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Die Hurenkönigin (German Edition)

Die Hurenkönigin (German Edition)

Titel: Die Hurenkönigin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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Zimmerin! Das hat mir die Heilige gesagt, sie spricht endlich wieder mit mir. Sie hat mir auch gesagt, dass sie schützend ihre Hand über Euch halten wird. Denn Ihr seid in großer Gefahr …« In Theodoras Augen spiegelte sich der blanke Wahnsinn. Die Zimmerin war sich mit einem Mal gar nicht mehr sicher, ob sie den Beteuerungen der Mörderin Glauben schenken konnte.
    »Ich denke, es ist besser, wenn ich jetzt gehe«, murmelte sie und erhob sich vom Stuhl.
    Theodora war verstummt. Der Blick, mit dem sie die Zimmerin musterte, wirkte wie verklärt. »Ihr seid fürwahr eine beeindruckende Frau, Hurenkönigin«, bemerkte sie mit verzücktem Lächeln. »In einem anderen Leben hättet Ihr eine wunderbare Märtyrerin abgegeben. Ihr seid eine Lichtgestalt … Gott schütze Euch!«
    »Danke«, erwiderte die Zimmerin gepresst und strebte zur Kerkertür.
    Als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte und draußen auf dem Gang stand, lehnte sie sich an die kalte Steinwand und nestelte mit bebenden Händen den Theriak aus der Manteltasche.

    »Nur schnell raus hier!«, stieß Ursel hervor, als der Henker sie fragte, ob alles in Ordnung sei. Obwohl sie gerade einen Schluck Theriak zu sich genommen hatte, der ihre strapazierten Nerven wenigstens ein bisschen besänftigte, hastete die Zimmerin wie von Wölfen gehetzt vor dem Scharfrichter die Treppe hinunter. Unten angekommen, hielt sie ihr Gesicht in den Nieselregen und atmete tief die kühle Nachtluft ein.
    Meister Jerg beobachtete sie aus den Augenwinkeln und druckste ein wenig herum, ehe er fragte: »Wie ist es, Zimmerin, wollen wir in Sachsenhausen noch einen Schoppen trinken?«
    Ursel schaute ihn verwundert an und hatte plötzlich den Eindruck, in seinen Augen so etwas wie Zuneigung zu entdecken. Sie schluckte und schüttelte betreten den Kopf. »Tut mir leid, Meister Jerg, aber ich möchte auf dem Heimweg noch bei Bernhard vorbeischauen«, erwiderte sie.
    »Da … kann ich Euch ja dorthin begleiten. Ich geh dann die Sandgasse lang und mach mich heim«, schlug der Henker vor.
    »Das könnt Ihr gerne machen«, entgegnete Ursel und schritt neben dem Scharfrichter über die Brücke.
    »Und, was hat sie Euch gesagt?«
    »Sie hat Stein und Bein geschworen, dass sie Rosi und Isolde nicht umgebracht hat.«
    Meister Jerg schien wenig überrascht zu sein. »Und, glaubt Ihr das?«
    Die Zimmerin warf dem Henker einen nachdenklichen Seitenblick zu und murmelte: »Ich weiß nicht so recht … Sie hat gesagt, dass sie alles nur gestanden hat, weil sie die Folter nicht mehr ertragen konnte. Dass sie den Tod von Ingrid verschuldet hat, hat sie jedoch zugegeben.«
    »Da blieb ihr auch nix anderes übrig«, bemerkte der Scharfrichter hämisch.
    Ursel schwieg und hing ihren Gedanken nach, die unentwegt um Theodoras Worte kreisten. Sie musste unbedingt mit Bernhard darüber sprechen. Unversehens spürte sie eine brennende Sehnsucht nach dem Geliebten.
    Mürrisch schritt Meister Jerg neben ihr her und vermied es, das Wort an sie zu richten.
    An der Schnurgasse trennten sie sich. »Gott mit Euch, Zimmerin«, verabschiedete sich der Henker und bog in die Sandgasse ein, während Ursel den Weg in die Neue Kräme einschlug.
    Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie an Bernhards Tür klopfte. Sie sehnte sich unsagbar danach, in seinen Armen zu liegen. Hoffentlich würde er ihr verzeihen! In diesen schweren Zeiten brauchte sie einfach ihre Medizin – und sie würde den Theriak von nun an nur noch als solche einnehmen, das zumindest hatte sie sich fest vorgenommen.
    Gleich darauf öffnete ihr Bernhards alter Leibdiener die Tür. Als er die Hurenkönigin erkannte, sagte er bedauernd: »Tut mit leid, Zimmerin. Der Herr Doktor ist heute Morgen mit dem Marktschiff nach Mainz gefahren. Er hat gesagt, er glaubt nicht, dass er vor dem Wochenende zurück ist.«
    Die Mitteilung traf Ursel wie ein Schlag ins Gesicht. »Dann habe ich wohl Pech gehabt«, murmelte sie enttäuscht und wandte sich mit einem knappen Gruß zum Gehen.
    In der Hoffnung, den Henker noch einzuholen, bog sie in die Sandgasse ein. Es gab da nämlich noch eine Frage, die ihr auf der Seele brannte, und in dem allgemeinen Aufruhr hatte sie versäumt, sie ihm zu stellen.
    Doch in der langen Gasse konnte sie ihn nirgendwo entdecken. Wahrscheinlich war er in eine der Schenken gegangen, die es hier zahlreich gab. Doch als sie in die Galgengasse abbog, konnte sie ein Stück entfernt seine wuchtige Gestalt ausmachen. »Meister Jerg«, rief

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