Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Huren des Apothekers

Die Huren des Apothekers

Titel: Die Huren des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
Vom Netzwerk:
Sonst erwartet sie eher den Fehler bei sich, bevor sie andere beschuldigt. Bist du sicher?«
    Er atmete noch einmal tief durch und nickte dann. »Vorgestern ergab sich eine wunderbare Sicht auf die Gestirne, weil der Himmel plötzlich aufklarte. Ich wollte die Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen, weshalb ich nur schnell hier unten etwas nachschlug, eine Notiz auf einen Zettel kritzelte und wieder in den Turm stieg. Einer Notiz bedarf es nur bei einem verwirrenden Sachverhalt. Über die umfangreichen Beobachtungen der vorigen Nacht vergaß ich, ob die momentane Konjunktion nun dem Fürsten viel oder wenig Hoffnung auf das Gelingen seiner Pläne macht. Mit dem Buch in der Hand würde ich erneut nachschlagen, aber da ich weder Buch noch Notiz finde, könnte ich geradewegs aus der Haut fahren!«
    Schon wieder erregte Lukas sich und ballte die Fäuste. Luzia trat geschwind zu ihm und legte ihre Hand beruhigend auf seinen Arm. »Bitte, Liebster, was genau suchst du denn?«
    Er dankte ihr mit einem erzwungenen Lächeln. »Du hast ja recht, Wut bringt nichts. Eine Abhandlung des Tycho Brahe über die Konjunktionen des Jupiters, nur eine schmale Fibel, nicht einmal eingebunden, sondern nur zusammengeheftete Blätter. Sie könnte zwischen zwei Deckel gerutscht sein, sogar zwischen die Blätter eines Folianten. Da sie so schmal ist, werde ich sie niemals wiederfinden!«
    Tränen traten in Lukas‘ Augenwinkel und beinahe schien es Luzia, als ob er sich um das Büchlein mehr sorgte als um das Wohlergehen seiner Schwester. »So wichtig ist es?«
    Mit zusammengekniffenen Lippen nickte er. Luzia seufzte und stemmte die Hände in die Hüften. »Dann werden wir es suchen. Ein Zettel mag beim Lüften mit dem Wind davonwehen, aber die Fibel muss irgendwo sein. Wo hast du sie das letzte Mal gesehen?«
    Er deutete auf den kleinen Tisch zwischen den Sesseln der Damen. »Trine meldete den Besuch Professor Weinziers an, weshalb ich … nun, ich sprang auf und … die Broschüre muss ich dort aufgeschlagen liegen gelassen haben, daneben den Notizzettel. Über seine ungerechtfertigte Kritik vergaß ich, es später an seinen Platz zu stellen.« Diesen bezeichnete er als eine Lücke zwischen zwei gewichtigen Werken über die Astrologie, von denen eines Latein, das andere Arabisch geschrieben war.
    Kurz schloss Luzia die Augen. Der Professor hatte vorgestern den gesamten Haushalt in Aufruhr versetzt. Magdalene hasste Streitigkeiten, vielleicht ein Grund, warum sie so gereizt auf Lukas´ Vorwürfe reagierte.
    Lukas hatte den Professor in der Bibliothek empfangen, während Luzia sich um dessen Frau kümmerte, diese knochige Alte mit der Bildung und dem Charme einer Kellerassel. Zu dem Zeitpunkt also hatte Magdalene auf gar keinen Fall das Büchlein weggeräumt, dazu war sie zu beschäftigt mit dem Aufräumen nach Weinziers überstürztem Aufbruch gewesen. Und gestern? Sie hatte gelesen, wie üblich mit dem Staubwedel in der Hand. Aber ob sie auch herumgeräumt hatte? Wenn, dann traute Luzia ihr auf keinen Fall zu, etwas falsch einsortiert zu haben. Magdalene kannte die Bibliothek besser als Lukas.
    Vor Luzias innerem Auge entstand das Bild, wie sie mit Trine und dem fremden Mädchen im Schlepptau diesen Raum betreten hatte. Magdalene hatte am Fenster gestanden, ein Buch in der Hand. Und der Tisch? Angestrengt versuchte sie sich zu erinnern. Nein, mit ziemlicher Sicherheit hatte dort kein Buch gelegen, weil Magdalenes Tasse auf diesem Fleck stand. »Magdalene würde nie ihre Kaffeetasse neben ein Buch stellen. Es könnte ein Unglück geschehen und Flecken auf der kostbaren Schrift hinterlassen. Lukas, ich glaube nicht, dass sie dein Buch verlegt hat.«
    »Ja aber …« Ein nachdenklicher Blick trat in Lukas´ Augen, der in Wut überging. »Diese Ratte!«, rief er aus. »Jetzt weiß ich es wieder! Ich nahm das Büchlein mit in den Speisesaal und legte es auf den Tisch, um es Weinzier zu zeigen. Er beneidet mich offen um meinen Kontakt zu Brahe und Kopernikus, missgönnt mir das von ihnen erworbene Wissen! Ob dieser Hund …«
    »Nein, Lukas, bitte sprich keine vorschnellen Beschuldigungen aus.« Luzia strich beruhigend über seinen Arm und spürte, wie er seine Muskeln verkrampfte. »Es bekäme deiner Karriere nicht gut, einen älteren Kollegen anzuklagen.«
    Notgedrungen nickte er. »Trotzdem muss ich mir mein Eigentum wiederholen. Nur wie?«
    Überlegen lächelte Luzia. »Wenn er es hat, werde ich es finden.«
    Lukas hob erschrocken

Weitere Kostenlose Bücher