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Die Hurenkönigin (German Edition)

Die Hurenkönigin (German Edition)

Titel: Die Hurenkönigin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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gewesen sein?«, bohrte die Zimmerin weiter. »Auf dem Markt, in der Schenke, in der Kirche …«
    Josef runzelte angestrengt die Stirn. »Verdammt noch mal, ich weiß es einfach nicht! Am ehesten noch in der Kirche. Aber auch da bin ich mir nicht sicher.«
    »Das ist doch schon mal ein Anhaltspunkt«, ermutigte ihn die Hurenkönigin. »War es vielleicht in der Leonhardskirche?«
    »Nein, ich glaube nicht«, stieß Josef hervor und fuhr sich nervös über den stoppeligen Schädel. »Nur weil sie mir ein bisschen wie eine Betschwester vorkam, muss das nicht unbedingt heißen, dass ich sie in der Kirche gesehen habe …«
    »Das ist ja interessant!«, entfuhr es der Zimmerin. »Eine Betschwester? Am Ende gar eine Nonne?«
    »Nein, das nicht. Aber irgend so ’ne Frömmlerin halt … Jedenfalls hat sie so ausgesehen, als ob sie kein Wässerchen trüben könnte. Dabei hatte sie’s faustdick hinter den Ohren, das scheinheilige Aas …«
    Die Hurenkönigin schwieg und dachte nach.
    »War sie eine einfache Frau oder eher … eher eine Dame?«, fragte sie schließlich.
    »Eher eine feine Dame«, erwiderte Josef prompt. »Oder besser gesagt: ein vornehmes Fräulein, denn sie war ja noch sehr jung.«
    »Ein feines Fräulein und irgendwie fromm?« Der Zimmerin kam eine Idee. »Vielleicht ist sie ja ein Stiftsfräulein!«, rief sie aus und knuffte den Frauenhausknecht in die Seite.
    Dieser starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an. »Das könnte sein! Warum bin ich da nicht selber draufgekommen?«
    »Das Weißfrauenstift, in dem die höheren Töchter den letzten Schliff kriegen, ist ja nicht weit entfernt.« Die Wangen der Zimmerin hatten sich vor Aufregung gerötet. Es hielt sie nicht mehr auf dem Hocker, sie eilte ans Fenster, riss es auf und fächelte sich Luft zu. »Man sieht sie doch immer in der Stadt, diese jungen Patriziertöchter in ihren schlichten grauen Stiftsgewändern. – Josef, wir müssen unbedingt in Erfahrung bringen, wann da der Unterricht zu Ende ist. Dann werden wir uns diese Gänschen einmal vorknöpfen!«

    Es nieselte leicht, als der Frauenhausknecht und die Hurenkönigin kurz vor der dritten Nachmittagsstunde das Frauenhaus verließen und bis zur Münzgasse gingen, die direkt zur Weißfrauengasse führte. Um sich vor dem Regen zu schützen, aber vor allem, um weniger aufzufallen, hatte sich die Zimmerin einen hellgrauen Umhang mit Kapuze übergezogen, der ihre leuchtend roten Haare und das Hurengewand dezent kaschierte.
    Ursel und Josef ließen sich unweit des Weißfrauenstiftes an einem Ziehbrunnen nieder, von dem aus sie einen direkten Blick auf das Eingangsportal hatten. Mit einiger Anspannung warteten sie darauf, dass der Unterricht zu Ende war und die Patriziertöchter das Gebäude verließen. Gleich darauf schlug die mechanische Räderuhr am Römerrathaus laut die dritte Stunde. Ursel und Josef schraken zusammen.
    Da öffnete sich auch schon das Stiftsportal, und eine Gruppe junger Mädchen in grauen Gewändern strömte nach draußen. Die Hurenkönigin machte sich am Ziehbrunnen zu schaffen und tat so, als wollte sie Wasser schöpfen. Josef gab sich den Anschein, als würde er aus seinen gewölbten Handflächen trinken, ließ aber die jungen Damen nicht aus den Augen. Diese beachteten das Paar am Brunnen nicht und gingen, angeregt miteinander tuschelnd, an ihnen vorüber.
    »Ist sie dabei?«, zischte die Hurenkönigin Josef zu, der sich nervös am Kopf kratzte.
    »Die mit der braunen Atlashaube könnte es sein, aber ich bin mir nicht sicher«, erwiderte er.
    »Auf, hinterher!«, flüsterte die Zimmerin, hastete los und zog Josef mit sich. »Wir haben doch nichts zu verlieren.«
    Josef lächelte bitter. »Ich sowieso nicht.«
    Während sie der Gruppe folgten, raunte Josef der Hurenkönigin zu: »Ich weiß nicht, ob sie das ist. Ich hätte sie mir genauer angucken müssen. Aber das ist ja alles so schnell gegangen …« Er warf der Zimmerin einen unsicheren Blick zu.
    Ursel überlegte und murmelte: »Dann müssen wir sie halt ansprechen, nach dem Weg fragen oder irgendetwas Unverfängliches. Ich mache das, und dabei kannst du sie dir ansehen.« Die Hurenkönigin beschleunigte ihre Schritte und näherte sich der Mädchengruppe.
    »Halt, wartet noch«, flüsterte Josef betreten. »Was ist, wenn sie mich erkennt?«
    »Umso besser«, entgegnete Ursel resolut und rief sogleich den Stiftsfräulein zu: »Entschuldigung, könnten die Damen vielleicht so freundlich sein und mir den Weg

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