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Die Huren des Apothekers

Die Huren des Apothekers

Titel: Die Huren des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
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kein Wort! Springe nicht auf und schlage diesem Wicht nicht ins Gesicht! Er war ihr Nachbar und sie sah sich nicht verantwortlich für sein Seelenheil. Sollte er doch auf dem Scheiterhaufen brennen, wenn er seine Lügen in die Welt posaunte!
    »Ah, ich sehe, wie dieses Wissen dich bewegt, Frau Nachbarin! Gleich morgen, wenn die avisierte Karawane mein Kleinod liefert, wirst du Zeuge, wie viel des Heilmittels ich in meinem Laboratorium im Keller dieses Hauses aus der vorigen Mumie destillieren konnte, denn der gut bedeckte Tross wird auf dem Rückweg das kostbare Medikament mit sich nehmen.«
    Das will ich sehen, dachte Luzia, aber sie nickte nur mit niedergeschlagenem Blick.
    ---
    Wütend schlug Frank mit seinem Knüppel auf einen Busch ein. Der Scharfrichter dieser Stadt spottete allen Grundsätzen seiner Zunft! Nicht nur, dass er bei jeder Art der Hinrichtung aus Achtlosigkeit, Nichtkönnen oder einfach der Freude am Grausamsein die schmerzhafteste Variante ausübte, er versagte einem Armen ohne Ansicht der Art seines Verbrechens jede Gnade. Das Mädchen, das dort am Galgen baumelte, hätte verdient gehabt, eines schnellen Todes zu sterben. Nicht allein, dass der Richter unüblich entschieden hatte, eine junge Frau zu hängen, der Schweinehund Ottmar hatte auch noch in der Nacht vorher gegen ein Goldstück Strolche zu ihr hereingelassen, die sie grün und blau geschlagen und geschändet hatten.
    »Was soll’s?«, hatte Ottmar gesagt. »Tot ist tot, da soll sie vorher noch ein wenig Spaß haben.«
    Spaß hatte sie weiß Gott daran nicht gehabt, den Wunden nach zu urteilen, die Frank an ihrem Körper entdeckt hatte. Und das Verbrechen, dessen sie schuldig gesprochen war, wäre bei einer Revision und einem weniger voreingenommenen Richter ganz anders beurteilt worden. Ihren volltrunkenen Vater hatte sie von sich gestoßen, als er ihr Gewalt antun wollte, dabei war er die Treppe heruntergefallen und zu Tode gekommen. Als schlimm beurteilte Frank dabei nur die Tatsache, dass diesem Unhold die Schuld abgewaschen wurde, weil er ein Saufkumpan des Richters war und dieser sein Geld requirierte. Andernfalls hätte das Mädchen geerbt.
    In Haigerloch hätte Frank ganz anderes tun können. Sein Vater hätte ihm freie Hand gelassen, dem armen Ding vorher ein Messer ins Herz zu stechen, damit es nicht lange am Seil tanzen musste. Doch hier war der Knoten vom Scharfrichter absichtlich so gelegt worden, dass er sich langsam zuzog, nicht das Genick brach, sondern erst nach langen Qualen die Delinquentin erdrosselte.
    Das habe schon seine Richtigkeit, hatte er Frank versichert, denn wenn er Gnade zeige, obwohl man ihn nicht dafür bezahlte, würde jeder davon ausgehen, so behandelt zu werden. Nicht ein Goldstück würde mehr von den Angehörigen zum Henker wechseln, wenn er seine Gunst verschenke.
    Noch einen heftigen Hieb verpasste er dem Strauch. Nein, hier hielt Frank nichts und er würde so schnell wie möglich verschwinden. Er ließ von dem unschuldigen Busch ab und ging zurück zu der Schutzhütte, um sich auf den Hocker davor zu setzen.
    Das Mädchen kam so heimlich wie zuvor, auch diesmal hatte sie ihr Krüglein dabei, grüßte aber respektvoller.
    »Hättest gestern kommen sollen«, brummte Frank.
    »Da wusste ich noch nicht, was ich heute weiß«, antwortete sie, nachdem sie sich mit einem langen Blick vergewissert hatte, dass niemand sie sah.
    Frank richtete sich aufmerksam auf. »Und was weißt du?«
    »Es ist eine Ameise im Bernstein. Von ihrer Mutter hat sie das Amulett, weil sie fleißig sein soll wie die Ameise.«
    Aufgeregt fühlte Frank sein Herz wie verrückt in der Brust klopfen, seine Finger begannen zu zittern. »Und sie wohnt da bei der Frau Mechthild?«
    »Nicht mehr. Als die Schmerzen vor der Entbindung eingesetzt hatten, ist sie davongelaufen. Tiere verkriechen sich zu ihrer Zeit im Wald, genauso habe sie es gehalten. Das komme oft vor, sei nicht ungewöhnlich, sagte man mir.«
    Entbindung? Er war Vater geworden? Für eine Sekunde blieb ihm die Luft weg. Hastig fragte er weiter. »Und jetzt? Wo ist sie jetzt?« Frank lauschte atemlos der Antwort.
    Das Mädchen zuckte die Achseln und bohrte mit einem Fingernagel in den Zähnen. »Das weiß niemand. Wie ein Stück Vieh sei sie fortgerannt.«
    Ob dieser Gleichgültigkeit juckte es Frank in der Hand, diese Göre zu ohrfeigen, aber er hielt sich zurück. Seine Bärbel so zu bezeichnen! Sie konnte doch nichts dafür. Als er von den Lügen seiner Stiefmutter

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