Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hurenkönigin (German Edition)

Die Hurenkönigin (German Edition)

Titel: Die Hurenkönigin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
Vom Netzwerk:
Folianten in den Händen zurück, den er der Hurenkönigin präsentierte.
    »Das ist eine alte Chronik von Sachsenhausen«, erklärte er, während er das Buch auf seinen Schreibtisch legte und aufschlug.
    Die Zimmerin war neben ihn getreten und blickte interessiert auf die mit Schriftzeichen übersäten Seiten, die sie leider nicht entziffern konnte. »Was steht da drin? Lies doch bitte vor!« Sie platzte förmlich vor Ungeduld.
    Bernhard blätterte langsam die Seiten um und las konzentriert. »Augenblick«, murmelte er, »ich muss mir erst mal selbst einen Überblick verschaffen …«
    Ursel schnaubte gereizt und trat von einem Fuß auf den anderen. Bernhard, der nur zu gut wusste, dass Geduld nicht zu den Stärken seiner Geliebten zählte, grummelte gutmütig: »Halt Ruhe – das haben wir doch gleich …«
    Endlich hob er den Kopf und erklärte: »Also, bereits im 13. Jahrhundert lebten mehrere Ritterfamilien in der Gemarkung südlich des Mains. Das waren die Herren von Hagen und Münzenberg, die Herren von Sachsenhausen, die Herren von Praunheim, die Herren von Urberg, die Herren von Schweinsberg und die Herren von Stockheim. Sie alle besaßen prächtige Höfe mit schlossähnlichen Gebäuden und umfangreiche Ländereien. Zu dieser Zeit wurde Sachsenhausen fast ausschließlich von den Ritterfamilien bewohnt. Erst Ende des 13. Jahrhunderts ließen sich zunehmend auch Landarbeiter, Fischer, Gerber und andere Handwerker auf dem südlichen Mainufer nieder. Im 14. Jahrhundert nahm die Bevölkerung stark zu und stieg von etwa 250 auf rund 2700 Menschen an. Dann verlor Sachsenhausen seine gewerbliche Bedeutung, die Mehrzahl der Einwohner verarmte. Es war den feinen Herrschaften wohl nicht genehm, in der Nachbarschaft dieser Hungerleider zu leben, denn daraufhin kehrten immer mehr Adelsfamilien Sachsenhausen den Rücken und zogen auf die Frankfurter Mainseite.«
    Er blätterte ein paar Seiten weiter. »Zurzeit leben nur noch die Ritter von Sachsenhausen und Praunheim sowie die Herren von Urberg und Stockheim auf ihren Stammgütern in Sachsenhausen.«
    Die Augen der Hurenkönigin leuchteten vor Tatendrang. »Worauf warten wir dann noch?«, rief sie aus.
    Bernhard sah sie irritiert an. »Ursel, du willst doch jetzt nicht im Ernst nach Sachsenhausen gehen und bei diesen Herrschaften an die Türen klopfen? Wir wissen ja noch nicht einmal, ob es sich bei dem adeligen Weiberknecht, von dem Isolde gesprochen hat, tatsächlich um einen der Adligen aus Sachsenhausen handelt. In Frankfurt gibt es Dutzende von Adelsleuten, von den zahlreichen Rittern und Landgrafen im Umland einmal ganz zu schweigen …«
    »Die Spur führt aber eindeutig nach Sachsenhausen«, beharrte die Hurenkönigin. »Und die Sache mit dem adeligen Dulder und Marienverehrer geht mir nicht aus dem Sinn. Vielleicht war er es ja, der Isolde zu sich bestellt hat, und der Mann in der Jagdkleidung war sein Diener? Der Auftraggeber des Hausierers trug doch diesen seltsamen Ring. Er war ein hoher Herr, der nicht erkannt werden wollte … Womöglich sind Rosis Mörder und derjenige, den Isolde am Donnerstagmorgen in Sachsenhausen aufgesucht hat, ein und dieselbe Person!«, sprudelte es aus der Hurenkönigin heraus. »Der Mörder ist ein Marienverehrer – womöglich der gleiche Marienverehrer, von dem Isolde gesprochen hat.«
    »Die Gräfin war auf Dulder spezialisiert, das weißt du so gut wie ich«, hielt ihr Bernhard entgegen. »Und auch dieser adelige Marienverehrer, von dem sie gesprochen hat, war ein Dulder. Sagtest du nicht selber, dass Rosis Mörder ein Folterknecht gewesen sein muss? Ein Dulder kann nie ein Folterknecht sein , das genau waren deine Worte!« Bernhard blickte die Geliebte vorwurfsvoll an. »Ursel, du verrennst dich wieder in etwas! Und dann dieser neuerliche Verdacht gegen Schwester Theodora, der ja durchaus begründet ist. Aber nicht jeder, der euch übelwill, begeht auch einen Mord. Wenn’s danach ginge, müssten wir zurzeit ganz Frankfurt verdächtigen.«
    Die Hurenkönigin war während seiner Worte immer nachdenklicher geworden. »Ich weiß, das erscheint alles wie Kraut und Rüben, aber es muss da einen Zusammenhang geben …«, murmelte sie niedergeschlagen. »Das Kloster des Sankt-Spiritus-Ordens befindet sich ja auch in Sachsenhausen. Vielleicht stecken die ja alle unter einer Decke, die Betschwestern und der Marienverehrer … und der Mord an Rosi sollte uns so etwas wie eine Warnung sein?« Sie blickte Bernhard mit einem Mal

Weitere Kostenlose Bücher