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Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Gesundheit bist und für mich betest.
    Müde. Werde schlafen. Morgen mache ich die Rundfahrt durch Keats, esse gut und vereinbare Transport nach Aquila und südlichen Gefilden.
     
    Tag 5:
    Es gibt eine Kathedrale in Keats. Besser gesagt, es gab eine. Sie steht seit mindestens zwei Standardjahrhunderten leer. Eine Ruine, das Schiff offen unter dem blaugrünen Himmel, einer der Westtürme ist unvollendet, der andere ein Skelett verfallender Steinfassaden und rostiger Streben.
    Ich bin darüber gestolpert, als ich, verirrt, in einem wenig bevölkerten Teil der Stadt am Ufer des Hoolie spazierenging, wo die Altstadt in einem Irrgarten großer Lagerhallen in Jacktown übergeht, welche den Blick auf die Turmruinen versperren, bis man in eine schmale Sackgasse einbiegt und dort das Kirchenschiff erkennen kann; das Domkapitel ist halb in den Fluß gestürzt, die Fassade wie von Pockennarben mit den düsteren, apokalyptischen Bildhauerarbeiten der expansionistischen Post-Hegira-Periode überzogen.
    Ich wanderte durch das Gitter von Schatten und umgestürzten Steinen ins Kirchenschiff hinein. Die Diözese auf Pacem hatte keine Geschichte des Katholizismus auf Hyperion erwähnt, noch weniger das Vorhandensein einer Kathedrale. Es ist fast unvorstellbar, daß die verstreute Saatschiffkolonie vor vierhundert Jahren eine zahlenmäßig so große Gemeinde hervorgebracht haben könnte, daß die Anwesenheit eines Bischofs gerechtfertigt gewesen wäre, geschweige denn die einer Kathedrale. Und doch war sie da.
    Ich stöberte in den Schatten der Sakristei. Staub und zerfallener Mörtel hingen wie Weihrauch in der Luft und schwebten in den Umrissen von zwei Strahlen Sonnenlicht, das durch schmale Fenster hoch oben hereinfiel. Ich trat in eine größere sonnenhelle Fläche und näherte mich einem Altar bar jeglichen Schmucks, abgesehen von Sprüngen und Rissen, welche herabgefallene Steinsplitter verursacht hatten. Das große Kreuz, das hinter dem Altar an der Ostwand gehangen hatte, war ebenfalls heruntergestürzt und lag als ein Haufen Keramiksplitter zwischen den Mauersteintrümmern. Ohne bewußten Gedanken trat ich hinter den Altar, hob die Arme und begann mit der Zeremonie der Eucharistie. Diese Tat hatte weder etwas Parodistisches noch Melodramatisches an sich, keine Symbolik und keinerlei verborgene Absichten; es handelte sich lediglich um die automatische Reaktion eines Priesters, der seit mehr als sechsundvierzig Jahren seines Lebens fast täglich die Messe gelesen hatte und sich nun vor die Aussicht gestellt sah, niemals wieder am tröstlichen Ritual dieser Feier teilzunehmen.
    Mit nicht geringem Schrecken stellte ich fest, daß ich eine Gemeinde hatte. Die alte Frau kniete in der vierten Bankreihe. Ihr schwarzes Kleid und der Schal verschmolzen so perfekt mit den Schatten, daß lediglich das blasse Oval ihres Gesichts zu sehen war, das faltig und zerfurcht körperlos in der Dunkelheit schwebte. Verblüfft hielt ich in der Litanei der Einsegnung inne. Sie sah mich an, aber etwas an ihren Augen überzeugte mich selbst auf die Entfernung sofort, daß sie blind war. Einen Moment lang konnte ich nicht sprechen und stand stumm da, blinzelte ins staubige Licht, in das der Altar getaucht war, und versuchte, mir selbst dieses geisterhafte Bild zu erklären, während ich gleichzeitig damit beschäftigt war, mir eine Erklärung für meine eigene Anwesenheit und mein Tun zurechtzulegen.
    Als ich endlich die Stimme wiederfand und sie ansprach – die Worte hallten in der Weite –, stellte ich fest, daß sie gegangen war. Ich konnte ihre Füße auf dem Steinboden kratzen hören. Ein Keuchen war zu vernehmen, dann erhellte ein kurzes Aufflackern von Licht ihr Profil weit rechts vom Altar. Ich schirmte die Augen vor dem Sonnenlicht ab und stieg über das Geröll, wo die Altareinfassung einmal gewesen war. Ich rief ihr nochmals nach, bot ihr Trost und bat sie, keine Angst zu haben, obwohl ich derjenige war, dem kalte Schauer über den Rücken liefen. Ich bewegte mich rasch, aber als ich die abgeschirmte Ecke des Kirchenschiffs erreichte, war sie fort. Eine schmale Tür führte in das verfallene Domkapitel und zum Flußufer. Es war nichts von ihr zu sehen. Ich begab mich wieder in das dunkle Kirchenschiff und hätte ihre Anwesenheit mit Freuden meiner Einbildung zugeschrieben, einem Wachtraum nach so vielen Monaten erzwungener kryonischer Traumlosigkeit, wäre nicht ein einziger greifbarer Beweis vorhanden gewesen, daß sie tatsächlich

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