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Die Hurenkönigin (German Edition)

Die Hurenkönigin (German Edition)

Titel: Die Hurenkönigin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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Tischrunde setzte sogleich Murren ein, und die Hurenkönigin blickte in skeptische Gesichter.
    »Ich glaube dem Aas kein Wort«, grummelte die alte Irmelin. »Die war es, und damit fertig. Ihr habt doch selbst oft gesagt, dass Ihr der jede Schlechtigkeit zutraut. Ich für mein Teil tue das auch, und deswegen denk ich, Ihr solltet das Geschwafel nicht so ernst nehmen. In knapp zwei Stunden ist die Hinrichtung, und die sollten wir uns nicht entgehen lassen – das sind wir auch unseren ermordeten Gildeschwestern schuldig.« Irmelin sah die Gildemeisterin vorwurfsvoll an.
    Ursel stieß einen Seufzer aus und erwiderte ernst: »Eben deswegen werde ich mich jetzt auch nach Sachsenhausen aufmachen, um den wahren Mörder zu suchen!«
    Die Jennischen Marie schüttelte entrüstet den Kopf. »Meistersen, Ihr verrennt Euch da in was! Warum lasst Ihr Euch nur von dieser Betschwester kirre machen?«
    »Weil ich ihr glaube!«, entgegnete die Hurenkönigin mit fester Stimme. »Und das ist mir nicht leichtgefallen, das kann ich euch versichern. Die halbe Nacht habe ich wach gelegen und darüber nachgegrübelt … Aber ich spüre es auch hier drinnen, dass sie es nicht war.« Die Zimmerin drückte die Hand an den Busen. »Und das hab ich im Grunde genommen auch gestern Abend schon gespürt. Die Bestie, die den Mädels das angetan hat, läuft noch immer frei herum.«
    In den Mienen der Huren mischten sich Angst und Zweifel. Die Hurenkönigin setzte nach: »Ihr erinnert Euch doch vielleicht noch, dass Isolde von einem adeligen Weiberknecht gesprochen hat, der sie immer zu sich bestellt hat? Und dieser grüngekleidete Mann im Jagdumhang, der letzten Mittwoch bei ihr war und mit dem sie am Donnerstagmorgen über die Brücke nach Sachsenhausen geritten ist, könnte durchaus dessen Jagdaufseher gewesen sein. Dann ist da auch noch dieser ominöse Auftraggeber mit dem herzförmigen Ring mit den sieben Schwertern, dem bekannten Mariensymbol also, von dem der Hausierer berichtet hat. Hat Isolde nicht damals gesagt, dass ihr Freier ein Marienverehrer war?«
    Einige der Huren schienen sich zu erinnern und nickten verhalten.
    »Deswegen habe ich mich entschieden, diesen Spuren zu folgen und nach Sachsenhausen zu gehen«, erklärte die Zimmerin entschlossen.
    »Das sind doch alles nur Mutmaßungen!«, stieß die alte Irmelin hervor.
    »Besser im Trüben fischen, als gar nichts zu unternehmen«, hielt die Hurenkönigin dagegen.
    »Aber – falls Ihr recht habt, ist es sogar noch viel schlimmer!« Irmelin musterte die Gildemeisterin bekümmert. »Ihr alleine in Sachsenhausen auf Mördersuche … Wenn Ihr dort tatsächlich den Mörder ausfindig macht, begebt Ihr Euch doch in allergrößte Gefahr! – Weiß eigentlich Euer Liebster, was Ihr vorhabt?«
    Ursel schüttelte den Kopf und erklärte zerknirscht: »Nein, der ist gestern Morgen nach Mainz gefahren. Er kommt wahrscheinlich erst am Wochenende zurück.« Sie blickte Irmelin und die anderen Huren, die alle sehr besorgt wirkten, begütigend an. »Jetzt kommt, ich bin doch nicht aus der Welt. Ich mache mich jetzt auf nach Sachsenhausen und such mir in aller Ruhe eine Unterkunft. Es gibt dort jede Menge Fremdenherbergen und Wirtschaften. Und dann wollen wir mal sehen, was ich da so über die Sachsenhäuser Adelsherren in Erfahrung bringe. Sobald ich interessante Einzelheiten herausgefunden habe, melde ich mich wieder bei euch. Und so lange hältst du hier die Stellung.« Ursel wandte sich an die alte Irmelin, die sie verdutzt anschaute. »Wenn man mal von deinem Schandmaul absieht, gibst du als Dienstälteste doch eine würdige Gildemeisterin ab!« Die Hurenkönigin tätschelte der alten Hure ermutigend die Schulter. »Und kein Wort zu irgendwem, habt Ihr gehört? Mit Ausnahme von Bernhard und dem Henker braucht weder die Obrigkeit noch sonst wer zu wissen, was ich vorhabe … Wenn euch nachher bei der Hinrichtung jemand dumm fragt, wo ich bin, dann wisst ihr von nichts, habt ihr verstanden?« Die Zimmerin maß ihre Schäfchen noch einmal mit strengem Blick, ehe sie sich erhob und mit Tränen in den Augen erst ihre frischgebackene Stellvertreterin und danach der Reihe nach alle Huren umarmte. Dann schlüpfte sie in den Umhang, schnallte sich den Ranzen auf den Rücken, winkte den Frauen an der Eingangstür noch einmal zu und stapfte nach draußen.
    Als die Hurenkönigin mit dem prall gefüllten Felleisen auf dem Rücken die Alte Mainzergasse entlanglief, würdigten die Passanten die einfache Frau

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