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Die Hurenkönigin (German Edition)

Die Hurenkönigin (German Edition)

Titel: Die Hurenkönigin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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kannst ruhig wiederkommen, du Hure‹, hat er geblökt. ›So eine wie dich haben wir gerne bei uns. Außerdem ist es ein Akt der Barmherzigkeit, jene, die ohnehin schon ganz unten sind, noch weiter zu knechten und zu demütigen.‹ Das hat er mit so einer Verachtung von sich gegeben, dass ich ihm am liebsten eine runtergehauen hätte. Doch Rosi hat mich mitgezogen, sie wollte nur noch weg und endlich ihre Ruhe haben. Dieser Abartige hat uns noch hinterhergerufen: ›Und behaltet unbedingt für euch, was ihr gesehen habt. Denn seid euch gewiss, wenn ihr uns verratet, geht ihr mit! Schließlich hat die Hure an einer schwarzen Messe teilgenommen, und du hast sie uns zugeführt.‹ – Dann habe ich nix mehr von denen gehört. Dachte mir, die haben wohl die Muffe gekriegt und melden sich nicht mehr. Aber Anfang Juli hat mich die Schleiereule wieder vor der Schenke abgepasst und für die Nacht des 21. Juli die Rosi bei mir bestellt. Ich habe nur gesagt, das läuft nicht, und ihr die kalte Schulter gezeigt. Die hat dann sogar noch mehr geboten als beim letzten Mal, aber ich bin stur geblieben. Die Rosi hat mir nämlich gesagt, dass ich ihr mit so was gar nicht mehr zu kommen brauchte, das würde sie nicht noch mal machen. Und weil die Rosi ja am 22. Juli tot aufgefunden worden ist, hab ich mir gedacht, dass diese Satansjünger vielleicht was damit zu tun haben … Zutrauen würde ich es ihnen.«
    »Warum hast du das denn nicht schon längst gesagt!« Die Zimmerin war erregt aufgesprungen und hatte den Frauenhausknecht an den Schultern gepackt. »Hast du der Rosi von dem zweiten Angebot erzählt?«
    »Ja«, presste Josef hervor. »Ich habe es ihr gesagt. Und jetzt denke ich, dass sie vielleicht auf eigene Kappe zu denen hin ist, weil sie das viele Geld gelockt hat …«

6
    Montag, 25. Juli 1511
      Als Bürgermeister Reichmann in Begleitung der Senatsangehörigen Fichard, Neuhaus und Holzhausen um die neunte Stunde das Hurenhaus in der kleinen Mainzergasse betrat, in dem er schon manch lustvolle Stunde verbracht und rauschende Gelage gefeiert hatte, war er, dem Ernst der Lage geschuldet, in eher gesetzter Stimmung. Bei früheren Inspektionen des Frauenhauses hatten die Standespersonen immer ein freundliches Wort für die freien Töchter der Stadt und nicht selten sogar ein Trinkgeld aus der Stadtkasse übrig gehabt, doch an diesem Montagmorgen beließen sie es bei einem kühlen Gruß.
    »Darf ich Euch eine Stärkung reichen lassen?«, erkundigte sich die Gildemeisterin und bot den Herren an, Platz zu nehmen.
    »Nein danke«, erwiderte der Bürgermeister säuerlich, und seine Begleiter enthielten sich einer Antwort. »Wir haben Euch eine offizielle Mitteilung zu unterbreiten, und im Anschluss daran möchten wir das Haus inspizieren«, knarzte das Stadtoberhaupt. »Und ruft bitte die drei an der Geschlechtsseuche Erkrankten … Wie heißen sie noch mal?« Er wandte sich zerstreut an die Ratsherren.
    Senator Holzhausen nahm ein Schriftstück aus einer Ledermappe und legte es seinem Vorgesetzten auf den Tisch. Dieser las ab: »Josef Ott, Agnes Loiperdinger und Anna Däscher – bitte umgehend zu erscheinen!«
    Ursel bat ihre Stellvertreterin Ingrid, die drei zu benachrichtigen. Wenig später traten der Frauenhausknecht und die beiden Frauen hinter der Lohnsetzerin in die Stube und grüßten scheu in Richtung der Senatoren. Inzwischen hatte sich der Aufenthaltsraum mit Hübscherinnen gefüllt.
    Reichmann richtete seine Schriftstücke und begann mit versteinertem Gesicht zu verlesen: »Die Gildemeisterin und Frauenhauswirtin Ursel Zimmer hat mit der Stadt Frankfurt am Main einen Pachtvertrag geschlossen, der an eine Kündigungsfrist von drei Monaten gebunden ist. Sie hat dem Magistrat der Stadt Frankfurt gegenüber einen Eid abgelegt, in dem sie sich verpflichtet, auf die Gesundheit der Huren zu achten und Dirnen, die mit einer offenbaren Krankheit behaftet sind, umgehend aus dem Frauenhaus zu entfernen und dem Magistrat darüber Meldung zu erstatten. Da dies bedauerlicherweise nicht erfolgte, kündigt die Stadt Frankfurt am Main der Gildemeisterin Ursel Zimmer den Pachtvertrag zum 31. Oktober dieses Jahres …«
    Von allen Seiten waren Rufe der Empörung zu vernehmen. Die Hurenkönigin war kreidebleich geworden und ließ sich auf einen Stuhl sinken.
    »Ruhe!«, brüllte Reichmann mit Nachdruck. »Wir sind noch nicht am Ende.« In gesetzterem Ton fuhr er fort: »Da aber besagte Zimmerin seit nunmehr vierzehn Jahren ihrem

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