluss musste Frank den Blöden sogar noch schütteln,
um die letzten Worte zu hören. Dabei fiel es ihm schwer, nicht seine
Wut an dem Hilflosen auszulassen, denn was er mitbekam, reichte aus,
seine Beherrschung zu verlieren.
    Die Schankmagd des Kellerwirts hatte sich von
einem flachbusigen, pickeligen Kind zu einer drallen Schönheit
entwickelt, wies aber alle diesbezüglichen Angebote ab und prahlte
mit ihrer Jungfräulichkeit. Das sei in erster Linie schlecht fürs
Geschäft, habe der Wirt verlautet, da die Gäste ungern ihre Hände
bei sich behielten. Und zweitens sei es undankbar ihm als Wohltäter
der Waise

Weitere Kostenlose Bücher