Die Huren des Apothekers
die Gitterstäbe und durch die Ritze unterhalb der Tür. Sie beugte sich herab, um durch das Schlüsselloch zu sehen, aber gleich begann ihr Auge zu tränen, weil der Wind so heftig hereinblies. Die Luft trug einen ganz merkwürdigen Geruch mit sich, ein Hauch Verwesung, ein wenig wie in einer Pökelei, die es mit der Frische ihrer Waren nicht allzu genau nahm. Darüber ahnte Elße die Düfte einer Apotheke, exotische Tees und Spezereien, Weihrauch, Zimt, verschiedene Öle.
Was genau wollte sie hier eigentlich? Mit Sicherheit war die Tür abgeschlossen, das war sie immer, wenn nicht gerade Mechthild eines der Mädchen hindurchführte, das vor Wehenschmerz kaum noch laufen konnte. Es gab nur einen einzigen Gang, der zum Gebärort führte. Wie ein Zerberus bewachte Mechthild dieses Gemäuer, wenn die Mutter nach der Geburt herausgeholt wurde und zwei der Mädchen das Blut vom Boden wischten. Dabei barg der Anbau weitaus mehr Raum. Im Erdgeschoss lagen Laboratorien der Apotheke und der Keller wies Lagerräume auf – sagte man. Was genau allerdings dort passierte, wusste niemand außer Mechthild und ihrem Gemahl, denn keiner durfte es sehen, abgesehen von einigen der Knechte, die bei groben Arbeiten dem Apotheker halfen.
Nein, so ganz stimmte das nicht. Manchmal, wenn ein Gönner aus der Stadt eine Geldspende vorbeibrachte, ließ Mechthild die Mädchen antreten, um sie ihre Anerkennung mit einem Knicks und gemurmelten Dankesworten ausdrücken zu lassen, dann führte sie ihn in einen der neben dem Gebärort gelegenen Räume und rief alsbald eines der Mädchen zu ihm. Was dort passierte, war allgemein bekannt. Da keine von ihnen offen gezwungen wurde, ihre Schuld der Wohltäterin gegenüber auf diese Weise abzuarbeiten, verlor auch niemand ein Wort darüber – die meisten hatten sich wohl auch schon daran gewöhnt, weil ihnen schon seit Längerem keine andere Wahl blieb, wenn sie nicht verhungern wollten. In einem hatte Mechthild recht: Die meisten der in Schwierigkeiten gekommenen Mädchen besaßen in dieser Hinsicht keine Skrupel und genossen gerne die Privilegien, die mit ihrer Bereitschaft einhergingen, präsentierten sich sogar im besten Licht und freuten sich, erwählt zu werden. Das bedeutete nämlich eine Nacht in einem weichen Bett im Warmen und mehrere reichliche Mahlzeiten, die sie mit dem Gast zusammen genossen.
Aber so eine war Jonata nicht. Darum würde sie sich auch nicht in einem der üppig ausgestatteten Räume im Obergeschoss befinden. Elße befürchtete eher einen kalten, feuchten Kellerraum.
Langsam, als ob die Klinke sie beißen könne, tastete Elße danach. Das Metall fühlte sich an, als ob vor Kälte ihre Finger darauf kleben bleiben könnten. Behutsam, um auf keinen Fall ein Quietschen zu verursachen, drückte sie die Klinke herunter. Gut geschmiert folgte der Griff lautlos der Bewegung, doch ihre Bemühungen blieben vergebens. Die Tür rückte sich nicht um eine Haarbreite aus ihrem Rahmen. Mechthild hatte abgeschlossen.
Elße ließ sich am glatten Holz herabgleiten, bis sie ihre Knie umfassen konnte und die Stirn darauf legte. Tränen durchnässten ihr Kleid. Was auch immer dort mit Jonata geschah, niemand würde ihr helfen.
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So sehr Lukas ihr auch versicherte, keine Zeit zu haben, ganz dringend das Horoskop des Landgrafen berechnen zu müssen, noch eilends letzte Himmelsbeobachtungen ausführen zu wollen, so leichtfertig ließ er sich in Luzias Umarmungen fallen. Wie weggeblasen war seine schlechte Laune, er kicherte im Gegenteil in Erwartung der bösen Überraschung, die den diebischen Professor für seine schlechte Tat erwartete. Als Luzia unter seinen Küssen von dem kleinen Sessel herunterrutschte, verschwendete er keinen Gedanken daran, dass jemand sie beobachten könnte. Magdalene schmollte auf ihrem Zimmer und kam nicht vor dem nächsten Morgen heraus und Trine würde jedes der Hausmädchen davon abhalten, dem erbosten Hausherrn in die Quere zu kommen, also konnten sie sich völlig ungestört geben. Und das nutzte Luzia schamlos aus.
»… nicht in der Bibliothek!«, äußerte Lukas halbherzig, aber Luzia verschloss ihm sofort wieder den Mund und führte seine Finger, die sinnlos gestikulieren wollten, zu gewinnbringenderer Tätigkeit in ihr Mieder. Seine Männlichkeit schwoll an, ohne dass sie Hand anlegen musste, bis er jammernd seine Kleidung öffnete. Luzia jedoch legte noch nichts ab, bis er die Schnüre ihres Mieders aufnestelte und völlig versunken in den Geschmack
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