Die Hurenkönigin (German Edition)
und sich gleich darauf von ihr mit Füßen treten lassen. Denn das Züchtigen und Quälen war Isoldes Spezialität geworden.
Vor nunmehr drei Jahren hatte sie bei einer Festivität von Sachsenhäuser Rittern jenen jungen Freiherrn kennengelernt, der immer seinen Diener zu ihr schickte, weil er niemals ein Frauenhaus betreten würde. Der junge Adlige hegte nämlich eine panische Furcht vor Frauen. In Isolde dagegen sah er eine unnahbare gestrenge Herrin, die ihm genau das Martyrium bescherte, das er brauchte.
Inzwischen hatte die Gräfin so viel gespart, dass sie sich bald zur Ruhe setzen konnte. Dann würde sie glänzend leben und andere für sich arbeiten lassen.
Vielleicht würde sie sogar die Liebe erleben, so wie die Hurenkönigin? Einen aufrechten Mann heiraten und Kinder mit ihm haben – denn Geld war ja nicht alles, und im Grunde genommen hasste sie diese reichen Säcke und ihre kranke Lust, gedemütigt zu werden!
Nur noch dieses Jahr, Isolde!
Und so lange würde sie noch mitnehmen, was sie kriegen konnte.
Teil 2
Die Märtyrerin
Afra –
Schutzpatronin der Huren
Sie lebte als Prostituierte in Augsburg und wurde
durch Bischof Narcissus, der einmal in ihrer
Herberge wohnte, bekehrt. Später starb sie den Märtyrertod.
Ihr Gedenktag ist der 7. August.
8
Donnerstag, 28. Juli 1511
Ursel Zimmer war an diesem Morgen früh aufgestanden, nachdem sie stundenlang wach gelegen und über das, was der Hausierer erzählt hatte, nachgedacht hatte.
Müde und gerädert schlurfte sie in die Küche, um einen Schluck Milch zu trinken, und bat die Köchin mit verquollenen Augen, ihr einen Eimer Wasser aus dem Brunnen zu schöpfen. Etwas kaltes Wasser im Gesicht würde sie schon munter machen.
Nachdem ihr Bertha einen Bottich mit Brunnenwasser in die Badestube im Kellergeschoss gebracht hatte, wusch sie sich ausgiebig das Gesicht und ging prustend dazu über, sich den Körper mit Honigseife einzuschäumen, denn sie hatte in der Nacht geschwitzt und wollte doch nachher, wenn sie zu Bernhard ging, sauber sein und gut riechen. Sie hatte nämlich vor, mit ihm über alles zu reden und seinen Rat einzuholen.
Gerade als sie dabei war, sich abzutrocknen, ging die Tür auf, und Isolde betrat die Badekammer. Beim Anblick der Hurenkönigin zuckte sie leicht zusammen.
»Guten Morgen, Meistersen«, grüßte sie verlegen. »Ihr seid ja früh dran heute.«
»Stimmt. Und gestern ist es wieder ganz schön spät geworden. Aber ich konnte nicht mehr schlafen. – Aber du bist ja auch schon munter …« Die Zimmerin hatte sich ein frisches Gewand übergestreift und fing an, ihr Mieder zu schnüren.
»Ja. Ich will nachher noch ein paar Besorgungen machen«, erklärte die Gräfin knapp.
»Aber vergiss nicht, bis zur elften Stunde wieder hier zu sein«, ermahnte sie die Hurenkönigin. »Da kommt doch diese Siechenmagd, um euch zu untersuchen.«
»Ich weiß. Deswegen bin ich ja auch so früh aufgestanden, damit ich mir beim Einkaufen Zeit lassen kann.«
Gleich darauf kam die Magd mit zwei Eimern Wasser herein, die sie in einen Holzbottich kippte.
Isolde streifte ihr Nachtgewand ab und fing mit der Morgentoilette an. Die Zimmerin betrachtete bewundernd den makellosen Körper.
»Schön biste, mein Kind«, bemerkte sie mit einem anerkennenden Schnalzen.
»Danke, Meistersen«, erwiderte die Gräfin lächelnd. »Ihr habt Euch aber auch gut gehalten.«
»Ach, Mädel, die Schönheit ist vorüber, aber man tut halt, was man kann.« Die Hurenkönigin lachte.
Isolde schüttelte den Kopf. »Das stimmt nicht, Ihr seid immer noch eine schöne Frau … und das wisst Ihr auch.«
Die Zimmerin grinste geschmeichelt. »Schönheit ist vergänglich, genau wie alles andere auch. Und wenn kein Herz dahintersteckt, ist sie nur eine leere Hülle.«
Die Gräfin nickte nachdenklich und fuhr sich mit einem Meeresschwamm über Gesicht und Körper.
»Ach, wie schön«, bemerkte die Zimmerin fasziniert. »Das ist doch ein Seeschwamm! Ich habe solche Schwämme an einem Stand von Kaufleuten aus dem Morgenland gesehen. Sie sind fast so teuer wie Rosenöl …«
»Er ist ein Geschenk von einem Verehrer«, erklärte Isolde zurückhaltend.
»Dafür hast du ja wirklich ein Händchen, Gräfin. Aber ich gönn es dir!« Die Hurenkönigin war fertig angekleidet und wandte sich zur Tür.
»Da seid Ihr aber die Einzige, Meistersen«, entfuhr es Isolde.
»Ach, Mädel, mach dir nix draus. So ist das halt. Wenn du gut im Geschäft bist, sind sie alle
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